Rätsel des Universums

Warum das „Dunkle Zeitalter“ des Kosmos ein frühes Ende nahm

Es bedeutete im jungen Kosmos das Ende des „Dunklen Zeitalters“: Heiße Strahlung ionisierte bereits 300 Millionen Jahre nach dem Urknall Wasserstoff. Nun rätseln Forscher über die Ursache.

Der vergrößerte Ausschnitt einer James-Webb-Aufnahme aus den Tiefen des Weltraums. Zahlreiche Galaxien in verschiedenen Größen und Formen sind zu sehen. In der Mitte der Aufnahme befindet sich ein kleiner roter Punkt, eine sehr weit entfernte Galaxie. Auf der linken Seite sind zwei Lichtlinien zu erkennen: Es handelt sich um Beugungsspitzen, visuelle Artefakte, die von einem nahen hellen Stern verursacht werden, der gerade nicht zu sehen ist.

© © Esa/Webb/Nasa & CSA, JADES Collaboration/J. Witstok, P. Jakobsen, A. Pagan (STScI)/M. Zamani (Esa/Webb)

Der vergrößerte Ausschnitt einer James-Webb-Aufnahme aus den Tiefen des Weltraums. Zahlreiche Galaxien in verschiedenen Größen und Formen sind zu sehen. In der Mitte der Aufnahme befindet sich ein kleiner roter Punkt, eine sehr weit entfernte Galaxie. Auf der linken Seite sind zwei Lichtlinien zu erkennen: Es handelt sich um Beugungsspitzen, visuelle Artefakte, die von einem nahen hellen Stern verursacht werden, der gerade nicht zu sehen ist.

Von Rainer Kayser (dpa)/Markus Brauer

Es ist ein Blick in die Morgendämmerung des Kosmos: Mit dem Weltraumteleskop James Webb hat ein internationales Forschungsteam erstmals direkt beobachtet, wie eine junge Galaxie mit ihrer ultravioletten Strahlung das Wasserstoffgas in ihrer Umgebung ionisiert – also in Protonen und Elektronen zerlegt. Das geschah bereits 330 Millionen Jahre nach dem Urknall.

Diese sogenannte Reionisierung spielt eine wichtige Rolle bei der Entstehung und Entwicklung von Galaxien. Die UV-Strahlung sei damals überraschend stark gewesen, schreiben die Wissenschaftler im Fachjournal „Nature“. Das werfe die Frage nach ihrem Ursprung auf.

An international team of astronomers using the#JWST has observed unexpectedly bright hydrogen emission from the distant galaxy JADES-GS-213-1, seen as it was just 330 million years after the Big Bang. This strong Lyman-a emission challenges current understanding, as the early… pic.twitter.com/leUismxuUI — Erika  (@ExploreCosmos_) March 26, 2025

Vor 400.000 Jahren begann das „Dunkle Zeitalter“

Knapp 400.000 Jahre nach dem Urknall vor 13,8 Milliarden Jahren war das Universum so weit abgekühlt, das Elektronen und Protonen sich zu Wasserstoffatomen verbinden konnten. Damit wurde der Kosmos durchsichtig. Die damals noch heiße Strahlung des Urknalls konnte sich ungehindert ausbreiten und ist noch heute als kühle Hintergrundstrahlung im Radiobereich nachweisbar.

Schon bald nach dem Urknall begannen sich an vielen Stellen im jungen Universum Gasnebel zu verdichten und zunehmend kompakte Wolken zu bilden. Je enger die Atome darin gepackt waren, desto heißer wurde es – bis schließlich, etwa 100 bis 200 Millionen Jahre später, die ersten Sterne im bis dahin dunklen All zündeten.

Zugleich begann damit das „Dunkle Zeitalter“ des Kosmos, denn noch gab es keine Sterne und Galaxien, die das Weltall erhellen konnten. Diese tauchten vermutlich erst etwa 200 bis 300 Millionen Jahre nach dem Urknall auf und leiteten einen weiteren Wandel des Weltalls ein. Denn die Strahlung der Galaxien war schließlich stark genug, um den Wasserstoff im Weltall erneut in Protonen und Elektronen zu zerlegen, also zu ionisieren.

Wasserstoff-Ionisierung in Umgebung einer Galaxie

Wann dieser Prozess der Reionisierung tatsächlich einsetzte und wie er genau ablief, war bislang unklar. Zwar hat das Webb-Teleskop bereits eine Reihe von kleinen Galaxien aufgespürt, die schon vor weniger als 300 Millionen Jahre nach dem Urknall im ultravioletten Bereich aufleuchteten. Ein direkter Nachweis für eine durch diese Strahlung ausgelöste Ionisierung des Wasserstoffs in der Umgebung einer Galaxie fehlte jedoch bislang.

Joris Witstock von der britischen University of Cambridge und seinen Kollegen ist nun ein solcher Nachweis gelungen. Die Galaxie Jades-GS-z13-1-LA, so zeigen die Beobachtungen mit dem Webb-Teleskop, hat mit ihrer UV-Strahlung tatsächlich den Wasserstoff in ihrer Umgebung in einem mindestens 650.000 Lichtjahre großen Bereich ionisiert.

Woher stammt die UV-Strahlung der Galaxie?

Die Größe dieser Region ist für die Astrophysiker eine Überraschung, die Konsequenzen hat: Die ersten Galaxien im Kosmos waren offenbar effektiver bei der Reionisierung als bislang angenommen, was wiederum Rückwirkungen auf ihre Entwicklung hat. Denn die Ionisierung heizt den Wasserstoff gleichzeitig auf und erschwert so insbesondere das Wachstum kleinerer Galaxien.

„Diese Entdeckung zwingt die Kosmologen dazu, einige Aspekte der frühen kosmischen Geschichte zu überdenken“, schreibt Michele Trenti von der University of Melbourne in Australien in einem begleitenden Kommentar in „Nature“.

Woher stammt die starke UV-Strahlung der jungen Galaxie?

Bleibt die Frage, woher die überraschend starke UV-Strahlung der jungen Galaxie stammt. Witstock und seine Kollegen diskutieren zwei Möglichkeiten: Entweder die Galaxie enthält viele ungewöhnlich massereiche und heiße Sterne. Oder es gibt in ihrem Zentrum bereits ein supermassereiches Schwarzes Loch. Beide Erklärungen, so die Forscher, machen die Galaxie zu einem astrophysikalisch extremen Objekt.

Weitere Beobachtungen von Galaxien im jungen Kosmos müssen nun zeigen, ob Jades-GS-z13-1-LA eine Ausnahme oder typisch ist. Vielleicht, schreibt Trenti in seinem Kommentar, fehlen den Astronomen noch wichtige Bausteine für das Verständnis, wie die ersten Sterne und die ersten großen Schwarzen Löcher im Kosmos entstanden sind.

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Erstellt:
26. März 2025, 19:50 Uhr
Aktualisiert:
27. März 2025, 07:05 Uhr

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