Vorleben, für was man steht

Landtagswahl 2021: SPD-Kandidat Gernot Gruber hofft auf eine dritte Runde im Landtag. Als Abgeordneter möchte er sich weiterhin für seinen Wahlkreis einsetzen – etwa für verlässlichen Nahverkehr auf der Murrbahn und eine gute Ausstattung an den Schulen.

Zum Treffen mit der Zeitung trägt Gernot Gruber die Farbe seiner Partei. Der SPD-Politiker engagiert sich schon lange für einen zuverlässigen Ablauf bei den Zügen auf der Murrschiene. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Zum Treffen mit der Zeitung trägt Gernot Gruber die Farbe seiner Partei. Der SPD-Politiker engagiert sich schon lange für einen zuverlässigen Ablauf bei den Zügen auf der Murrschiene. Foto: A. Becher

Von Melanie Maier

BACKNANG. Mit einer roten Regenjacke und einer roten Krawatte bekleidet lehnt Gernot Gruber sich an das Geländer der Fußgängerbrücke über den Backnanger Bahnhof. Der SPD-Politiker zeigt Farbe im Wahlkampf. Schon daran merkt man: Es ist nicht sein erster. 2011 zog Gruber erstmals für seine Partei in den Landtag ein. 2016 wurde er wiedergewählt.

Das Thema öffentlicher Nahverkehr begleitet den 58-Jährigen schon lange. „Darüber erreichen mich die meisten Bürgeranfragen“, sagt er. Signalstörungen, kaputte Weichen, Personalmangel: Mit alldem hat Gruber regelmäßig selbst zu schaffen, denn zu seinem Arbeitsplatz im Stuttgarter Landtag fährt der Abgeordnete in der Regel mit der Bahn. „Das passt auch gut zu meiner Rolle als klimapolitischer Sprecher“, betont er.

Vorleben, für was man steht: Das soll der rote Faden in Grubers Leben sein. Das Haus in Backnang, in dem er mit seiner Frau Waltraut Fahrner wohnt, ist denn auch mit einer Wärmepumpe, einer Solaranlage auf dem Dach und Aluminiumheizkörpern ausgestattet. Ihr „Stückle“ in Steinbach bewirtschaften seine Frau und er als naturnahe Magerwiese. Nur zweimal im Jahr wird die mit einer Sense oder einem Balkenmäher gemäht, „dadurch haben wir eine Vielfalt von Gräsern“, schwärmt Gruber.

„Ich bin sowohl überzeugter Sozialdemokrat als auch ökologisch engagiert.“

Bei so viel privatem Engagement fürs Klima und die Umwelt stellt sich die Frage: Ist er etwa in der falschen Partei? Nein, sagt Gruber. Die Grünen seien für ihn zwar auch eine Möglichkeit gewesen, „aber die waren mir immer ein Stück weit zu moralistisch“. Die SPD, führt er aus, sei eine Partei, in der Menschen aus allen Gesellschaftsschichten zusammenkommen würden. Außerdem sei er von der historischen Bedeutung der Partei und ihren Errungenschaften fasziniert, beispielsweise von der Durchsetzung des Frauenwahlrechts. „Ich bin sowohl überzeugter Sozialdemokrat als auch ökologisch engagiert“, schließt Gruber.

Im Landtag möchte er sich aber nicht nur für den reibungslosen Ablauf im Nahverkehr einsetzen, sondern auch für die Sanierung der Landesstraßen. Der Individualverkehr sei nach wie vor unersetzbar, gerade in kleinen Gemeinden. Im vergangenen Jahr wandte er sich deshalb an Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), um sicherzustellen, dass sämtliche Sanierungsmaßnahmen, die 2017 für den Rems-Murr-Kreis zugesagt worden waren, auch umgesetzt werden.

Am Herzen liegen Gruber außerdem die Themen Schule und Sport. Mit seiner Erfahrung wolle er sich weiterhin darum bemühen, dass das Land den Wahlkreis finanziell unterstützt: „Ganz gleich, ob das der Zuschuss für die Karl-Euerle-Sporthalle oder für die technische Ausstattung an den Schulen ist.“ Ein weiteres Anliegen ist ihm, dass jedes Kind im Landkreis die Möglichkeit hat, schwimmen zu lernen. Als sportpolitischer Sprecher sprach sich Gruber mehrfach für eine Stärkung der Sportlehrerausbildung und mehr Geld für die Kooperation mit den Schwimmvereinen und der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft aus.

Den Sport nennt Gernot Gruber, der sich in zahlreichen Vereinen engagiert, seine „große Leidenschaft“. „Ich war mal ein guter Läufer, jetzt bin ich noch ein mäßiger“, sagt er und lacht. Mehr als 25 Mitgliedschaften in Initiativen, Vereinen und Verbänden hat Gruber auf seiner Homepage aufgelistet. In einigen ist er aktiv, andere unterstützt er nur ideell oder als Fördermitglied. „Ich habe manchmal das Problem, dass ich schlecht Nein sagen kann“, scherzt er. Bereits seit 20 Jahren leitet er donnerstags eine Laufgruppe. Seinen Posten als Trainer einer Jugendlaufgruppe musste er als Abgeordneter allerdings aufgeben. Bei bis zu 70 Stunden Arbeit pro Woche blieb nicht mehr genug Zeit.

