Verbraucherschutz
Was darf in einen Döner?
Die Türkei will eine EU-Regelung, welches Fleisch benutzt werden darf. Die Hersteller aus Deutschland wehren sich dagegen.
Von Knut Krohn
Wie wird ein Döner hergestellt? Mit dieser ungewöhnlichen Frage beschäftigt sich im Moment die EU-Kommission in Brüssel. Auslöser ist eine türkische Initiative zum Schutz von Dönerfleisch als traditionelle Spezialität, mit der Deutschland nicht einverstanden ist und gegen die es Einspruch eingelegt hat.
Der EU-Apparat beschäftigt sich schon geraume Zeit mit diesem kulinarischen Thema. 2022 hatte der Internationale Dönerverband mit Sitz in Istanbul beantragt, Döner auf die EU-Liste mit „garantiert traditionellen Spezialitäten“ aufzunehmen. Das war überraschend, denn das Gericht gilt im Grunde als deutsche Erfindung. Sollte Brüssel dem Begehren der Türken stattgegeben, hätte das weitreichende Folgen. Dann müssten Dönerspieße künftig in der gesamten EU nach einheitlichen Regeln hergestellt werden.
Genaue Vorschriften für die Herstellung
Erlaubt wäre dann nur noch Fleisch von mindestens 16 Monate alten Rindern oder von mindestens sechs Monate alten Schafen. Einzige Alternative wäre demnach Döner aus Hähnchenfleisch. Genau geregelt würde zum Beispiel auch, welche Zutaten für die Marinade zulässig sind, wie dick die Fleischscheiben zu sein haben und wie lange mariniert werden muss. Alles, was nicht auf diese Weise zubereitet wird, dürfte dann nicht mehr Döner heißen. Nicht betroffen wäre dagegen die Zubereitung von Dönergerichten. So würde etwa nicht geregelt, was für Salat und welche Soße in eine Dönertasche kommen.
Der Streit um den Döner ist ein hochemotionales Thema, das zeigt allein die Zahl der Wortmeldungen von deutschen Politikern. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) schreibt auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter): „Der Döner gehört zu Deutschland. Wie er hier zubereitet und gegessen wird, sollte jeder selbst entscheiden dürfen. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara.“
Unverständnis bei deutschen Politikern
Unverständnis herrscht auch bei der Europaabgeordneten Anna Cavazzini (Grüne). „Es ist wichtig, dass wir traditionelle Zubereitungsarten, kulturelle Vielfalt und hohe Verbraucherschutzstandards in der EU schützen, aber der Döner ist ein Sonderfall“, sagt die Vorsitzende des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz im Europaparlament. Der habe sich „in den letzten Jahren durch kreative Weiterentwicklungen stetig verändert – da passt ein Copyright einfach nicht“.
Die Döner-Fans können allerdings beruhigt werden, denn die Produktion in Deutschland würde nicht zusammenbrechen, sollte dem türkischen Antrag stattgegeben werden. Im Gegensatz zum EU-Siegel „geschützte Ursprungsbezeichnung“, das zum Beispiel dafür sorgt, dass Champagner nur in der französischen Weinbauregion Champagne hergestellt werden darf, ist das EU-Siegel „garantiert traditionelle Spezialität“ deutlich schwächer. So ist der Produktionsprozess an kein Gebiet gebunden und entscheidend ist allein, dass dem traditionellen Rezept oder Herstellungsverfahren gefolgt wird. Zu dieser Kategorie zählen etwa Mozzarella, Serrano-Schinken oder Pizza Napoletana.
Döner-Herstellung als Wirtschaftsfaktor
Die Vehemenz, mit der sich die deutschen Hersteller für den Döner einsetzen, erklärt sich auch durch den wirtschaftlichen Wert für die Branche. Der Verein türkischer Dönerhersteller in Europa schreibt, dass europaweit etwa 400 Tonnen Döner pro Tag produziert werden. Allein in Deutschland erziele die Branche einen jährlichen Umsatz von etwa 2,4 Milliarden Euro.