Stärkste Magnete im Weltall
Was geschieht, wenn Magnetare kollabieren?
Magnetare gehören zu den Neutronensternen und sind die stärksten Magnete im Weltall. Inzwischen wissen Forscher auch, wie diese exotischen Himmelskörper entstanden sein könnten. Exkursion in die interstellare Unendlichkeit des Universums.
Von Markus Brauer
Magnetare sind extrem stark magnetische Sternleichen und bilden eine neue Klasse astronomischer Objekte, die erst vor wenigen Jahren entdeckt wurde. Ihr Magnetfeld ist rund eine Billiarde Mal stärker als das der Erde. Magnetare gehören zu den Neutronensternen und sind kollabierte Überreste ausgebrannter Riesensonnen.
Magnetare sind schnell rotierende Neutronensterne mit einem extrem starken Magnetfeld. Foto: © Nasa Goddard Space Flight Center/ Chris Smith/USRA/Gestar
Wie Magnetare entstehen
Doch wie Magnetare entstehen, ist bisher erst in Teilen geklärt. Demnach können diese stark magnetisierten Neutronensterne bei bestimmten Supernovae aus besonders massereichen Heliumsternen oder auch durch die Interaktion oder Verschmelzung von zwei Vorgängersternen entstehen.
„Magnetare entstehen zumeist durch Kernkollaps-Supernovae“, erläutern Kritti Sharma vom California Institute of Technology und ihre Kollegen. Darunter verstehen Astronomen das Ende eines großen, massereichen Sterns.
Hat er seinen nuklearen Energievorrat verbraucht, so stürzt sein Inneres – also der Kern – zusammen und es entsteht ein Schwarzes Loch oder ein Neutronenstern, während die äußere Hülle des Sterns explosionsartig ins All abgestoßen wird.
Verschmelzung von zwei Neutronensternen
Ein besonderer Fall sind Magnetare, die aus der Verschmelzung von zwei Neutronensternen hervorgehen. Diese bilden für kurze Zeit einen rasend schnell rotierenden, extrem magnetisierten Mega-Neutronenstern – einen besonders massereichen Magnetar.
Dieser ist jedoch instabil und kollabiert zum Schwarzen Loch. Meist geschieht dies innerhalb von Millisekunden. Doch es gibt auch Fälle, in denen ein solcher Magnetar länger überdauert.
Spurensuche in Magnetsphäre eines kollabierenden Magnetars
Was dann beim Kollaps eines solchen Magnetars geschieht, haben nun Elias Most vom California Institute of Technology (Caltech) in Pasadena (US-Bundesstaat Kaliforniern() und sein Kollegen erstmals rekonstruiert. Ihre Studie ist im Fachmagazin „The Astrophysical Journal Letters“ erschienen.
Wie ein Magnetar kollabiert https://t.co/xeTaZe2Nww Kollaps zum Schwarzen Loch erzeugt "Monsterschock" und Gammastrahlenausbruch #Neutronenstern#Magnetar#Kollaps#SchwarzesLoch — BrightsBlog #FBPE (@brightsblog) November 11, 2024
Dafür nutzen sie eine komplexe Simulation, die die physikalischen Vorgänge in der Magnetosphäre eines Neutronensterns mit einer Magnetfeldstärke von einer Billion Tesla erstmals im Detail abbildet. „Es ist die erste magnetohydrodynamische Simulation, die die Magnetosphäre eines kollabierenden Magnetars zeigt“, konstatieren die Astrophysiker.
Die Simulationen enthüllen: Wenn der Magnetar zum Schwarzen Loch kollabiert, wird auch sein Magnetfeld nach innen gezogen und komprimiert. Im Zentrum entsteht dabei eine Zone extremen Drucks und magnetischer Flussdichte, deren Energie sich nach außen entlädt. „Diese innere Zone katapultiert eine Druckwelle in die umgebende Magnetosphäre, die sich mit fast Lichtgeschwindigkeit ausbreitet“, berichten die Astrophysiker.
Stärkste Magnetschockwelle im Kosmos
Diese magnetische Schockwelle rast durch das Plasma des kollabierenden Magnetars und erzeugt einen eine der stärksten Magnetschockwellen im Universum, wie die Wissenschaftler schreiben. In dieser nur eine Millisekunde dauernden Phase wird die Magnetosphäre des Neutronensterns zerstört und enorme Energie freigesetzt. Ein Teil dieser Energie beschleunigt Elektronen und Positronen im Plasma und lässt sie explosionsartig nach außen rasen.
#weltraumstunde (cet) Ein Magnetar entsteht aus einem kollabierenden Stern. Die Dichte dieses Objektes ist so hoch, dass ein Teelöffel davon mehr wiegt als unser Planet Erde. Magnetare sind noch kaum erforschte, geheimnisvolle Objekte im Universum. ✨ Penn State University pic.twitter.com/839JNvnfXm — Rose of Cydonia ~~ (@RCydonia) October 11, 2020
Bei dieser Explosion kommt es zu Kollisionen zwischen den Elektronen und ihren Antiteilchen, durch die sich Materie und Antimaterie gegenseitig auslöschen. Dabei wird weitere Energie in Form von Gammastrahlung freigesetzt. „Dies erzeugt einen Gammastrahlenausbruch, der nur wenige Millisekunden anhält.“
Ereignishorizont des Schwarzen Lochs vibriert wie eine Glocke
Ebenfalls innerhalb der ersten Millisekunden bildet sich im Zentrum des explosiven Geschehens das Schwarze Loch. Wie die Simulation enthüllte, schwingt dessen Ereignishorizont durch den Kollaps noch wenige Millisekunden lang nach.
„Dieses Ring-Down legt einen Zusammenhang zu den jüngst berichteten quasiperiodischen Oszillationen in einigen Gammastrahlenausbrüchen nahe“, berichten Most und seine Kollegen.
Woher y kosmische Radioblitze stammen
Und noch ein kosmisches Phänomen könnte mit dem Kollaps von Magnetaren zusammenhängen: die Fast Radiobursts (FRB). Schnelle Radioblitze dauern nur wenige Millisekunden, können aber so viel Energie freisetzen wie die Sonne im Laufe von 10 000 Jahren. Entdeckt wurde das Phänomen erstmals im Jahr 2007.
Seitdem sorgen die plötzlichen Ausbrüche von Radiostrahlung in fernen Galaxien, die nur wenige Millisekunden andauern, für Kopfzerbrechen bei Himmelsforschern.
Astronomen vermuten schon länger, dass diese ultrakurzen, aber extrem energiereichen Radioblitze durch Magnetare verursacht werden. Die Simulation deutet nun darauf hin, dass der Kollaps dieser Sternenreste zumindest einige dieser Radioausbrüche verursacht. Ungeklärt ist allerdings noch, wie die Radioblitze es schaffen, die Plasmahülle des kollabierenden Magnetars zu durchdringen, wie Most und seine Kollegen einräumen. (, 2024; doi: 10.3847/2041-8213/ad7e1f)