Ernährung und Gesundheit
Warum Softdrinks das Risiko für Krankheiten erhöhen
Süßer Risikofaktor: Einer Studie zufolge gehen jährlich weltweit Millionen Fälle von Diabetes 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf Softdrinks und ähnliche gesüßte Getränke zurück.
Von Markus Brauer/dpa
Weltweit 2,2 Millionen neue Fälle von Typ-2-Diabetes und 1,2 Millionen neue Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen könnten 2020 einer Studie zufolge auf den Konsum von Limo, Energydrinks und anderen mit Zucker gesüßten Getränken zurückgehen. Das berichtet zumindest eine internationale Forschungsgruppe im Fachblatt „Nature Medicine“.
【注目のHL】健康:砂糖入り飲料による糖尿病と心血管疾患の世界的リスクを評価https://t.co/ZhQBxY8NJzLara-Castorらの@NatureMedicine#OA#論文Burdens of type 2 diabetes and cardiovascular disease attributable to sugar-sweetened beverages in 184 countrieshttps://t.co/psdswNaJQP@UWhttps://t.co/eTkqNJKwk7 — Nature Japan (@NatureJapan) January 7, 2025
Softdrinks nicht als Durstlöscher geeignet
Ein Glas Cola (250 Milliliter/ml) enthält knapp 27 Gramm Zucker: Das entspricht fast neun Stück Würfelzucker. Auch Energydrinks, Fruchtgetränke und andere Softdrinks können Zuckerbomben sein. Dennoch greifen der Studie zufolge immer mehr Menschen zu solchen Getränken, vor allem in Lateinamerika und Afrika.
Dass mit Zucker gesüßte Getränke nicht gut für die Gesundheit sind, ist bekannt. So schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, diese seien nicht als Durstlöscher geeignet: „Sie enthalten viel Zucker (etwa 80 – 100 Gramm/g pro Liter) und liefern damit viele Kalorien.“
Die Forschungsgruppe um Laura Lara-Castor von der US-Tufts University, einer Medizinschule in Boston, hat nun die gesundheitlichen Folgen des Konsums zuckerhaltiger Getränke mit Blick auf Diabetes Typ 2 und Herz-Kreislauf-Erkrankungen errechnet.
Viel Werbung in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen
Dafür analysierte das Team Daten aus der Global Dietary Database: Diese Datenbank enthält Schätzungen zum Konsum von zuckergesüßten Getränken auf Grundlage von Ernährungserhebungen sowie Daten über Fettleibigkeit und Diabetesraten. Die Wissenschaftler zogen Zahlen aus den Jahren 1990 bis 2020 heran und kombinierten die Datensätze für 184 Länder, um die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenhangs zwischen beiden Faktoren zu berechnen.
Demnach gingen 2020 weltweit 2,2 Millionen neue Fälle von Typ-2-Diabetes und 1,2 Millionen neue Fälle von Herz-Kreislauf-Erkrankungen auf zuckergesüßte Getränke zurück. Das wären einer von zehn neuen Fällen von Typ-2-Diabetes und einer von dreißig neuen Fällen von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Den größten Anteil machte die Studie in Afrika südlich der Sahara, Lateinamerika und der Karibik aus. Auf einzelne Staaten bezogen seien Kolumbien, Mexiko und Südafrika besonders betroffen. Je weiter sich Länder entwickelten und Einkommen stiegen, umso zugänglicher und begehrter seien zuckerhaltige Getränke, heißt es.
Mehr Durst nach süßen Getränken
Für Deutschland sieht die Studie zwischen 1990 und 2020 einen im Vergleich zu anderen Ländern nur leichten Anstieg der Diabetes-Todesfälle pro Million Einwohner, die auf den Konsum von zuckergesüßten Getränken zurückzuführen seien. Bei den Todesfällen durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen wird sogar ein Rückgang festgestellt, ebenso in den USA und Großbritannien.
Den Daten der Forschern zufolge wurden hierzulande 2020 wöchentlich knapp 650 Milliliter – oder zwei große Gläser – solcher Getränke konsumiert. Damit steht Deutschland in der Liste der 30 bevölkerungsreichsten unter den untersuchten Ländern ziemlich in der Mitte. Allerdings legen Zahlen der Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (wafg) von 2023 nahe, dass der Konsum an Erfrischungsgetränken hierzulande wieder gestiegen ist.
Forderung nach „Limo-Steuer“
Wie die Autoren selbst schreiben, beruhen ihre Schätzungen zwar auf den besten verfügbaren Daten und begründeten Annahmen, können aber keine Beweise für Ursache und Wirkung liefern. Zudem sei die Datenlage für manche Länder lückenhaft.
