Beziehung und Menopause

Warum die Wechseljahre auch Männer etwas angehen

Die Lebensphase bringt auch Veränderungen in der Beziehung mit sich. Wie der Partner unterstützen kann.

Von Sandra Markert

Geht eine Frau zum Arzt. „Ich habe vor einigen Tagen aus Versehen einen Zehn-Euro-Schein verschluckt. Jetzt kommt aber nur Kleingeld wieder raus.“ Antwortet der Arzt: „Sie sind ja auch in den Wechseljahren.“ In der Männer-Stammtischrunde einer Fernsehserie war dieser Witz die Antwort darauf, was man denn so über die Wechseljahre wisse. Es folgte großes Gelächter – und ein Thema-Wechsel.

Frauen reden oft nicht gern über die Zeit vor der Menopause, weil sie mit Hitzewallungen, Schlafmangel, sexueller Unlust, Gewichtszunahme, Reizbarkeit oder Abgeschlagenheit nicht unbedingt die leichtesten Gesprächsthemen mit sich bringt. Und Männer? Denken nach wie vor oft, „das ist halt so ein Frauending“.

Auch Männer ab etwa dem 40. Lebensjahr haben hormonelle Umstellungen

„Noch nie kam ein Paar zu mir in die Beratung, um die Wechseljahre gemeinsam anzugehen“, sagt Petra Benesch, die in Stuttgart als Wechseljahre-Beraterin arbeitet. Dabei haben auch Männer ab etwa dem 40. Lebensjahr hormonelle Umstellungen, die Körper wie Psyche beeinflussen. „Und wenn ich mit den Frauen über ihre Wechseljahre rede, sind auch Veränderungen in der Beziehung immer ein Thema“, sagt Petra Benesch. Auch deshalb kämen Männer eigentlich nicht drum herum, sich mit den Wechseljahren zu beschäftigten.

Hilfreich als Einstieg – für Männer wie Frauen: „Sich rechtzeitig über das informieren, was diese Lebensphase mit sich bringen kann“, sagt Petra Benesch. Rechtzeitig heißt: Spätestens mit Mitte 30, denn die Wechseljahre bestehen aus vielen kleineren wie größeren Veränderungen, die sich über etwa fünf bis 15 Jahre hinziehen können – aber nicht zwingend müssen.

Progesteron-Mangel führt zu Unruhe und Ängsten

Etwa ein Drittel der Frauen bekommt von den Wechseljahren nichts oder wenig mit. Ein Drittel leidet aber auch so stark darunter, dass sie teilweise kaum in der Lage sind, ihrer Arbeit wie gewohnt nachzukommen oder sich um all die familiären Aufgaben zu kümmern – weil sie unter anderem erschöpft sind, schlecht schlafen, Konzentrationsprobleme haben, Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen oder depressive Tendenzen entwickeln.

Denn das Sexualhormon Progesteron entspannt Nerven und Psyche und fördert eine positive Grundstimmung. Sinkt es in den Wechseljahren ab, kann es zu Unruhe und Ängsten kommen. Progesteron unterstützt auch den Tiefschlaf. Zusammen mit Östrogen ist es an der Temperaturregulation beteiligt. Der Rückgang von Östrogen führt zudem dazu, dass sowohl die Haut wie auch die Schleimhäute im Genitalbereich dünner und trockener werden, was zu Schmerzen beim Sex führen kann. Viele Frauen nehmen während der Wechseljahre zudem an Gewicht zu – ebenfalls bedingt durch die hormonellen Umstellungen, aber auch dadurch, dass sich im Alter der Stoffwechsel verlangsamt und der Kalorienbedarf sinkt.

Auch bei Männern sinkt der Spiegel des männlichen Geschlechtshormons Testosteron ab etwa dem 40. Lebensjahr stetig. Allerdings passiert dies sehr langsam, weshalb dies in der Regel nicht oder nicht so stark von Symptomen begleitet ist wie bei Frauen. Schlafstörungen, Gewichtszunahme, Muskelabbau und Erektionsstörungen können ab dem 50. Lebensjahr jedoch auch Folgen der hormonellen Umstellungen sein.

