Klimawandel und Wetter
Warum es in Europa so ungleichmäßig regnet
Seit 1900 haben Schwankungen der Niederschläge stark zugenommen - einer Studie zufolge vor allem in Europa. Eine Analyse erklärt, welche Ursache der Trend hat - und welche Probleme er verursacht.
Von Stefan Parsch (dpa)/Markus Brauer
Europa gehört zu den Weltregionen, in denen die Variabilität der Niederschläge seit 1900 besonders stark zugenommen hat. Das schließt ein chinesisches Forschungsteam nach Analysen verschiedener Regenmengen-Datensätze aus dem Zeitraum 1900 bis 2020.
Im weltweiten Durchschnitt stieg die Variabilität in dieser Zeit um 1,2 Prozent pro Jahrzehnt, wobei der Trend seit den 1950er Jahren besonders ausgeprägt ist. Anhand von Computersimulationen sieht das Team um Tianjun Zhou von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking im Fachmagazin „Science“ die Ursache für die Tendenz im menschengemachten Klimawandel.
Science Magazine - Anthropogenic amplification of precipitation variability over the past century https://t.co/8udukotAuh — Lynn S. Teague lynnteague@bsky.social (@LynnSTeague) July 27, 2024
Feuchtere Regenperioden, trockenere Trockenperioden
Als Niederschlagsvariabilität bezeichnet das Team Ungleichmäßigkeiten bei Zeitpunkt und Menge von Niederschlägen. Eine höhere Variabilität bedeutet, dass Niederschläge im Laufe der Zeit ungleichmäßiger verteilt sind, was zu feuchteren Regenperioden und trockeneren Trockenperioden führen kann.
„Die erhöhte Variabilität der Niederschläge, die wir beobachtet haben, liefert entscheidende Belege für größere tägliche Veränderungen, die es schwieriger machen, Umweltauswirkungen vorherzusagen und sich darauf vorzubereiten“, erklärt Tianjun Zhou .
80 Prozent Europas von starken Veränderungen betroffen
Als Grundlage für ihre Berechnungen nahmen die Wissenschaftler fünf weltweite und acht regionale langjährige Datensätze zu Niederschlägen. Auf der Basis von Niederschlagsdaten des Global Historical Climatology Networks (GHCNd) – dem hauptsächlich genutzten Datensatz – ermittelten sie, dass sich auf 80 Prozent der Landfläche Europas die Niederschlagsvariabilität im Untersuchungszeitraum erhöht hat.
Im östlichen Nordamerika sind es sogar 89 Prozent, im globalen Durchschnitt 75 Prozent der Fläche. „Die Konsistenz über mehrere Beobachtungsreihen hinweg bestätigt die Robustheit des Zunahme-Trends“, schreiben die Forscher.
Wärmere und feuchtere Atmosphäre durch Treibhausgasemissionen
Zhou und Kollegen nutzten dann ein etabliertes Klimamodell (CMIP6), um die zunehmende Niederschlagsvariabilität verschiedenen Ursachen zuzuordnen: Veränderungen natürlichen Ursprungs, Treibhausgasemissionen und Aerosole menschengemachter Herkunft.
Es zeigte sich, dass die Zunahme der Niederschlagsvariabilität hauptsächlich auf menschlich verursachte Treibhausgasemissionen zurückging, die zu einer wärmeren und feuchteren Atmosphäre geführt haben.
„Das bedeutet, dass selbst bei gleichbleibender atmosphärischer Zirkulation die zusätzliche Feuchtigkeit in der Luft zu intensiveren Regenfällen und drastischeren Schwankungen bei ihnen führt“, betont Erstautorin Wenxia Zhang.
Neue Herausforderungen für Wetter- und Klimavorhersagen
Menschengemachte Aerosole, die beispielsweise aus Feinstaub entstehen, beeinflussen die Variabilität der Niederschläge heute weniger als früher. Dies dürfte auf die weltweiten Bemühungen der vergangenen Jahrzehnte zurückgehen, die Luft sauberer zu machen.
Doch dieser Trend wird überlagert durch den starken Anstieg der Treibhausgase in der Atmosphäre. „Die verstärkte Niederschlagsvariabilität stellt neue Herausforderungen für Wetter- und Klimavorhersagen sowie für die Widerstandsfähigkeit und Anpassung von Gesellschaften und Ökosystemen dar“, schreiben die Studienautoren.