Behindertentestament und Betreuung
Was muss man beachten, wenn das behinderte Kind 18 wird?
Wird das Kind 18 Jahre alt, verlieren Eltern ihr Sorgerecht. Das gilt auch, wenn dieses eine schwerwiegende Behinderung hat und nicht für sich selbst sorgen kann. Entsprechend wichtig ist, sich rechtzeitig zu kümmern.
Von Viola Volland
Der 18. Geburtstag des eigenen Kindes – für Eltern eines Kindes mit Behinderung sei das ein Riesenthema, so die Vorsitzende des Fördervereins Funk e.V., Margot Kuon, der sich für neurologisch erkrankte junge Menschen sowie deren Familien engagiert. Aus ihrer Elternarbeit weiß sie, wie belastend diese Zeit von vielen empfunden wird. Vieles habe sich in den Jahren zuvor eingespielt – und dann „kommt es noch mal richtig dicke“, weil so viele Probleme gelöst werden müssen. Von der ärztlichen Versorgung, weil das Kinderkrankenhaus nicht mehr zuständig ist, bis zum Wohnplatz.
Besonders stark nachgefragt seien bei Funk e.V. die Veranstaltungen zu den Themen rechtliche Betreuung und Behindertentestament. Die rechtliche Betreuung ist notwendig, wenn das Kind aufgrund seiner Behinderung seine Angelegenheiten nicht selbst regeln kann, obwohl es das mit dem 18. Geburtstag eigentlich selbst regeln sollte. Eltern verlieren mit der Volljährigkeit ihr Sorgerecht. Entsprechend wichtig ist es, sich frühzeitig zu kümmern. Mütter und Väter können nämlich rechtliche Betreuer ihres Kindes werden. Alternativ kann diese Aufgabe aber auch ein anderer Angehöriger übernehmen oder ein Berufsbetreuer. Achtung: Eltern müssen die rechtliche Betreuung selbst beim Betreuungsgericht beantragen. Ein formloser Antrag reicht aus. Dass sie in der Frage selbst aktiv werden müssten, wüssten viele Eltern gar nicht, berichtet Kuon.
Eltern dürfen auch als Betreuer nicht alles entscheiden
Der Betreuungsrichter entscheidet darüber, ob die Notwendigkeit einer Betreuung besteht und welche Aufgabenbereiche die Betreuung umfasst. So dürfen Eltern beispielsweise als Betreuer das Konto verwalten und die Grundsicherung beantragen, aber sie dürfen beispielsweise nicht entscheiden, dass ihr Kind sterilisiert wird. Auch eine Hochzeit können sie als Betreuer nicht verhindern, darauf weist die Caritas hin.
Ist das Kind relativ fit, kann alternativ zur Betreuung aber auch eine Vorsorgevollmacht infrage kommen. „Das muss man abwägen“, sagt Kuon. Manche schreckten vor der Betreuung zum Beispiel zurück, weil man gegenüber dem Betreuungsgericht regelmäßig Rechenschaft ablegen muss für die eigene Tätigkeit. Entscheide man sich für die Vollmacht-Variante, dürfe das Kind geschäftlich tätig sein. Das birgt natürlich je nach Menschentyp entsprechende Risiken.
Die Eltern sind „damit nicht allein“
Alle Eltern sollten sich Gedanken um das Thema Erbe machen, aber für Eltern mit Behinderung gilt das noch mal mehr. Sie sollten frühzeitig ein sogenanntes Behindertentestament aufsetzen. Damit können sie verhindern, dass nach ihrem Tod die die Eingliederungshilfe und Sozialhilfeleistungen für das Kind vom vererbten Vermögen bezahlt wird. Träger der Behindertenhilfe wie die Lebenshilfe weisen darauf hin, dass das Behindertentestament den Vorteil hat, dass der Erbe mit Behinderung über dem Sozialhilfeniveau versorgt werden kann, aber das Familienvermögen erhalten bleibt. Dies wird erreicht, indem die Eltern das Kind mit Behinderung als Vorerben bestimmen und als Nacherben zum Beispiel die eigenen nicht behinderten Kinder oder eine Stiftung. Die Eltern müssen zudem einen Testamentsvollstrecker bestimmen (am besten auch einen Ersatz, falls dieser ausfällt). Der Testamentsvollstrecker verwaltet die Erträge aus dem Erbteil und kann diese für das Kind mit Behinderung einsetzen.
Margot Kuon appelliert an Eltern, die sich überfordert fühlen mit diesen Themen, sich Hilfe bei Selbsthilfeorganisationen und Fördervereinen zu holen. Nicht jeder müsse das Rad neu erfinden. „Man ist damit nicht allein“, sagt die Vorsitzende von Funk.