Was geschah am . . . 25. Februar 1634?
Albrecht von Wallenstein wird von kaiserlichen Offizieren in Eger ermordet
Er war der mächtigste Mann im Reich nach dem Kaiser. Am 25. Februar 1634 wird der Generalissimus Albrecht von Wallenstein von kaiserlichen Offizieren ermordet. Der Dreißigjährige Krieg wird danach noch weitere 14 Jahre toben.
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Am 25. Februar 1634 wird der abgesetzte kaiserliche Generalissimus Albrecht von Wallenstein von kaisertreuen Offizieren in Eger ermordet (Kupferstich eines anonymen Meisters).
Von Markus Brauer
„Den 25. Februar ist der Generalissimus Hertzog von Friedtland Wallnstein sambt den Grafen Terzky und Kinski in Eger uf keyserlichen Befehl von etlichen Officirern ums Leben gebracht worden, wegen großer entdeckter Verrätherey, darauf der König in Ungarn Ferdinand der III. darzue begehret worden. Ich habe zu Eger das Zimmer, welches 2 Stubenthüren hat, in welchen auch des Wallnsteines Bludt, selber gesehen.“
So beschreibt der Gräflich Schwarzburg-Rudolstädtische Kriegskommissar, Steuereinnehmer und Landrichter Michael Heubel, in seinen Memoiren die Hintergründe und Vorkommnisse rund um die Ermordung Albrecht von Wallenstein am 25. Februar 1634 in Eger.
Der Unentbehrliche wird abgesetzt
Am 24. Januar des Jahres 1634 hatte Kaiser Ferdinand II. das Absetzungspatent unterzeichnet, mit dem der bislang unentbehrliche Albrecht von Wallenstein vom Posten des obersten Befehlshabers des kaiserlichen Heeres abgesetzt wurde.
Wallenstein bleibt nichts anderes übrig als zu fliehen und zu versuchen, sich von der kaiserlichen Autorität möglichst fernzuhalten. Doch die Schlinge um ihn zieht sich rasch zu. Er wählt den einzig möglichen Weg, über Pilsen weiter in den Westen, nach Eger, von wo er Kontakt mit den im Reichsgebiet operierenden Feinden der Habsburger Monarchie, den Schweden, aufnehmen will.
Wallensteins letzte Station: Eger
Im Am 22. Februar 1634 verlässt Wallenstein in großer Hast die Stadt. Zwei Tage später, zwischen vier und fünf Uhr nachmittags, erreicht er in Begleitung von ungefähr zweieinhalb Tausend Männern Eger. Von da an wird der einst mächtigste Mann des Reiches nur noch wenige Stunden zu leben haben.
In der Nacht vom 24. zum 25. Februar 1634 beschließen drei Männer - John Gordon, Befehlshaber der Stadt Eger, Oberstleutnant Walter Leslie und der Dragonerleutnant Walter Buttler - den flüchtigen und gebrochenen Verbannten und seine Getreuen zu liquidieren.
In der Burg von Eger werden bei einem Bankett Wallensteins engsten Gefolgsleute, Graf Trčka, Christian von Ilow, Graf Kinsky und Rittmeister Neumann, ermordet. Wallenstein selbst befindet sich zu dieser Zeit im Haus des Stadtkommandanten Gordon, dem heutigen Pachebel-Haus am Unteren Marktplatz 492.
„Feuer, stickender Schmerz, kreisender Weltuntergang“
Walter Deveroux, ein irischer Hauptmann, führt mit einer Partisane, einer Stangenwaffe, die vor allem von Offizieren geführt wird, den entscheidenden Stoß.
Golo Man schreibt in seiner berühmten Wallenstein-Biografie über dessen letzten Augenblick: „Deveroux hielt sich in der Entfernung, die er brauchte für Waffe und Schwung. Man muss in die Mitte zielen, ein wenig unterhalb des Brustbeins, und den Stoß aufwärts führen, einen Fuß nach vorne gestemmt. Zwerchfell und Magen durchstoßen, die Hauptschlagader getroffen, die Lunge zerfetzt; des Todes riesiges Zackenmesser vier, fünf Organe durchwühlend, wo eines genügt hätte. Feuer, stickender Schmerz, kreisender Weltuntergang.“
Als Generalissimus in Dienst Kaiser Ferdinands II.
Der böhmische Adlige Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein (ursprünglich Waldstein), Herzog von Friedland und Mecklenburg, genannt der Friedländer, war Feldherr und Generalissimus des habsburgischen Kaisers Ferdinand II. im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Wallenstein gilt als eine der bedeutendsten Persönlichkeiten dieses europäischen Krieges.
