Wahl von AfD-Mann in Verfassungsgericht: Bäumler entsetzt
dpa/lsw Stuttgart. „Das ist Thüringen im Kleinformat“, echauffiert sich ein CDU-Mann aus dem Landesvorstand im Südwesten. Er zielt damit auch auf die eigenen Leute - von denen vermutlich einige für den AfD-Mann gestimmt haben.
Die Wahl eines AfD-Kandidaten in den baden-württembergischen Verfassungsgerichtshof durch Abgeordnete des Landtags ruft auch in der Südwest-CDU Kritik hervor. Der Landeschef des CDU-Sozialflügels, Christian Bäumler, forderte eine Aufarbeitung der Wahl des AfD-Bewerbers durch die Fraktionen im Landtag. „Wenn sich ein AfD-Mitarbeiter für die dritte Gewalt im Staat bewirbt, erwarte ich von allen Fraktionen ein klares Nein. Mit Enthaltung ist es da nicht getan“, sagte Bäumler, der selbst Richter ist, der Deutschen Presse-Agentur. Die politische Brandmauer gegen Rechts werde durch solche Aktionen beschädigt. „Das ist Thüringen im Kleinformat“, sagte das CDU-Landesvorstandsmitglied in Anspielung auf die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten mit Stimmen der AfD und CDU im Februar 2020.
Vor Bäumler hatten schon der Grünen-Politiker Cem Özdemir und Ex-Linke-Chef Bernd Riexinger die Wahl heftig kritisiert. Riexinger twitterte: „Diese Wahl ist eine Schande.“ Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke aus Nordrhein-Westfalen erklärte: „Wenn Nazis Spiele spielen, dann erwarte ich von jedem, dass er den Rücken gerade macht.“ Die SPD-Fraktion im Stuttgarter Landtag versicherte, alle Abgeordneten hätten gegen den AfD-Mann gestimmt. Aus den Reihen der Grünen seien nur Nein-Stimmen und Enthaltungen gekommen, hieß es aus der Fraktion. Bei der CDU gab es nach eigenen Angaben keine Absprachen für die geheime Wahl. Bei der FDP gab es demnach eine Empfehlung, gegen den AfD-Bewerber zu stimmen.
Der AfD-Kandidat Bert Matthias Gärtner war am Mittwoch im Landtag in Stuttgart im dritten Wahlgang zum stellvertretenden Mitglied ohne Befähigung zum Richteramt gewählt worden. Gärtner erhielt 37 Ja-Stimmen, 77 Abgeordnete enthielten sich, 32 stimmten mit Nein. Die AfD-Fraktion besteht allerdings nur aus 17 Abgeordneten. Anfang Juli war er in zwei Wahlgängen noch klar durchgefallen.
Der Gerichtshof mit Sitz in Stuttgart besteht aus neun Richtern - drei Berufsrichtern, drei Richtern mit Befähigung zum Richteramt und drei Personen, die diese Befähigung nicht haben. Der Landtag wählt die Mitglieder und ihre Stellvertreter für neun Jahre.
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