Wärmewende in Baden-Württemberg

Wasserstoff zum Heizen – Umwelthilfe wirft Netze Südwest Lüge vor

Die Netze Südwest bewirbt Heizen mit Wasserstoff als künftige Alternative zum Heizen mit fossilem Erdgas. Die Umwelthilfe warnt vor einer Kostenfalle für Verbraucher.

Heizen mit Wasserstoff – das ist ein umstrittenes und oft hitzig diskutiertes Thema innerhalb der Energiewende.

© imago/Wolfilser

Heizen mit Wasserstoff – das ist ein umstrittenes und oft hitzig diskutiertes Thema innerhalb der Energiewende.

Von Jonas Schöll

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft dem Gas-Verteilnetzbetreiber Netze Gesellschaft Südwest vor, Verbraucher mit einem falschen Werbeversprechen zum Heizen mit Wasserstoff in die Irre zu führen. Konkret geht es um Wurfblätter, auf denen das Unternehmen mit Sitz in Ettlingen bei Karlsruhe damit wirbt, dass in Baden-Württemberg ab 2030 „enorme“ Mengen Wasserstoff verfügbar sind. Für Privathaushalte biete die Nutzung von wasserstofffähigen Gasheizungen einen günstigen Weg in die Klimaneutralität, informiert das Unternehmen, das Gasnetze in einer Länge von fast 2000 Kilometern in Nordbaden, Oberschwaben und auf der Schwäbischen Alb betreibt.

Die Umwelthilfe allerdings bestreitet das – und fordert Unterlassung von der Netze Südwest. Verbraucher sollten sich nicht blenden lassen, warnt DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Er begründet: „Aktuelle Prognosen zeigen: Der versprochene Wasserstoff wird 2030 nicht in den versprochenen Mengen zur Verfügung stehen.“ Zum einen verlaufe der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft deutlich langsamer als angepriesen. Zum anderen seien heute verbaute Gasthermen überhaupt nicht geeignet für den reinen Wasserstoffbetrieb, sondern lediglich für eine Beimischung.

Wissenschaftler: Wasserstoff zum Heizen zu teuer

Zwar ist sogenannter grüner Wasserstoff aus erneuerbaren Energiequellen tatsächlich klimaneutral – aber damit zu heizen dürfte teuer werden und auch in Zukunft die Ausnahme sein, darin sind die meisten Wissenschaftler einig. Für DUH-Chef Resch ist es Greenwashing, wenn die Gasbranche das Heizen mit Wasserstoff verspricht. Damit würden Verbraucher verleitet auf Gasheizungen zu setzen, obwohl das Gas für die Heizkostensteigerungen der letzten Jahre verantwortlich sei.

„Mit dieser dreisten Wasserstoff-Lüge verschleppt das Unternehmen die Wärmewende in der Region und treibt Verbraucherinnen und Verbraucher in eine regelrechte Kostenfalle“, warnt Resch. Für die Gebäudeheizung sei Wasserstoff auf absehbare Zeit die teuerste aller Optionen. Klimafreundliche und günstigere Lösungen wie die Wärmepumpe stünden dagegen sofort zur Verfügung.

So reagiert die Netze Gesellschaft Südwest auf die Vorwürfe

Man prüfe den Hinweis der Deutschen Umwelthilfe mit gebotener Sorgfalt, sagt ein Sprecher der Netze Gesellschaft Südwest auf Anfrage. Grundsätzlich betrachtet das Unternehmen das Verwenden von Wasserstoff in der Heizwende als valide Option. „Die Netze Südwest betreibt ein Verteilnetz, bei dem alle Rohrleitungen bereits heute zu 100 Prozent H2-ready sind“, sagt der Sprecher. Diese Erdgasheizungen sind auf gut Deutsch „bereit für Wasserstoff.“ Lediglich bestimmte Einbauteile und Komponenten wie Dichtungen oder Armaturen müssten teilweise ausgetauscht werden, versichert er.

Die Netze Gesellschaft verweist auf die im Bau befindliche Süddeutsche Erdgasleitung (SEL), die als erste Wasserstoff-Pipeline in Baden-Württemberg mit Anbindung an europäische Transportrouten ab 2030 Wasserstoff transportieren soll. „Die Umstellung unserer Netze auf Wasserstoff hängt davon ab, wann über das H2-Kernnetz Wasserstoff in unser Verteilnetz geliefert wird“, so der Netze-Südwest-Sprecher.

Wo Wasserstoff künftig gebraucht wird

Der Gas-Verteilnetzbetreiber bekenne sich zur anvisierten Klimaneutralität im Jahr 2040 in Baden-Württemberg. Die Klimaziele seien aber nur mit einer Abkehr aus fossilem Gas greifbar. „Für den Ausstieg bedarf es einer Transformation der Gasverteilnetze hin zu einer Grüne-Gase- und Wasserstoffinfrastruktur“, so der Netze-Südwest-Sprecher.

Wasserstoff wird in absehbarer Zeit vor allem dort gebraucht, wo es keine oder kaum klimafreundliche Alternativen gibt. CO2 -neutral erzeugt, soll das Zukunftsgas etwa in Gaskraftwerken Strom erzeugen, wenn nicht genug Wind- und Sonnenstrom zur Verfügung steht. In Hochöfen zur Stahlherstellung soll Wasserstoff anstelle von Koks zum Einsatz kommen und so riesige Mengen Kohlendioxid vermeiden.

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Erstellt:
6. März 2025, 12:34 Uhr

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