Medikamente für Reisen ins Weltall
Was gehört in die Reiseapotheke eines Raumschiffs?
Auf Reisen sollte man eine gut ausgestattete mobile Apotheke dabei haben. Das gilt auch für Flüge ins Weltall, vor allem bei künftigen Langzeitmissionen wie zum Mars. Doch auch da gibt es Risiken und Nebenwirkungen.
Von Alice Lanzke (dpa)/Markus Brauer
Bis die ersten Menschen tatsächlich zum Mars fliegen, müssen noch zahlreiche Hürden überwunden werden. Über eine sehr irdische Herausforderung berichtet nun eine US-Forschergruppe: Wie diese im Fachblatt „npj Microgravity“ warnt, könnten Medikamente auf langjährigen Weltraummissionen ihre Haltbarkeit verlieren – mit entsprechenden Risiken und Nebenwirkungen.
Bordapotheke der ISS als Maßstab
Die Wissenschaftler orientierten sich in ihrer Studie an der Bord-Apotheke der Internationalen Raumstation (ISS). Sie enthält zum Beispiel Antibiotika, verschiedene Schmerzmittel, Medikamente gegen Durchfall oder Verstopfung, Hustenlöser und Allergiemittel, aber auch eine Reihe von Notfall-Medikamenten.
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Auch im Weltall haben Medikamente ein Verfallsdatum
Die Forscher gingen bei seinen Analysen davon aus, dass Raumfahrer bei einer Marsmission vermutlich ähnliche Medikamente an Bord haben würden wie die Besatzung der ISS, und nahm insgesamt 91 Mittel unter die Lupe. Dabei stellten sie fest, dass 54 der Arzneien eine Haltbarkeit von 36 Monaten oder weniger hatten.
Arzneien verlieren ihre Wirksamkeit
Bei optimistischen Schätzungen würden der Studie zufolge etwa 60 Prozent der Medikamente vor Abschluss einer Marsmission abgelaufen sein. Unter konservativeren Annahmen stieg dieser Wert auf 98 Prozent.
Das ist deswegen ein Problem, weil abgelaufene Medikamente je nach Präparat wenig oder sehr viel an Wirkung verlieren können. So rät etwa die Stiftung Warentest davon ab, abgelaufene Mittel noch zu nehmen: Zum einen könnten sich deren Wirkstoffe zersetzt haben, was insbesondere bei Notfall-Medikamenten wichtig sei. Zum anderen könnten – zumindest in sehr seltenen Fällen – bei einigen Arzneimitteln schädliche Stoffe entstehen.
Abgelaufene Medikamente weniger wirksam
Auch Daniel Buckland, Hauptautor der aktuellen Studie, erklärt in einer Mitteilung der amerikanischen Duke University School of Medicine: „Es bedeutet nicht unbedingt, dass die Medikamente nicht wirken, aber so wie man keine abgelaufenen Medikamente nehmen sollte, die zu Hause herumliegen, müssen die Raumfahrtbehörden damit rechnen, dass abgelaufene Medikamente weniger wirksam sind.“
Noch dazu sei unklar, welchen Einfluss ein langer Aufenthalt im Weltall – und hier insbesondere die im Weltraum stärkere Strahlung – auf Stabilität und Wirksamkeit von Medikamenten nehme.
Keine Arznei-Boten zum Mars
In der Studie wurde ein solcher möglicherweise beschleunigter Verfall indes nicht berücksichtigt. Stattdessen konzentrierten sich die Autoren auf die Unfähigkeit, Menschen auf einer Marsmission mit neueren Medikamenten zu versorgen. Dieses Nachschubproblem betreffe nicht nur Arzneien, sondern auch andere wichtige Vorräte wie Lebensmittel.
Wie wichtig ausreichende medizinische Vorräte bei Langzeitaufenthalten ins All werden könnten, führte ein im Fachblatt „Nature“ veröffentlichtes Studienpaket erst kürzlich vor Augen. Dieses beschrieb in mehreren Artikeln den Einfluss der Raumfahrt auf die Gesundheit von Astronauten. Zu den bekanntesten Risiken gehören Muskelschwund, Abbau der Knochenmasse, Schwächung des Immunsystems und Haltungsprobleme.
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Ältere Studien zeigten zudem, dass selbst die körperlich fitten Raumfahrer auf der ISS regelmäßig zu Medikamenten greifen müssen. „Frühere Erfahrungen und Forschungen haben gezeigt, dass Astronauten auf der Internationalen Raumstation krank werden, aber es gibt eine Echtzeit-Kommunikation mit dem Boden und eine gut ausgestattete Apotheke, die regelmäßig aufgefüllt wird, was verhindert, dass kleine Verletzungen oder leichte Krankheiten zu Problemen werden, die die Mission beeinträchtigen“, kommentiert Buckland, der im Bereich Raumfahrtmedizin forscht.
Umso wichtiger sei es, das Problem abgelaufener Medikamente schon bei der Planung von Langzeitmissionen zum Mars und darüber hinaus zu berücksichtigen. Eine Möglichkeit, so die Studie, bestehe darin, einfach mehr Mittel mitzunehmen – zumindest, um die geringere Wirksamkeit abgelaufener Arzneien zu kompensieren.
Co-Autor Thomas Diaz, Apotheker am Johns Hopkins Hospital in Baltimore, fasst zusammen: Für eine Marsmission von drei Jahren müsse man „Wege finden, das Verfallsdatum von Medikamenten zu verlängern, Medikamente mit längerer Haltbarkeit auswählen oder das erhöhte Risiko in Kauf nehmen, das mit der Einnahme abgelaufener Medikamente verbunden ist“.