Gefährliche Infektionskrankheit
Was Sie zur Diphtherie unbedingt wissen sollten
Auch wenn es ein Kind in Berlin nun erwischt hat: Es gibt nur noch wenige Fälle von Diphtherie in Deutschland – dank Impfungen. Doch die sollten regelmäßig aufgefrischt werden. Wichtige Fragen und Antworten zu der gefährlichen Infektionskrankheit.
Von Markus Brauer/dpa
Wissen Sie, wie lange Ihre letzte Impfung gegen Diphtherie her ist? Es lohnt sich, mal wieder durch den Impfpass zu blättern oder das Thema in der Hausarztpraxis anzusprechen.
Was ist über die jüngsten Diphtherie-Fälle in Deutschland bekannt?
Vor wenigen Tagen war nach Angaben des brandenburgischen Gesundheitsministerium ein Rachendiphtherie-Fall nachgewiesen worden. Der 10-jährige, ungeimpfte Junge musste nach Angaben des Landkreises Havelland intensivmedizinisch behandelt werden. Er wurde invasiv beatmet. Laut Medienberichten soll das Kind in der Berliner Charité betreut worden sein. Durch eine Kontaktnachverfolgung durch das Gesundheitsamt im Havelland wurde wenig später die Krankheit bei einem weiteren Menschen aus dem familiären Umkreis des Kindes festgestellt. Aufgrund eines Impfschutzes habe die Person allerdings nur einen leichten Erkrankungsverlauf und sei bereits wieder negativ getestet worden, erklärte eine Sprecherin des Landkreises.
Was ist Diphterie?
Die Diphterie ist eine durch Bakterien verursachte lebensbedrohliche Infektionskrankheit. Hauptübertragungsweg ist die sogenannte Tröpfcheninfektion, bei der die gefährlichen Bakterien über die Atemluft von Mensch zu Mensch übertragen werden. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zur Rötung des Rachens und dem Anschwellen der Mandeln. Eindeutige Symptome sind festhaftende grau-weiße Beläge auf den Mandeln.
Welcher Arten unterscheidet man?
Erkrankte Menschen können, im Fall einer Hautdiphterie, Wunden auf der Haut oder, im Fall einerRachendiphterie (pharyngealen Diphtherie), einen entzündeten Nasen-Rachen-Raum haben. Symptome einer Rachendiphtherie umfassen laut Robert Koch-Institut (RKI) unter anderem Halsschmerzen, Fieber, pfeifende Geräusche beim Einatmen, Schwellungen der Halslymphknoten, später kann eine Mandelentzündung auftreten.
Wie häufig ist Diphtherie heute in Deutschland?
In Deutschland tritt Diphtherie nur selten auf. In diesem Jahr gab es dem Robert Koch-Institut zufolge hierzulande bisher 37 bestätigte Fälle. Dass die Krankheit so selten auftritt, hat damit zu tun, dass der Großteil der Menschen dagegen geimpft ist. Doch mit der Zeit lässt der Schutz nach, daher sind Auffrischungen wichtig. Lässt man sich impfen, bildet der Körper Antikörper gegen das Diphtherie-Toxin - die Krankheit kann nicht ausbrechen.
Wie gefährlich war Diphtherie früher?
Einst war die Diphtherie als „Würgeengel der Kinder“ bekannt. 1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 20 Jahre lang galt die Krankheit in Deutschland sogar fast als ausgerottet.
Welche Rolle spielte Emil Behring im Kampf gegen Diphtherie?
Der Berliner Medizin Pionier Emil Bering (1854-1917) suchte nach einem Mittel, das zum einen Diphtherie- Erkrankte heilen konnte, zum anderen bei Gesunden einer Ansteckung vorbeugte. Er experimentierte an Ratten, Meerschweinchen, Kaninchen und Schafen. Dafür infizierte er die Tiere mit geringen Mengen des Gifts und gewann aus ihrem Blut ein Serum, das kranke Tiere heilte und gesunde immun machte. Der Durchbruch kam, als es Behring gelang, Antikörper in Pferdeblut heranzuzüchten und das Serum bei Menschen anzuwenden. 1894 begann die Serienproduktion, 1904 gründete Behring seine eigene Fabrik in Marburg, wo er auch als Professor an der Universität lehrte.
Was hat Paul Ehrlich dazu beigetragen?
Zwar war es Behring, der die Heilseren austüftelte, die Hunderttausenden das Leben retteten. Aber ohne Paul Ehrlichs (1854-1915) Hilfe wäre die Serienreife nie gelungen. Denn erst der Behring in spannungsreicher Freundschaft verbundene Ehrlich erfand eine Methode, die Konzentration des Wirkstoffs zu bestimmen und das Medikament zu standardisieren. Den Nobelpreis bekam Ehrlich 1908 für diese Hilfestellung für Behring – der 1901 als Erster überhaupt mit dem Medizinnobelpreis ausgezeichnet wurde – nicht für seine wichtigste Arbeit, das 1910 eingeführte Syphilis-Mittel „Salvarsan“.
Was geschieht, wenn Diphtherie zu spät erkannt wird?
Wird die Diphtherie zu spät erkannt, kann es zu Organversagen bei Niere, Leber oder Herz kommen. Auch eine Nervenlähmung mit Todesfolge ist typisch für den Verlauf der Infektion. Grund für diese schweren Auswirkungen ist ein Giftstoff (Toxin), der über das Blut in die Organe transportiert wird. Die Erkrankung kann tödlich enden.
Was gilt für Kinder?
Den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) zufolge sollten sie eine Grundimmunisierung bekommen, die aus drei Impfungen besteht.
- Die erste Impfung ist demnach im Alter von zwei Monaten dran.
- Die zweite Impfung erfolgt mit vier Monaten.
- Die dritte Impfung steht mit elf Monaten an.
- Zwischen der zweiten und dritten Impfung sollten mindestens sechs Monate liegen.
- Frühgeborene bekommen übrigens noch einen Piks mehr – und zwar, wenn sie drei Monate alt sind.
Welcher Impfstoff wird verwendet?
- Bei der Grundimmunisierung wird ein Sechsfach-Impfstoff eingesetzt, der auch vor anderen Erkrankungen schützt. Genauer gesagt: vor Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und Hib.
- Auch für Kinder sind Auffrischungen schon ein Thema. Die erste ist der Stiko-Empfehlung zufolge im Alter von fünf bis sechs Jahren dran, eine zweite im Alter von neun bis 16 Jahren.
Was gilt für Erwachsene?
- Das kann man sich leicht merken: alle 10 Jahre. In der Regel wird der Piks als Kombinationsimpfung verabreicht, die auch den Tetanus-Schutz auffrischt.
- Einmalig sollte die Auffrischung der Stiko-Empfehlung zufolge mit einem Kombi-Impfstoff durchgeführt werden, der auch vor Keuchhusten schützt. Hat man diese Keuchhusten-Auffrischung noch nicht bekommen, sollte sie zusammen mit der nächsten Diphtherie-Auffrischung verabreicht werden.
Kann man die Grundimmunisierung nachholen?
Ja, das geht. Und die Stiko rät auch dazu. Auch hier sind drei Impfungen fällig: Vier bis acht Wochen nach dem ersten Piks ist der zweite dran. Sechs bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung folgt dann die dritte.
Gerade vor Reisen lohnt es sich, den Diphtherie-Impfschutz noch einmal zu checken. Denn in vielen Ländern Afrikas, des Südpazifiks und Osteuropas ist Diphtherie endemisch, tritt also regelmäßig auf. Plant man, in diese Regionen zu reisen, sollte man frühestens nach der zweiten Impfstoffdosis tun.