Gesundes Trinken?

Warum jeder Tropfen Alkohol ungesund ist

Experten sind sich einig: Einen risikofreien Alkoholkonsum gibt es nicht. Bei vielen galt Alkohol in Maßen lange als gesundheitsfördernd. Doch das stimmt nicht. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat ihre Position dazu jetzt verändert.

Süß & bunt verpackt: Alcopos sind besonders für junge Leute attraktiv – und gefährlich, weil der süße Geschmack den Alkohol überdeckt.

© dpa/Frank May

Süß & bunt verpackt: Alcopos sind besonders für junge Leute attraktiv – und gefährlich, weil der süße Geschmack den Alkohol überdeckt.

Von Markus Brauer/dpa

„Bier auf Wein, das lass’ sein. Wein auf Bier, das rat’ ich dir.“ Sie kennen wahrscheinlich diesen prominenten Rat zur Katervermeidung. Forscher haben herausgefunden, dass es für den Kater keine Rolle spielt, in welcher Reihenfolge man Bier und Wein in sich hineingeschüttet hat.

Noch besser aber wäre es, ganz auf Veisalgia zu verzichten. So heißt dieser unangenehme Zustand, der von Übelkeit, Erbrechen und Schwindel begleitet wird,  in der Medizin.

Jeder Tropfen Prozentiges schadet

Wie das geht? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) hat einen einfachen und für Liebhaber eines „guten Tropfens“ wohl unzumutbaren Ratschlag parat: Trinken Sie überhaupt keinen Alkohol! Jeder Tropfen C2H6O – das ist die chemische Formel für Ethanol oder Äthylalkohol, gemeinsprachlich auch Alkohol genannt – schadet!

Neues #DGE_Positionspapier Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. hat ein neues Positionspapier zu Alkohol veröffentlicht. Es ersetzt den bisher herausgegebenen Referenzwert für die #Alkoholzufuhr. https://t.co/SzGEVJnEgd#DGE#Wissenschaft#Ernährung#Gesundheit — Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) (@dge_wissen) August 15, 2024

Am besten null Promille

Unter dem Motto „Am besten null Promille“ ändert die DGE damit frühere Einschätzungen. Auch in Maßen sei Alkohol nicht gesund, lautet ab sofort das Credo. Es gebe keine potenziell gesundheitsfördernde und sichere Alkoholmenge für einen unbedenklichen Konsum, schreibt die Fachgesellschaft in ihrem neuen Positionspapier.

„Alkohol ist eine psychoaktive Droge“, die als Ursache von mehr als 200 negativen gesundheitlichen Folgen wie Krankheiten und Unfällen identifiziert worden sei, heißt es dort. Das Papier ersetzt den bisherigen Referenzwert für den empfohlenen Alkoholkonsum: von ein wenig auf gar nichts mehr.

 

Wenigstens große Mengen vermeiden

Wer trotzdem Alkohol trinken wolle, sollte vor allem größere Mengen vermeiden, rät die Fachgesellschaft. Das gelte insbesondere für junge Menschen. Kinder, Jugendliche, Schwangere und Frauen, die stillen, sollten gar keinen Alkohol trinken.

 

 

Zu diesem Ergebnis war jüngst auch eine Analyse verschiedener Studien zum Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesundheit gekommen. Der Grund dafür, dass Studien Gesundheitsvorteile bei mäßigem Alkoholkonsum ermittelt hätten, liegt in „Verzerrungen wegen Mängeln im Studiendesign“, wie Forscher der kanadischen Universität Victoria um den Psychologen Tim Stockwell herausfanden. Sie hatten 107 Langzeituntersuchungen zum Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Mortalität ausgewertet. Daran hatten gut 4,8 Millionen Menschen teilgenommen. Im Verlauf der Untersuchungen gab es mehr als 420 000 Todesfälle.

Here's the link to the study in question "Why Do Only Some Cohort Studies Find Health Benefits From Low-Volume Alcohol Use? A Systematic Review and Meta-Analysis of Study Characteristics That May Bias Mortality Risk Estimates"https://t.co/KsBW6fEtxR — Pivní Filosof® (@Pivnifilosof) July 25, 2024

Schützt mäßiger Alkohol-Genuss vor Krankheiten?

„Annahmen über gesundheitliche Vorteile von Alkohol beeinflussen die Schätzungen der globalen Krankheitslast und die Richtlinien zum Trinken erheblich“, schreiben die Autoren in dieser Studie, die Ende Juli 2024 im Fachjournal „Journal of Studies on Alcohol and Drugs“ erschienen war. Sie prüften darin, warum einige Studien dem mäßigen Konsum von Alkohol eine gesundheitsfördernde Wirkung zuschreiben, andere hingegen nicht.

