Mallorca
Wegen "Strandsterben": Künftig weniger Liegen am Ballermann
Die Strände werden auf Mallorca immer kleiner. Das Rathaus in Palma reagiert und kündigt Maßnahmen an. Auch andere spanische Regionen kämpfen mit dem Problem.
Von Von Emilio Rappold, dpa
Palma/Barcelona - Wegen des Phänomens des "Strandsterbens" soll es auf Mallorca künftig weniger Sonnenliegen und -schirme zur Miete geben. Die Gemeinde Palma, zu der auch der Badeort S'Arenal mit dem sogenannten Ballermann gehört, plant ab kommendem Sommer eine entsprechende Reduzierung an den fünf Stränden ihres Gebiets. In den betroffenen Gebieten stehen auch stark bebaute Küsten und der Klimawandel am Pranger.
Touristen und Einheimische beklagen "Überbelegung" der Strände
Der Rückgang der Sandflächen habe zu einer Überbelegung geführt, die von Touristen und Einheimischen bemängelt werde, wurde die Stadträtin Mercedes Celeste von der Regionalzeitung "Diario de Mallorca" und dem spanischen Radiosender "Cadena Ser" zitiert.
Die aktuellen Lizenzen für Vermieter seien vor Jahrzehnten ausgearbeitet worden, zu einer Zeit, als die Strände in Palma größer gewesen seien, betonte die in Palma unter anderem für Inneres und Finanzen zuständige Politikerin, die auch Sprecherin des Rathauses ist. "Wir haben heute eine völlig andere Küstenlinie als vor 10, 20 oder 30 Jahren", sagte sie. Es gebe einfach "weniger Sand als früher".
Das Rathaus arbeitet nach Angaben von Celeste bereits an neuen Ausschreibungen "auf Grundlage der aktuellen Küstenlinie". Man werde in Zusammenarbeit mit anderen Behörden und Institutionen nicht nur das Problem der Überbelegung lösen, sondern auch andere beheben. Unter anderem wolle man bessere Strandzugänge errichten.
Bauwut und Klimawandel am Pranger
Mit dem Problem schwindender Strände kämpft nicht nur Palma. Das Phänomen des "Strandsterbens" ist auch andernorts zu beobachten. Experten sehen eine Ursache darin, dass Küsten direkt bis zum Strand bebaut wurden. Schützende Dünen gibt es oft nicht mehr. An einer natürlich gebliebenen Uferlinie würde der Strand einfach langsam landeinwärts wandern - was nicht möglich ist, wenn er bis nah ans Meer bebaut wurde.
"Natürlich gebliebene Strände können sich leicht an den Klimawandel anpassen, da sie fähig sind, sich bei steigendem Meeresspiegel zurückzuziehen und zu erhöhen", sagt Francesca Ribas von der Universitat Politècnica de Catalunya in Barcelona. Wenn sich der Strand aber wegen des vielen Betons nicht verschieben könne, verschwinde er.
Dass Dünen zu Promenaden umgewandelt wurden, sei ein großes Problem, erklärt die Expertin für Küstendynamik. Die Anpassungsfähigkeit der Strände werde eingeschränkt, das Risiko von Überschwemmungen bei Stürmen erheblich erhöht. Auch Staudämme an Flüssen in Küstennähe sowie der Bau von Sport-Häfen und anderer Infrastruktur nahe der Küsten förderten die Erosion.
Düstere Prognose
Auch in anderen Küstengegenden etwa in Kalifornien und in Florida, in der Türkei, in Brasilien und an der Goldküste in Australien schwindet der Strand. Ein Faktor ist dabei der Klimawandel. Unter den von Klimawandel und Anstieg des Meeresspiegels geprägten Bedingungen könnte "die Hälfte der weltweiten Sandstrände bis zum Ende des Jahrhunderts verschwunden sein", hieß es in einer in der Fachzeitschrift "Nature Climate Change" vorgestellten Studie.
Die Stadt Barcelona schätzt, dass dort jedes Jahr 30.000 Kubikmeter Sand weggespült werden. Das seien über zehn Prozent des Gesamtbestandes. Ribas ist aufgrund ihrer Tätigkeit bestens informiert, aber auch sie erlebt als Strandgängerin unangenehme Überraschungen: "Ich war erst vor wenigen Jahren total überrascht, als ich an einigen Stränden im Llobregat-Delta südlich von Barcelona, die bis dahin keine Probleme mit Erosion gehabt hatten, eine gewaltige Rückbildung bemerkte."
Unpopuläre Maßnahmen sind nötig
Ribas sieht nur einen wirklichen Ausweg: "Wir müssen dem Meer das zurückgeben, was wir ihm gestohlen haben." Das Zauberwort laute Renaturierung. "Man muss die ursprünglichen Dünensysteme wiederherstellen und wenn nötig Strandpromenaden abbauen und weiter hinten wieder errichten, auch wenn diese Maßnahmen unpopulär sein mögen", fordert sie.