Bundeswehr
Warum aktuell über eine Wehrpflicht diskutiert wird
Wird die Wehrpflicht in Deutschland bald zurückkehren – und was würde das für junge Menschen und die Bundeswehr bedeuten? Die aktuelle Debatte zeigt, warum das Thema plötzlich wieder so brisant ist. Die Gründe zusammengefasst.

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Kommt die Wehrpflicht zurück? Warum 2025 über eine Wiedereinführung diskutiert wird, welche Gründe dahinterstecken und was das für junge Menschen bedeutet.
Von Matthias Kemter
Die Wehrpflicht wurde 2011 ausgesetzt. Damaliger Verteidigungsminister war Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU). Aktuell ist es ebenfalls die CSU, welche diese Entscheidung am liebsten noch in diesem Jahr wieder rückgängig machen will und damit die Debatte um die Wiedereinführung der Bundeswehr-Wehrpflicht erneut anheizt. Hinter der Debatte stehen mehrere Gründe – von der aktuellen Sicherheitslage bis hin zum Personalmangel in der Bundeswehr.
Forderungen nach Wiedereinführung:
Sowohl CSU als auch der Bundeswehrverband fordern die Wiedereinführung der Wehrpflicht noch in diesem Jahr (1,2). Der verteidigungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Florian Hahn, argumentiert, dass die Aussetzung der Wehrpflicht nicht mehr zur aktuellen Gefährdungslage passe. "Noch im Jahr 2025 müssen die ersten Wehrpflichtigen durch die Kasernentore schreiten. Wir können ja nicht teilnahmslos zuschauen, wie die Welt um uns unsicherer wird." Gemeint sind vor allem die folgenden beiden Punkte:
- Der anhaltende Krieg in der Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa drastisch verändert. Russland wird zunehmend als Bedrohung wahrgenommen, und es besteht die Sorge vor einem möglichen Übergreifen des Konflikts auf andere Länder.
- Aussetzen der Militärhilfen der USA: Hahn betont, dass es jetzt eine glaubwürdige Abschreckung brauche – mit Staatsbürgern in Uniform, die bereit und verpflichtet seien, ihr Land zu verteidigen. Er äußerte sich vor dem Hintergrund der Ankündigung der USA, ihre Militärhilfen für die Ukraine vollständig einzustellen. Diese Entscheidung sorgt in Europa für große Besorgnis: Die Angst wächst, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine gewinnen und anschließend weitere Länder ins Visier nehmen könnte.
Zustimmung für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht kommt ebenfalls von weiteren Stimmen. Joschka Fischer räumte in einem Interview mit dem Magazin stern ein, dass er seine Meinung als ehemaliger Befürworter der Abschaffung revidieren müsse. "Ohne diesen Schritt werden wir beim Schutz Europas nicht vorankommen". Einen Gesetzentwurf für ein neues Wehrdienstmodell hatte der noch amtierende Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im November vorgelegt. Zu einer Abstimmung kam es allerdings nicht.
Personalmangel und Verteidigungsfähigkeit
Ein Hauptgrund für die Wehrdienst-Forderung ist der akute Personalmangel in der Bundeswehr. Der Bundeswehr fehlen laut Hahn derzeit etwa 20.000 Soldaten. Die Befürworter argumentieren, dass eine Wehrpflicht die Fähigkeit zur Landes- und Bündnisverteidigung stärken würde.
Öffentliche Meinung:
Umfragen zeigen ebenfalls eine gewisse Unterstützung in der Bevölkerung:
- Laut einer Befragung des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr halten 49% der Bevölkerung die Einführung eines Wehrdienstes für notwendig (3).
- Eine #NDRfragt-Umfrage ergab, dass 66% der Befragten für eine Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht sind (4).
Kontroverse Punkte:
- Gleichberechtigung: Es wird diskutiert, ob eine mögliche Wehrpflicht auch für Frauen gelten sollte.
- Alternativen: Es gibt Überlegungen zu einer allgemeinen Dienstpflicht als Alternative zur reinen Wehrpflicht.
- Umsetzung: Es bestehen Uneinigkeiten darüber, ob alle tauglichen Wehrpflichtigen oder nur eine Auswahl einberufen werden sollten.
- Politische Hindernisse: Nach dem Auseinanderbrechen der Ampelkoalition ist die geplante Umsetzung eines "Neuen Wehrdienstes" ab Frühjahr 2025 fraglich geworden.