Müllproblem Künstliche Intelligenz

Wächst mit KI auch der Elektroschrott-Berg?

KI wird in immer mehr Bereichen genutzt. Die Menge an Elektroschrott, die durch die Technik anfällt, könnte bis 2030 um den Faktor 1000 steigen, ergibt eine Studie. Das ließe sich verhindern.

Künftiger E-Schrott: LEDs leuchten in einem Serverschrank in einem Rechenzentrum in Frankfurt am Main.

© dpa/Sebastian Gollnow

Künftiger E-Schrott: LEDs leuchten in einem Serverschrank in einem Rechenzentrum in Frankfurt am Main.

Von Markus Brauer/dpa

Wenn Künstliche Intelligenz (KI) sich rasch weit verbreitet, könnte einer Studie zufolge im Jahr 2030 bis zu tausendmal mehr damit verbundener Elektroschrott entstehen als im Jahr 2023.

Die Müllmenge ließe sich aber durch verschiedene Maßnahmen deutlich verringern, schreibt eine Gruppe um Peng Wang von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Xiamen im Fachjournal „Nature Computational Science“. Die Zahlen beruhen auf Modellrechnungen, bei denen alle drei Jahre ein Wechsel zu neueren Computersystemen zugrunde gelegt wurde.

The increasing popularity of generative AI is projected to result in rapid growth of electronic waste, says study in @NatComputSci. Without waste reduction measures, e-waste could reach a total accumulation of 1.2–5.0 million metric tons between 2020–2030. https://t.co/LjG3FQMFMk — Springer Nature (@SpringerNature) October 29, 2024

Für KI-Anwendungen wie etwa ChatGPT werden große Sprachmodelle eingesetzt. „Große Sprachmodelle erfordern beträchtliche Rechenressourcen für Training, was eine umfangreiche Computerhardware und -infrastruktur erfordert“, schreiben die Autoren.

Nicht nur mehr Energie und mehr CO2

Studien zu Nachhaltigkeit hätten sich bisher hauptsächlich auf den Energieverbrauch und den Kohlendioxidausstoß von KI-Modellen konzentriert. Wang und Kollegen wollten hingegen wissen, welche Mengen an Elektroschrott entstehen, wenn rechenintensive KI-Anwendungen auf immer mehr Gebieten zum Einsatz kommen.

Als Basis dient den Wissenschaftlern ein Szenario, in dem sie von der Übernahme großer Sprachmodelle auch für den täglichen Gebrauch ausgehen, wie es heute schon bei einigen Suchmaschinen und sozialen Plattformen erkennbar ist. Bei einer so breiten KI-Anwendung müssten die Rechenzentren zum Training und zur Bereitstellung von KI-Modellen sehr schnell wachsen.

In der Folge könnte die Menge an Elektroschrott durch aussortierte Server und andere Geräte von rund 2550 Tonnen im Jahr 2023 auf bis zu 2,5 Millionen Tonnen im Jahr 2030 steigen. Bei Szenarien mit geringerem KI-Einsatz könnte die Schrottmenge in jenem Jahr auf 400.000 bis 1,5 Millionen Tonnen begrenzt bleiben.

Großes Potenzial zur Verminderung

Zudem berechneten die Forscher, wie stark verschiedene Maßnahmen die Schrottmenge reduzieren könnten. Am effektivsten wäre es demnach, Server und andere Geräte nach drei Jahren nicht zu verschrotten, sondern noch ein Jahr länger für einfachere KI-Aufgaben oder für ganz andere Zwecke zu verwenden. Dies würde die Müllmenge im Vergleich zum Basisszenario um 62 Prozent verringern.

Wenn einzelne Module der Systeme wie etwa Prozessoren und Speicher aufbereitet und wiederverwendet würden, könnte dies 42 Prozent einsparen. Zudem böten verbesserte Algorithmen ein Einsparpotenzial von 50 Prozent, effizientere Chips eines von 16 Prozent.

Smartphones und PCs kommen noch hinzu

Das Team um Wang verweist auch auf den jüngsten «Global E-Waste Monitor». Demnach wird sich die Menge des Schrotts durch kleinere Elektronikgeräte - etwa Smartphones oder Personal Computer – in den Jahren bis 2030 voraussichtlich auf gut 43 Millionen Tonnen summieren.

Der über die Jahre anfallende Müll von KI-Servern und -Geräten, der von den Autoren errechnet wurde, könnte bis 2030 beim Basisszenario kumuliert 5 Millionen Tonnen betragen, also knapp 12 Prozent dieser Menge. Wenn man das zurückhaltendste Szenario der Studie zugrunde legt, würde der durch KI entstehende kumulierte Elektromüll rund 3 Prozent des Elektroschrotts der kleineren elektronischen Geräte ausmachen.

Mehr Kreislaufwirtschaft nötig

Christiane Plociennik vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) in Kaiserlautern weist darauf hin, dass es nur eine geringe Datengrundlage für jene Annahmen gibt, die die Autoren beim Basisszenario getroffen haben. Aber auch das konservativste Szenario mit deutlich niedrigeren Müllmengen und die Prognose des „Global E-Waste Monitor“ lieferten wichtige Gründe dafür, in der Informationstechnologie eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

„Wir müssen in der Gesellschaft ein Bewusstsein dafür schaffen, dass hinter einer Cloud oder einer KI-Anwendung Rechenzentren mit hohem Ressourcenverbrauch stecken“, betont Plociennik. Eine Nachnutzung von IT-Geräten sei einem Recycling vorzuziehen.

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Erstellt:
29. Oktober 2024, 14:04 Uhr
Aktualisiert:
29. Oktober 2024, 14:11 Uhr

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