Der Weg in die Politik schien für das zweitgeborene Kind des ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten Giselher Gruber schon früh vorgezeichnet. In der Familie wurde häufig über Politik geredet, erinnert sich Gruber. Der Großvater war CDU-Mitglied, der Patenonkel in der FDP, der Vater saß von 1972 bis 1976 im Landtag – gewählt wurde er mit 38,8 Prozent. „Von so vielen Stimmen träume ich natürlich“, sagt Gernot Gruber.

In gewisser Weise, sagt er, sei er in die Politik hineingewachsen. Schon 1972, als Neunjähriger, verteilte er Wahlzettel mit dem Vater in Murrhardt, wo er geboren und aufgewachsen ist. Am Murrhardter Gymnasium war er stellvertretender Schülersprecher und Chefredakteur der Schülerzeitung, für die er dazu noch die Finanzen verwaltete. „An meinen Nachfolger habe ich sie mit einem Plus von 3000 D-Mark übergeben“, sagt er stolz.

Nach seinem Zivildienst studierte Gruber Mathematik und Politik. Er hatte eigentlich vor, Lehrer zu werden, „aber die Einstellungsquote lag damals bei null bis zwei Prozent“, erinnert er sich. Dass sein Vater stadtbekannt war, hatte für den jungen Gernot nicht nur Vorteile. Manche seien ihm, ohne ihn zu kennen, fast feindselig begegnet. Andere hätten ihn aus Verbundenheit zu seinem Vater von Anfang an wie einen Freund behandelt. Mittlerweile, sagt er, habe er sich eine hohe Wertschätzung erarbeitet – sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Kollegen, über die Fraktionsgrenzen hinweg.

Gernot Gruber: "Das regt mich auf"

Dass der Wahlkampf aufgrund der Pandemie nicht so stattfinden kann wie sonst, bedauert der SPD-Politiker. Für die Wähler ansprechbar ist er vorerst vor allem übers Telefon, E-Mails und Videokonferenzen. Ob er es ein drittes Mal schaffen wird, in den Landtag einzuziehen? Da ist Gruber sich nicht sicher. Er hofft, dass viele ihn wiederwählen, die schon einmal ihr Vertrauen in ihn gesetzt haben. Für seine Glaubwürdigkeit bekomme er oft positive Rückmeldungen von Bürgen, sagt er: „Ich mache lieber weniger als falsche Versprechungen.“

Für den Fall, dass er nicht wiedergewählt werden sollte, hat Gruber noch keinen Plan B parat. „Es kann sein, dass ich erst einmal in Teilzeit arbeite“, sagt er. Von seinem Arbeitgeber, dem Versicherungskonzern Allianz Deutschland, ist er seit 2016 freigestellt. Gut findet er, wirtschaftlich nicht abhängig zu sein von seinem Amt. „Ich bin wahrscheinlich einer der wenigen, die als Landtagsabgeordnete weniger verdienen als im vorigen Beruf“, erklärt er. „Aber jetzt“, sagt er in Hinblick auf die Wahl, „bin ich erst einmal optimistisch.“

Zur Person

Gernot Gruber wurde am 15. Januar 1963 in Murrhardt geboren. Dort wuchs er auch auf und machte am Gymnasium das Abitur. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Seinen Zivildienst leistete er 1982/83 am Kreiskrankenhaus in Backnang. Von 1983 an studierte er an der Universität Tübingen und an der University of Sussex in England. 1989 absolvierte er das Erste Staatsexamen in Politikwissenschaft und Mathematik, 1991 erhielt er sein Diplom in Mathematik.

Berufstätig ist Gruber seit 1991. Bei der Allianz Deutschland AG war er Referatsleiter, Prokurist und Referent. Seit 1. Juni 2016 ist er für sein politisches Amt freigestellt. Von 1993 bis 2000 war er nebenberuflich Lehrbeauftragter für mathematische Statistik an der Fachhochschule in Stuttgart.

Gruber trat 1982 in die SPD ein. Seit 2000 ist er Ortsvereinsvorsitzender in Backnang. In den Kreisrat wurde er 2004 gewählt, 2009, 2014 und 2019 wiedergewählt. 2011 zog er mit 23,8 Prozent der Stimmen für die SPD in den Landtag ein. 2016 wurde er mit 15,7 Prozent in den Landtag wiedergewählt. Gruber ist klimaschutzpolitischer sowie energiepolitischer und sportpolitischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion.

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Erstellt:
5. Februar 2021, 06:00 Uhr

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