 

 

Als mäßigen Konsum nahmen die Experten eine Menge bis 25 Gramm Alkohol pro Tag an. Das entspricht 0,25 Litern Wein mit zwölf Prozent Alkohol oder 0,6 Litern Bier mit fünf Prozent Alkohol. Moderater Alkoholgenuss soll Studien zufolge unter anderem vor bestimmten Formen von Herzinfarkten und Schlaganfällen sowie Diabetes Typ 2 schützen.

Qualitativ höherwertige Studien zeigen keinen Unterschied

Als wichtiges Kriterium für die Qualität einer Studie nahm das Team um Stockwell die Messung des Alkoholkonsums: Wurde er über mehr als 30 Tage gemessen, waren die Messwerte aussagekräftiger als wenn dies in einem kleineren Zeitraum geschah. Es zeigte sich: Bei den qualitativ höherwertigen Studien lag das Sterberisiko bei moderatem Konsum gleichauf mit dem von Abstinenz.

Krankheitslast durch Alkohol insbesondere in Europa erheblich

Der Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Gesundheit ist laut der Deutschen Gesellschaft für Ernährung äußerst komplex. Bei einigen wenigen chronischen Krankheiten seien risikosenkende Assoziationen mit dem Alkoholkonsum beobachtet worden.

Insgesamt sei die durch Alkohol verursachte Krankheits- und Sterbelast weltweit und insbesondere in Europa erheblich. Der durchschnittliche Alkoholkonsum sei 2019 in Deutschland mehr als doppelt so hoch gewesen wie im weltweiten Durchschnitt.

 

 

Alkoholkonsum beeinträchtigt soziales Umfeld

Alkoholkonsum werde unter anderem mit Entwicklungsstörungen bei ungeborenen Kindern, Unfällen, Verletzungen, Gewalt und „psychosozialen Beeinträchtigungen von Menschen, die Alkohol trinken, sowie ihrem sozialen Umfeld“ in Verbindung gebracht, schreibt die Gesellschaft weiter. Zu den kurzfristigen Folgen gehörten Beeinträchtigungen der Koordination, der Aufmerksamkeit und der Reaktionszeit.

 

 

Verheerende Auswirkungen auf Gesellschaft

Langfristig birgt Alkohol nicht nur eine Suchtgefahr. Alkohol bedingt nach Ansicht der Experten auch Krankheiten mit: Krebs (vor allem Brust- und Dickdarmkrebs), Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Magen- und Darm-Erkrankungen, Diabetes mellitus sowie den Abbau der kognitiven Leistungen, Alzheimer und andere Demenzerkrankungen.

Info: Trinken Sie zu viel? Ein Selbsttest

Alkoholsucht Trinken Sie zu viel? Greifen Sie zu oft zur Flasche? Testen Sie Ihren persönlichen Alkoholkonsum. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation, WHO) hat einen Selbsttest – den Audit-Screen „Alcohol Use Disorders Identification Test“ – mit zehn Fragen entwickelt, um genau diese Fragen zu beantworten. Wenn Sie mehrere der folgenden Testfragen mit „Ja“ beantworten können, sollten Sie nachdenklich werden:

Zehn Fragen zum persönlichen Alkoholkonsum

  • 1. Trinken Sie mehrmals pro Monat oder sogar pro Woche Alkohol?
  • 2. Wie viel Alkohol trinken Sie typischerweise an einem Tag?
  • 3. Trinken Sie fünf oder mehr alkoholische Getränke bei einer Gelegenheit?
  • 4. Wie oft haben Sie in den letzten zwölf Monaten erlebt, dass Sie mit dem Trinken nicht mehr aufhören konnten?
  • 5. Konnten Sie aufgrund Ihres Alkoholkonsums normale Erwartungen an Sie nicht mehr erfüllen?
  • 6. Müssen Sie am Morgen nach einer durchzechten Nacht öfter Alkohol trinken, um sich wieder fit zu fühlen?
  • 7. Hatten Sie während der letzten zwölf Monate öfters Schuldgefühle wegen Ihres Trinkverhaltens?
  • 8. Können Sie sich während der letzten zwölf Monate nicht mehr an den vorangegangenen Abend erinnern, weil Sie zu viel getrunken haben?

Vorsicht, Alkoholabhängigkeit! Je mehr dieser zehn Punkte auf Sie zutreffen, desto eher sollten Sie Ihr Trinkverhalten hinsichtlich Alkohol überdenken und sich professionelle Hilfe bei einer Beratungsstelle, einem Facharzt oder Therapeuten holen.

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Erstellt:
16. August 2024, 09:24 Uhr
Aktualisiert:
16. August 2024, 13:33 Uhr

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