Am 23. Mai 1618 beginnt das 30-jährige Abschlachten, in dem Wallenstein eine zentrale Rolle spielen wird, mit dem Prager Fenstersturz. Dabei werden die katholischen Statthalter von wütenden Protestanten aus einem Fenster der Prager Burg geworfen. Aus dieser lokalen Krise im Königreich Böhmen entwickelt sich der verheerendste Konflikt der deutschen Geschichte bis zum Ersten Weltkrieg fast 300 Jahre später.
Zu diesem Zeitpunkt steht der am 24. September 1583 in Nordböhmen geborene Wallenstein bereits seit 14 Jahren in den Diensten der Habsburger Monarchie aufseiten der Katholischen Liga. Sein 1625 für den Kaiser aufgestelltes und von ihm finanziertes Heer bringt dem katholischen Lager große Hilfe.
Auf Konfessionen nehmen die Kriegsherren keine Rücksicht
Der Dreißigjährige Krieg ist auch ein Konfessionskrieg. Und doch nehmen die politischen und militärischen Akteure und Allianzen auf Religion und Glaube wenig Rücksicht. Wenn von Vorteil, koalieren auch katholische und lutherische Länder.
Geht es bei kriegerischen Auseinandersetzungen im Mittelalter in der Mehrzahl darum, durch überraschende Einfälle in das gegnerische Land Bevölkerung und Infrastruktur zu schädigen und damit den Gegner zu schwächen, setzen die Länder jetzt, in Zeiten zunehmenden Nationalbewusstseins, auf stehende Heere.
Neue Waffentechnik und Verteidigungsstrategien setzen gut ausgebildete, disziplinierte Armeen voraus - und Heerführer mit hohem strategischem wie technischen Wissen. Stehende Söldnerheere und großräumige Kriege bedürfen auch eines neuen, eines internationalen Finanzsystems.
Der Kaiser ruft Wallenstein gegen die Schweden zu Hilfe
Einer, der sich auf die neue Kriegsführung am schnellsten und besten eingestellt hat, ist Albrecht von Wallenstein. Er hat mit 150.000 Mann als erster ein Heer von bis dahin nicht gekannter Größe aufgeboten. Verpflegt haben sich diese Heere aus der Umgebung ihrer Quartiere – eine enorme Belastung für die Bevölkerung.
Im Jahr 1629 beherrscht Wallensteins Armee große Teile Deutschlands, was auch im katholischen Lager für Unruhe sorgt, weil am Wiener Hof Wallensteins zu große Macht gefürchtet wird. 1630 abgesetzt, wird er vom Kaiser gegen den schwedischen König Gustav II. Adolf wieder zu Hilfe gerufen, der am 16. November 1632 in der Schlacht bei Lützen ums Leben kommt.
Gustav II. Adolfs Siegeszug durch „teutsche Lande“
Gustav II. Adolf, der in den Jahren zuvor bereits Krieg gegen Polen geführt hat, beginnt den schwedischen Siegeszug durch „teutsche Lande“ Anfang Juli 1630. Er landet mit 13.000 Mann auf der Insel Usedom - angeblich, um die Protestanten zu unterstützen. Doch es sind wohl vor allem Machtkalkül und Expansionsgelüste, die den Monrachen in den Krieg eingreifen lassen.
Bei seinem Zug von Nordost nach Südwest wächst seine Söldnertruppe bis zum Sommer 1632 zeitweise auf bis zu 150.000 Mann an. Sein Gegenspieler auf katholischer Seite, Albrecht von Wallenstein, bringt es 1630 vorübergehend auf 100.000 Mann. Das sind gewaltige Heere, die es bis dahin so noch nicht gegeben hat. Und das hat Konsequenzen, vor allem für Sold und Logistik.
Der Krieg ernährt sich vom Krieg
Die Truppen ernähren sich von dem, was der jeweilige Landstrich auf ihrem Zug hergibt. Ein Heer von 40.000 Mann braucht nach Erkenntnissen von Historikern pro Tag 800 Zentner Brot, 400 Zentner Fleisch und 120.000 Liter Bier. Zudem führt es 20.000 Pferde, Rinder, Schafe und Ziegen mit sich, die täglich 160 Hektar abweiden.
Die aus aller Herren Länder stammenden Söldner sind zwar in der Schlacht disziplinierter als frühere Ritterheere, aber sie gehen umso brutaler mit der Zivilbevölkerung um, je weniger Sold sie bekommen.
Sind die Kassen ihrer Kriegsherren klamm - und das kommt nicht selten vor - ziehen die Kriegsknechte raubend, brandschatzend, vergewaltigend und mordend umher. Die Folge sind Verwüstungen, Krankheiten und Epidemien. Die meisten Menschen kommen wohl eher durch die Pest ums Leben als durch Kriegshandlungen.
