Vor Auffrischungsimpfungen: Kritik an Ablauf und Zeitpunkt
dpa/lsw Stuttgart. Vor Beginn der Auffrischungsimpfungen gegen das Coronavirus in Baden-Württemberg kommt Kritik auf an mangelnden Sicherheiten und am Zeitpunkt für die dritte Runde. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, beklagt das Fehlen unabhängiger Analysen. „Es gibt keinen Automatismus zwischen Infektion, Viruslast, Infektiosität und Symptomatik“, sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Wir diskutieren noch viel zu viel auf der Wahrscheinlichkeiten-Ebene und wissen gar nicht, was das Virus mit uns macht.“
Auch die Drittimpfung werde angeboten, ohne dass ausreichend Wissen darüber vorhanden sei, wie der Körper auf die ersten beiden Spritzen oder auf eine Infektion reagiert habe. „"Viel hilft viel" kann hier nicht das Motto sein“, sagte Brysch. Er fordert, dass bei allen Impfkandidaten zunächst der tatsächliche Immunstatus erhoben wird. „Solche Tests der Gedächtnis- oder T-Zellen können bereits in wenigen Stunden für Klarheit sorgen“, sagte er.
Der Virologe Hartmut Hengel, Ärztlicher Direktor des Instituts für Virologe am Freiburger Universitätsklinikum und früheres Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko), kritisiert den Starttermin der Drittimpfungen am kommenden Mittwoch. „Ich würde mir wünschen, dass man auf die Ständige Impfkommission hört und wartet und nicht jeder intuitiv, aus dem Bauch heraus eigene Entscheidungen trifft, wie es Politiker in Bayern oder die Verantwortlichen in Baden-Württemberg machen wollen“, sagte er der „Badischen Zeitung“ (Freitag).
Bei den Hochbetagten steige die Zahl der Infektionen nicht. „Die Anstiege sehen wir bei den Ungeimpften und bei den Jüngeren“, sagte Hengel. „Aus den Inzidenzen lässt sich die Notwendigkeit einer generellen Drittimpfung bisher nicht ableiten. Man kann auch bei den Älteren also noch zuwarten.“
Ältere Patienten und Menschen mit Immunschwäche erhalten bei einer Auffrischung eine weitere Dosis eines zugelassenen Impfstoffs. Sie soll die Antwort sein auf einen nachlassenden Immunschutz vor allem bei sogenannten vulnerablen Gruppen.
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