„Heizungsgesetz“ und Bundestagswahl
Was die Parteien fordern – und wer betroffen wäre
Soll das „Heizungsgesetz“ bleiben? Darüber wird im Wahlkampf diskutiert. Die Frage betrifft mehr als jeden zweiten Haushalt im Land – außer in einer Großstadt.
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© picture alliance/dpa/Silas Stein
Wird der Einbau von solchen Wärmepumpen in Zukunft noch gefördert? Die neuen Debatten lassen daran zweifeln.
Von Paulina Kock
Das auch als „Heizungsgesetz“ bezeichnete Gebäude-Energie-Gesetz (GEG) war das vermutlich umstrittenste Gesetzesvorhaben der mittlerweile aufgelösten Ampelregierung – im September 2023 wurde es verabschiedet, samt einem verpflichtenden Anteil von 65 Prozent erneuerbarer Energiequellen bei neu eingebauten Heizungen. Doch im laufenden Bundestagswahlkampf ist das GEG weiter ein Thema. Die in Umfragen führende CDU beispielsweise will es wieder abschaffen.
Was das für Baden-Württemberg bedeuten würde, zeigen Daten des Statistischen Bundesamts. Es hat die Daten zur Heizungsform aus dem 2022 durchgeführten Zensus auf Wahlkreisebene umgerechnet. So wird kurz vor der Wahl deutlich, welcher Wahlkreis von einem GEG-Aus wie betroffen wäre – und welche Partei für eine Rücknahme des Gesetzes ist.
Baden-Württemberg: mehr Ölheizungen als der Bundesschnitt
Gas und Öl gehören in Deutschland und auch in Baden-Württemberg zu den beliebtesten Heizungsformen. Drei Viertel aller Haushalte heizen damit: 45 Prozent mit Gas (Bundesschnitt: 56 Prozent), 28 Prozent mit Öl (bundesweit: 19 Prozent). Bis 2045 soll laut GEG damit Schluss sein.
In Baden-Württemberg ist der Anteil der Ölheizungen insgesamt vergleichsweise hoch. Aber eben nicht überall: In Stuttgart und Mannheim heizt nicht einmal jeder zehnte Haushalt mit Öl, im Kreis Calw fast die Hälfte – sie alle müssten laut GEG die Ölkessel spätestens nach 30 Jahren außer Betrieb nehmen.
Mit Gas wird vor allem in Großstädten geheizt, in Stuttgart liegt der Anteil bei gut 70 Prozent, in Heilbronn und Freiburg um die 55 Prozent. Diese Heizungen dürfen laut GEG weiter betrieben werden. Bei einem Ersatz oder Neubau müssen die Eigentümer sie aber anteilig mit Biogas oder Wasserstoff betreiben. Diese Anteile steigen bis 2040 auf 60 Prozent, bis 2045 auf 100 Prozent. Bestehende Gasheizungen dürfen bis 2045 mit fossilem Brennstoff betrieben werden, wenn sie vor 2024 eingebaut und nicht älter als 30 Jahre sind.
Die geringsten Sorgen um solche Themen muss man sich im Wahlkreis Mannheim machen. Dort werden bereits zwei Drittel aller Heizungen mit erneuerbaren Energien betrieben. Mannheim setzt stark auf Fernwärme und hat angekündigt, dass der städtische Energieversorger MVV 2035 kein Gas mehr liefern wird – also zehn Jahre früher als vom GEG vorgeschrieben.
Noch viel zu tun
Mannheim ist damit dem Rest des Landes enteilt. Karlsruhe und Ulm kommen auf weniger als die Hälfte nachhaltig betriebener Heizungen. In den Wahlkreisen nördlich von Stuttgart liegt der Anteil meist unter 20 Prozent, in Oberschwaben knapp darüber.
Von Mannheim abgesehen ist in den kommenden zwanzig Jahren also landesweit mindestens jeder zweite Haushalt vom GEG auf die eine oder andere Weise betroffen. Wie positionieren sich die Parteien vor der Bundestagswahl zu diesem Thema?
(Fast) alle wollen das GEG abschaffen
Der CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz bezeichnete das GEG in der ZDF-Wahlsendung Klartext als „Verbot”; das Wahlprogramm der Union fordert, dass das „bürokratische Reinregieren in den Heizungskeller” enden müsse. Ob damit auch ein Ende für die 2023 gemeinsam mit dem GEG beschlossenen Förderungen für erneuerbare Energien beim Heizen gemeint sind, steht nicht fest. Die FDP spricht sich für Technologieoffenheit und gegen das GEG aus: „Das Heizungsgesetz mit seinen überzogenen Vorgaben muss vollständig auslaufen.” Statt Subventionen soll ein CO2-Preis dazu führen, dass Gas-, Öl- und Kohleheizungen langsam verschwinden. Auch AfD und BSW fordern eine Abschaffung des GEG und wollen keine weiteren finanziellen Förderungen für erneuerbare Heizmittel. Stattdessen solle mit Gas, etwa aus Russland, geheizt werden.
Von der gescheiterten Ampelkoalition äußert sich nur die SPD in ihrem Wahlprogramm nicht explizit zum GEG. Die Grünen wollen als Einzige daran festhalten und das Heizen mit erneuerbaren Energien noch stärker fördern als bisher.
Experten gegen neue Debatten
Ob das GEG erhalten bleibt, wird also stark auf die zukünftigen Koalitionspartner ankommen. Industrie und Handwerk kritisieren die neu entflammte Debatte. Ein Vertreter des Bundesverbands der deutschen Heizindustrie bemängelte gegenüber den Stuttgarter Nachrichten eine Verunsicherung der Verbraucher, die zu einem massiven Umsatzeinbruch bei den umweltfreundlichen Wärmepumpen geführt habe. Vertreter des Verbands Handwerk BW fordern mittlerweile einen Erhalt des Gesetzes: „So sehr wir gegen das Heizungsgesetz waren, unsere Betriebe haben sich mittlerweile darauf eingestellt“, sagte der Hauptgeschäftsführer Peter Haas im Interview mit unserer Zeitung.