Immer neue Ressourcen, Geld und Soldaten
„In der Regel endeten frühere Kriege in einer Entscheidungsschlacht, also in der unzweideutigen Verteilung von Sieg und Niederlage“, erklärt der Berliner Soziologe und Politikwissenschaftler Herfried Münkler. „Auch der Dreißigjährige Krieg hatte einige große Schlachten, bei Breitenfeld, Lützen und Nördlingen etwa. Doch in denen fiel keine Entscheidung.“
Der jeweils unterlegenen Seite fließen von ihren Verbündeten immer wieder neue Kräfte zu. „Der Krieg dauerte und dauerte, weil von außen immer neue Ressourcen, Geld und Soldaten in ihn hineinflossen“, beschreibt Münkler eine wesentliche Veränderung gegenüber früheren militärischen Auseinandersetzungen.
„Lebenssaft“ des spanischen Riesenreiches
Eine Ressource, die reichlich fließt, ist Silber aus Übersee nach Spanien. Der Oxforder Militärhistoriker Peter H. Wilson spricht vom „Lebenssaft des Riesenreiches“. „Zwischen 1540 und 1700 produzierte die Neue Welt 50.000 Tonnen Silber“ – vornehmlich aus dem bolivianischen Potosí sowie dem mexikanischen Zacatecas.
Im Kampf um Kolonien wird Spanien seit den 1630er Jahren von Frankreich, den Niederlanden und England zunehmend auch auf See angegriffen. Deutschland ist nur noch einer von mehreren Kriegsschauplätzen.
Einer der gewalttätigsten, brutalsten und zerstörerischsten Kriege
Genaue Opferzahlen sind zwar nicht bekannt. Die Mehrheit der heutigen Historiker nimmt aber an, dass die Bevölkerung Deutschlands von 1618 bis 1648 von 16 Millionen auf weniger als 12 Millionen sank. Dabei waren die Regionen unterschiedlich stark betroffen: Ein Korridor der Zerstörung zog sich von Mecklenburg-Vorpommern über Mitteldeutschland und Hessen nach Bayern.
Wenn man den prozentualen Anteil der Bevölkerung, der durch den Konflikt umkam, zum Maßstab nimmt, war der Dreißigjährige Krieg sogar der blutigste überhaupt: Selbst nach den vorsichtigsten Schätzungen verringerte sich die Bevölkerung um 15 Prozent, vor allem durch Seuchen.
Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger (1923-2023) schrieb über den Dreißigjährigen Krieg: Er müsse „zu den gewalttätigsten, brutalsten und zerstörerischsten Kriegen der Geschichte gezählt werden“.
Flüchtlinge und Kriegsprofiteure
Der Krieg setzt große Flüchtlingsströme in Gang. „Ich sah Mütter, die mehrere Kinder, zwei auf dem Rücken und eines auf den Armen, daher schleppten“, schildert ein Abt seine Erfahrungen. Wer noch etwas Geld und die nötigen Kraftreserven hat, versucht sich in die Niederlande durchzuschlagen, damals das reichste und freieste Land Europas. Bald ist jeder dritte Einwohner von Amsterdam Deutscher.
Niederländische Rüstungsfabrikanten verdienen derweil prächtig: Sie versorgen beide Seiten mit Kanonen, Pulver und Pistolen. Einer der größten Profiteure des Krieges ist Albrecht von Wallenstein, der als klassischer Warlord selbst eine Armee aufstellte und unermesslich reich wird.
1648: Endlich herrscht Friede
Ausgehandelt wird der Friede von 1644 bis 1648 im katholischen Münster und im protestantischen Osnabrück. Es ist eine Konferenz, wie sie die Welt noch nicht gesehen hat: 109 diplomatische Vertretungen aus 16 europäischen Staaten beteiligen sich. Die Verhandlungen bilden die Grundlagen des modernen diplomatischen Protokolls heraus, etwa Begrüßungs- und Verabschiedungszeremonien und Rangfolgen.
Der Verhandlungsmarathon ist erfolgreich, weil am Schluss jede der beteiligten Mächte ihr Gesicht wahren kann. Der Schlüssel dazu war das „Separieren der Konfliktebenen“, wie es der Historiker Herfried Münkler ausdrückt.
Die unterschiedlichen Konflikte zwischen Kaiser und Schweden, Kaiser und Franzosen, Niederländern und Spaniern werden jeweils einzeln verhandelt. Dabei hätten die Diplomaten gleichzeitig sichergestellt, dass die Kompromisse am Ende nicht miteinander kollidierten, erläutert Münkler. Nach 30 Jahren Krieg, wie ihn die Welt bis dahin noch nicht gesehen hat, herrscht endlich Friede (mit dpa-Agenturmaterial).