„Wenn Männer einen dicken Bauch kriegen, dann scheren sich die wenigsten darum. Viele Frauen können diese körperlichen Veränderungen aber weniger gut annehmen“, sagt Andrea Harbeck, die zusammen mit ihrem Mann Dietmar Hellwig in Kirchheim unter Teck in der Paarberatung arbeitet. Wenig hilfreich sei es da, wenn der Partner einfach zu mehr Sport oder weniger Essen rate. „Damit allein kann man diese Veränderungen nicht aufhalten“, so Harbeck. Ihr Mann Dietmar Hellwig rät dazu, möglichst empathisch mitzufühlen. „Es ist immer gut, nachzufragen, wie sich der andere mit den Veränderungen fühlt. Wenn man diese Emotionen gemeinsam erforscht, kann dadurch eine ganz neue Verbindung als Paar entstehen.“

Beim Thema Stimmungsschwankungen hält Dietmar Hellwig es für wichtig, dass Männer wissen: Dass meine Frau jetzt solche Launen hat, muss überhaupt nichts mit mir zu tun haben, sondern die Ursachen liegen in den hormonellen Umstellungen der Frau. „Wenn das Verständnis dafür da ist, kann einem das viel Streit ersparen“, sagt Andrea Harbeck.

Denn für nicht wenige Paare sind die Wechseljahre auch Ehekrisejahre. „Eine Beziehung braucht stetige Pflege, Verständnis, Gespräche“, sagt Petra Benesch. Erst recht, wenn solche tiefgreifenden emotionalen wie körperlichen Veränderungen auf ein Paar zukommen. „Nun hatten aber viele Paare während der Familienphase wenig Zeit für sich und haben sich auch ein Stückweit aus den Augen verloren“, so Petra Benesch. Kommen dann noch berufliche Herausforderungen, die Pflege der eigenen Eltern, pubertierende Teenager oder nachlassende körperliche wie emotionale Belastbarkeit sowie schwankende Lust auf Sex hinzu, kann das das Aus für eine Beziehung bedeuten.

Welche Schnittmengen hat ein langjähriges Paar noch?

„Trotz mehr Gleichberechtigung ist es ja nach wie vor so, dass es meist die Frauen sind, die viele Jahre versuchen, alles unter einen Hut zu bekommen“, sagt Petra Benesch. Die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren würden nicht nur mit sinkender Belastbarkeit einhergehen, die sich im familiären Gefüge bemerkbar machen kann. „Bei vielen Frauen führen sie auch dazu, dass sie mutiger werden für das einzustehen was ihnen wirklich wichtig ist. Auch ihr Blick für Ungerechtigkeiten, etwa bei der Aufteilung der zahlreich anstehenden Alltagsaufgaben schärft sich“, sagt Petra Benesch.

Das alles sei auch eine Chance, in einer Beziehung neue Wege zu gehen, Bedürfnisse achtsamer wahrzunehmen, sich gegenseitig zu entlasten, nötige Freiräume zuzugestehen – oder auch, sich für eine Trennung zu entscheiden. „Wichtig ist immer, herauszufinden, welche Schnittmengen ich als langjähriges Paar noch habe“, sagt Petra Benesch. Kann man noch gute, auch tiefgreifende Gespräche führen jenseits von einem rein organisatorischen Austausch über Kinder, Wochenendeinkauf oder Reifenwechsel zwischen Tür und Angel? Gibt es noch gemeinsame Interessen, um freie Zeit miteinander zu verbringen?

„Für all das brauche ein Paar eine gute Kommunikation und zwar auf der emotionalen Ebene, nicht auf der Sachebene“, sagt Andrea Harbeck. Es sei nie hilfreich, dem anderen vorzuwerfen, dass sie oder er die Spülmaschine nicht ausgeräumt habe, sondern vielmehr wichtig zu betonen, wie sich das für einen selbst anfühle, wenn viele solcher Aufgaben an einem hängen bleiben. „Ein Paar lernt sich immer auf der emotionalen Ebene kennen, hier liegen die Verbindungen. Und nur hier lässt sich eine Beziehung stabilisieren oder reparieren“, sagt Andrea Harbeck.

Sport und Ernährung

Kalorien „Gemeinsam auf eine gesunde Ernährung achten, viel Zeit in der freien Natur verbringen und zusammen Sport treiben“, das sind Dinge, die Petra Benesch Paaren in der mittleren Lebensphase rät, weil sie nicht nur Verbindungen schaffen, sondern während der Wechseljahre wichtiger werden. So braucht eine 50-jährige Frau beispielsweise rund 400 Kalorien täglich weniger als eine 25-Jährige, weil mit zunehmendem Alter die Muskelmasse schwindet. Gleichzeitig wachsen die Fettspeicher, insbesondere am Bauch. Für Männer gilt das auch. Da Abnehmen in dieser Zeit nicht leichter wird, empfiehlt es sich, rechtzeitig die Ernährung anzupassen auf viel Gemüse und Ballaststoffe. Bewegung Als Sport empfiehlt sich neben Ausdauersport wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren auch gezieltes Krafttraining, um dem Abbau der Muskulatur entgegen zu wirken und Knochenschwund (Osteoporose) vorzubeugen.

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Erstellt:
16. März 2025, 08:16 Uhr

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