Das Forscherteam betont auch, dass zuckerhaltige Getränke schnell verdaut würden und den Blutzuckerspiegel in die Höhe trieben, ohne einen Nährwert zu haben. Regelmäßiger Konsum führe zu Gewichtszunahme, Insulinresistenz und diversen Stoffwechselproblemen, die mit Typ-2-Diabetes und Herzkrankheiten, zwei der weltweit häufigsten Todesursachen, in Zusammenhang stünden.
Die Wissenschaftler fordern unter anderem Gesundheitskampagnen, strengere Regeln für die Bewerbung derartiger Getränke und steuerliche Maßnahmen. Eine „Limo-Steuer“ gibt es bereits in vielen Ländern, darunter seit 2018 Großbritannien. Diese setzt bei der Schwelle von fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter an. Hersteller müssen dann 18 Pence (21 Cent) pro Liter zahlen, bei 8 Gramm Zucker oder mehr pro 100 Milliliter werden 24 Pence (28 Cent) pro Liter fällig.
Seither ist nicht nur der Konsum zurückgegangen, auch Hersteller haben den Zuckergehalt reduziert. Auch hierzulande fordern Verbraucherschützer und Gesundheitsexperten regelmäßig eine solche Abgabe – bislang erfolglos.
Info: Zu viel Zucker lässt Tumore wachsen
ErnährungEine gesunde Ernährung kann zur Verringerung des Krebsrisikos beitragen. Entscheidend ist dabei ein ausgewogener und vollwertiger Speiseplan, ein normales Körpergewicht und wenig bis kein Alkohol. Und vor allem wenig Zucker. Das Problem ist nur: Zucker ist sehr beliebt, schmeckt (fast) allen und steckt in vielen Lebensmitteln in rauen Mengen drin. Egal ob in Softdrinks, Fruchtsäften, Fast Food oder Süßigkeiten – fast keine echt oder vermeintlich gesunde Nahrung kommt ohne das süß schmeckende, kristalline Lebensmittel aus.
Zucker In vielen industriell hergestellten Produkten steckt zugesetzter Zucker. Getränke und verarbeitete Lebensmittel in unseren Supermärkten enthalten als Süßungsmittel zunehmend Fructose statt Glucose. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Tag zu verzehren. Zwischen dieser Obergrenze und der Realität liegen Welten: Jeder Bundesbürger isst jeden Tag etwa 93 Gramm Zucker. Pro Jahr sind das fast 34 Kilogramm.
Zuckerarten: FructoseWie Glukose – also Traubenzucker – gehört Fructose zu den Monosacchariden. Die Monosaccharide Glucose, Fructose und Galactose sind die wichtigsten Zucker des Stoffwechsels. Sie sind Energieträger und dienen auch als Zellbausteine. Frucht- und Traubenzucker besteht aus nur einem Zuckermolekül, daher auch die Bezeichnung Einfachzucker. Fruchtzucker hat aber eine doppelt so hohe Süßkraft wie Traubenzucker.
SaccharoseUnter Haushaltszucker versteht man im Fachjargon Saccharose, die aus Zuckerrüben oder Zuckerrohr hergestellt wird. Sobald der Zucker raffiniert wird, spricht man von Industriezucker. Bei Saccharose handelt es sich um Zweifachzucker (Disaccharid). Wird dieser von uns gegessen, zerlegen ihn Enzyme im Verdauungssystem in Traubenzucker (Glukose/Dextrose) und Fruchtzucker (Fructose).
DextroseDies ist die Bezeichnung von Traubenzucker oder Glukose in Lebensmitteln.
Zucker und KrebsZucker und Krebs stehen in enger Verbindung. Krebszellen lieben Zucker – ganz gleich welchen. Sie nehmen Glucose und fast noch lieber Fructose. Studien haben gezeigt, dass Zucker als Entzündungsinitiator maßgeblich an der Entstehung von Krebs beteiligt ist. Steigt außerdem der Insulinspiegel, dann fühlen sich Krebszellen besonders wohl. Aus ruhenden Krebszellen können sich aktive Krebszellen entwickeln. Ist der Krebs erst einmal da, kann Zucker – selbst wenn er in geringen Mengen konsumiert wird – die Gefahr der Metastasenbildung steigern.
Gesunder Zucker?Lange Zeit galt Fruchtzucker als gesünder. Die Lebensmittelindustrie hat in den vergangenen Jahrzehnten deshalb immer öfter Fructose eingesetzt, meist in Form von Maissirup. Infolgedessen konsumieren wir heute etwa 15-Mal mehr von diesem Zucker als noch in den 1960er Jahren.