Waffenhersteller Heckler & Koch macht mehr Gewinn

dpa/lsw Oberndorf. Einmal im Jahr gibt es im nördlichen Schwarzwald einen kuriosen Aktionärstreff: Die Chefetage einer Waffenschmiede muss Friedensaktivisten Rede und Antwort stehen. Dass die Geschäftszahlen gut sind, entschärft die Kritik keineswegs - ganz im Gegenteil.

Das Logo des Waffenherstellers Heckler & Koch ist auf einer Anzeige vor dem Firmengelände des Unternehmens zu sehen. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Das Logo des Waffenherstellers Heckler & Koch ist auf einer Anzeige vor dem Firmengelände des Unternehmens zu sehen. Foto: Marijan Murat/dpa/Archivbild

Der wirtschaftliche Aufschwung beim Waffenhersteller Heckler & Koch setzt sich fort. Der Gewinn sei im ersten Halbjahr im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund 50 Prozent auf 11,5 Millionen Euro gestiegen, teilte das Unternehmen am Dienstag in Oberndorf mit. Der Umsatz sei um etwa 3 Prozent auf 143,5 Millionen Euro gewachsen. Als einen Grund für die Entwicklung nannte die Firma Investitionen in moderne Maschinen und bessere Abläufe, die sich auszahlten. „Die Produktion ist deutlich effizienter geworden“, sagte Firmenchef Jens Bodo Koch bei der Hauptversammlung. HK habe sich in der Corona-Krise als widerstandsfähig erwiesen.

Die Zahlen verdeutlichen, dass die noch vor einigen Jahren angeschlagene Firma finanziell inzwischen relativ solide dasteht. 2017 und 2018 waren Verlustjahre für Heckler & Koch, danach ging es aufwärts. Der Schuldenberg, den Finanzvorstand Björn Krönert auf derzeit 243 Millionen Euro bezifferte, bleibt allerdings hoch. Positiv ist hierbei zumindest, dass der größte Teil davon Darlehen von Aktionären sind.

Wichtigster Kunde bleibt die Bundeswehr, die in fünf Jahren bis zu 20.000 Maschinengewehre von der Schwarzwälder Waffenschmiede bekommen soll. An die US-Armee liefert die Firma Scharfschützengewehre, zudem bringt die Modernisierung von Sturmgewehren der britischen Armee Geld in die Kasse.

Heckler & Koch (HK) hat gut 1000 Beschäftigte, davon sind mehr als 900 am Stammsitz in Oberndorf tätig. Zu den Konkurrenten des Unternehmens gehört C.G. Haenel aus Suhl in Thüringen. HK und Haenel streiten schon seit längerem um einen Großauftrag des Bundes über 120.000 Sturmgewehre für die Bundeswehr. Zuletzt hatte der Bund bekanntgegeben, den Auftrag an HK vergeben zu wollen. Doch Haenel legte Rechtsmittel ein, im März 2022 will das Oberlandesgericht Düsseldorf darüber verhandeln. HK-Chef Jens Bodo Koch zeigte sich auf der Hauptversammlung am Dienstag in Oberndorf nach eigenen Worten „sehr zuversichtlich“, den Auftrag erteilt zu bekommen.

Als Kleinaktionäre hatten sich Friedensaktivisten Zugang zu dem Online-Aktionärstreff verschafft - sie hatten sich Aktien des börsennotierten Unternehmens beschafft, um der Chefetage am Rednerpult die Leviten zu lesen. In Corona-Zeiten mussten sie ihre Fragen für das Online-Format allerdings vorab einschicken. Der Freiburger Buchautor Jürgen Grässlin („Schwarzbuch des Waffenhandels“) untermauerte seine Kritik daran, dass die Firma auch Staaten außerhalb von EU und Nato beliefert. 1,7 Prozent des Umsatzes wurden Firmenangaben zufolge im vergangenen Jahr mit Lieferungen nach Indien, Indonesien und Südkorea gemacht.

Firmenchef Koch betonte am Dienstag, dass solche Staaten von der Bundesregierung als Partner eingestuft würden und ihre Belieferung einzelfallbezogen genehmigt werden könne. Beim Friedensaktivisten Grässlin von der „Aktion Aufschrei - Stoppt den Waffenhandel!“ führte das zu Kopfschütteln - aus seiner Sicht sollte die Firma solche Geschäfte schnellstmöglich einstellen. Dass sie dies nicht tun wolle, wertete Grässlin nach dem Ende des Aktionärstreffs als schweren Fehler und „eindimensionales Denken“.

Für Aufsehen gesorgt hatten im vergangenen Jahr Recherchen der „Bild am Sonntag“, denen zufolge einer der Firmengründer, Edmund Heckler, ein Nazi war und im Zweiten Weltkrieg unter anderem eine Panzerfaustfabrik in Sachsen geleitet hatte, wo mehr als 1000 Zwangsarbeiter unter schlimmen Bedingungen schufte mussten, viele von ihnen starben. Nach Publikation des „Bams“-Artikels beauftragte die Firma die Gesellschaft für Unternehmensgeschichte (GUG) mit einer Untersuchung zur Vergangenheit der drei Firmengründer Heckler, Theodor Koch und Alex Seidel.

Inzwischen liegt eine Art Zwischenergebnis vor, von dem Finanzvorstand Krönert berichtete. Zu Seidel und Koch sei in historischen Archiven bisher kein belastendes Material zu einer Schuld an Naziverbrechen gefunden worden, sagte er. „Im Fall von Edmund Heckler sieht das anders aus: Der GUG zufolge gibt es schwerwiegende Hinweise darauf, dass Heckler Schuld auf sich geladen hat.“ Er sei nicht Mitläufer gewesen, sondern „elementares Teil des NS-Systems“. Dabei sei Heckler „vermutlich kein Ideologe, sondern Opportunist und Karrierist gewesen“, sagte Krönert.

Das finale Ergebnis der Archivrecherchen soll Vorstand und Aufsichtsrat im Herbst vorgelegt werden. Danach ist beabsichtigt, über die GUG einen Historiker zu beauftragen, um auf Basis der Erkenntnisse einen Bericht zu schreiben. Dieser wiederum könnte im Rahmen der Hauptversammlung in einem Jahr vorgestellt werden.

© dpa-infocom, dpa:210831-99-34350/5

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Erstellt:
31. August 2021, 10:30 Uhr

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