Symbolfigur des Holocaust

Vor 80 Jahren starb Anne Frank im KZ Bergen-Belsen

lumen, Fähnchen, Stofftiere: Nirgendwo in der Gedenkstätte Bergen-Belsen werden so viele Gegenstände abgelegt wie am Gedenkstein für Anne Frank. Dabei ist unbekannt, wo die berühmte Tagebuchschreiberin begraben liegt.

Anne Frank ist eins von 1,5 Millionen Kindern, welche  die Nazis ermordeten. Ihre Geschichte sei  universell. Und das liegt ganz sicher an ihrem Tagebuch.

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Anne Frank ist eins von 1,5 Millionen Kindern, welche die Nazis ermordeten. Ihre Geschichte sei universell. Und das liegt ganz sicher an ihrem Tagebuch.

Von Markus Brauer/dpa/KNA

- Dunkle funkelnde Augen, ein fröhliches offenes Lächeln - so kennen Millionen Menschen weltweit Anne Frank. Das jüdische Mädchen ist ein Symbol seit Jahrzehnten, für die Judenverfolgung im Zweiten Weltkrieg.

Zu ihrem 13. Geburtstag bekommt Anne von ihren Eltern ein rot kariertes Tagebuch geschenkt. Sie wird es vollschreiben, und dann noch viele Hefte. Zwei Jahre lang. Es wurde in mehr als 70 Sprachen übersetzt und millionenfach verkauft: Das Tagebuch der Anne Frank ist eines der meistgelesenen Bücher der Welt.

In diesem Jahr ist es 80 Jahre her, dass die Verfasserin starb. Die damals 15-Jährige kam im Februar oder März 1945 – genau weiß es niemand – im Konzentrationslager Bergen-Belsen in der Lüneburger Heide zu Tode. Auf dem früheren Lagergelände erinnert heute noch ein Gedenkstein an sie.

Todesdatum wurde nicht notiert

Anne wurde am 12. Juni 1929 als Tochter einer jüdischen Familie in Frankfurt am Main geboren. 1934 floh sie mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester Margot aus Deutschland in die Niederlande, um der Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu entgehen. Von Juli 1942 bis August 1944 lebte die Familie versteckt in einem Hinterhaus in Amsterdam. Dort hielt Anne ihre Erlebnisse und Gedanken in einem Tagebuch fest.

Am 4. August 1944 drang die deutsche Sicherheitspolizei ins Hinterhaus ein und verhaftete die Untergetauchten. Über das Durchgangslager Westerbork wurde die Familie Frank in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert.

Von dort wurden Anne und Margot Ende Oktober 1944 mit einem Transport weitergeschickt nach Bergen-Belsen. Die Lebensbedingungen in dem KZ waren furchtbar. Im Frühjahr 1945 herrschte eine Fleckfieber-Epidemie, an der rund 17.000 Gefangene starben. Auch Typhus und andere Krankheiten waren im Lager weit verbreitet.

Anne starb wenige Tage nach ihrer Schwester Margot. Die genauen Daten wurden kurz vor dem Kriegsende nicht mehr notiert. Lange wurde angenommen, dass sie im März 1945 zu Tode kam. Das Anne-Frank-Haus in Amsterdam geht nach neuesten Recherchen davon aus, dass es im Februar war.

Als einziges Mitglied der Familie Frank überlebte ihr Vater, der später ihr Tagebuch herausgab. Mit ihrem Tagebuch hat die 15-Jährige ihren Leidensgenossen eine Stimme und ein Gesicht gegeben.

Unbekannter Begräbnisort

Auf dem weitläufigen Gelände erinnert ein schwarzer Grabstein mit einem Davidsstern an Anne und Margot. Er wurde von Angehörigen nach der Befreiung des Lagers errichtet. Der Stein markiert nicht das Grab der Frank-Geschwister. Ihr Begräbnisort ist unbekannt. „Sie liegen in einem der zahlreichen Massengräber auf dem Gelände“, sagt die Leiterin der Gedenkstätte Elke Gryglewski. „In welchem, wissen wir leider nicht.“

Annes Tagebuch hat für Gryglewski einen ganz besonderen Wert. „Es ist ein Zeugnis von Informationen, die damals auch in einem Versteck wahrgenommen werden konnten.“ Frank schreibe ziemlich offen über die Deportationen in den Osten. „Sie hat offensichtlich davon gehört oder gelesen.“

Auf den Spuren von Anne Frank in Amsterdam

In Amsterdam erinnert noch viel an Anne Franks Leben. Die Wohnung der Familie am Merwedeplein im Süden von Amsterdam gibt es noch, ebenso ihre Schule, der kleine Buchladen, in dem sie das Tagebuch aussucht.

Und natürlich das Hinterhaus an der Prinsengracht, in dem die Familie mehr als zwei Jahre lang im Versteck lebt. Das Hinterhaus, in dem Anne ihr Tagebuch schrieb, ist heute ein Museum. Fast 40 Millionen Menschen haben es bereits besucht.

Auch fast 80 Jahre nach ihrem Tod sind Anne und ihre Geschichte aktuell, sagt der Projektleiter im Anne-Frank-Haus, Menno Metselaar. „Anne ist eins von 1,5 Millionen Kindern, die die Nazis ermordeten.“ Ihre Geschichte sei universell. Und das liege ganz sicher an ihrem Tagebuch. Es gehört zum Unesco Weltkulturerbe. Es inspiriere gerade viele junge Menschen, ist „eine Quelle der Kraft“, betont Metselaar.

„Das Tagebuch ist authentisch, es ist echt“

Anne hat ein großes Talent, und das wird im Tagebuch deutlich. Sie wollte selbst auch Schriftstellerin werden, und ging sehr selbstkritisch mit eigenen Texten um. „Das Tagebuch ist authentisch, es ist echt“, so Metselaar. „Sie sieht sehr viel, sie beobachtet sich selbst auch sehr scharf.“

Viel ist bereits über Anne Frank und das Tagebuch geschrieben und geforscht worden. Nur ein Rätsel bleibt. Wer hat das Versteck im August 1944 verraten? Oder war es überhaupt ein Verrat?

Alles, was mit Anne Frank zu tun hat, bleibt interessant. „Doch ist es auch wichtig?“, fragt sich der Experte. „Es ändert nichts an ihrer Geschichte.“ Zehntausende Juden wurden in den Niederlanden verraten, entdeckt, deportiert. Etwa 102.000 ermordet. „Annes Geschichte darf kein Schlusspunkt sein“, sagt Menno Metselaar. „Für junge Leute sollte sie ein Startpunkt sein, um mehr zu erfahren über diese entsetzliche Periode der Geschichte.“

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Erstellt:
22. Januar 2025, 11:48 Uhr
Aktualisiert:
23. Januar 2025, 08:43 Uhr

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