Nachts gibt es Partys im Katzenhotel in Weissach

In der Katzenpension Reiss in Weissach im Tal ist in den Sommerferien unglaublich viel los. Während ihre Besitzer in den Urlaub fahren, bleiben die Tiere oft mehrere Wochen in der Pension. Hier wird es nie langweilig, wenn die unterschiedlichen Tiere mit ihren Eigenheiten aufeinandertreffen.

Christina Reiss leitet die Katzenpension seit zwei Jahren. Im Gartenzimmer können die Tiere auch in einem eingezäunten Bereich nach draußen. Überall gibt es viele Kletter- und Versteckmöglichkeiten. Fotos: Alexander Becher

© Alexander Becher

Christina Reiss leitet die Katzenpension seit zwei Jahren. Im Gartenzimmer können die Tiere auch in einem eingezäunten Bereich nach draußen. Überall gibt es viele Kletter- und Versteckmöglichkeiten. Fotos: Alexander Becher

Von Kristin Doberer

Weissach im Tal. Betritt man in Unterweissach die Katzenpension Reiss, wird man sofort von mehreren großen, gelblichen Augenpaaren begrüßt. Die neugierigsten Pensionsgäste übernehmen nicht nur die Begrüßung an der Tür, sie nehmen die Besucher auch ganz genau unter die Lupe, da wird Kleidung beschnuppert und Taschen werden inspiziert. „Das ist unser Kontrolleur“, sagt Christina Reiss, die Betreiberin der Katzenpension, lachend und zeigt auf einen schwarzen Kater. „Der passt genau auf, dass wir hier alles richtig machen, und kontrolliert auch immer unsere Arbeit.“

Dass sich insgesamt etwa 30 Katzen in den beiden Zimmern der Pension sowie dem gut eingezäunten Garten aufhalten, das kann man kaum glauben. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkt man sie in all ihren Verstecken. Zum Beispiel die getigerte Katze, die von ganz oben im hintersten Eck alles aufmerksam beobachtet. Oder die schüchterne helle Katze, die sich hinter einer herabhängenden Decke versteckt und von der nur die Spitzen der Schnurrhaare zu sehen sind.

Manche Katzen wollen einfach ihre Ruhe haben.

© Alexander Becher

Manche Katzen wollen einfach ihre Ruhe haben.

Eine andere sitzt sogar in einem Käfig und faucht, sobald sich andere Tiere ihrem Körbchen nähern. „Die Katzen reagieren alle unterschiedlich. Manchen gefällt es hier sogar, andere wollen einfach ihre Ruhe haben.“ Dass in der Katzenpension in Unterweissach gerade aber doch so einige Tiere untergebracht sind, das wird spätestens am Morgen deutlich: „Da sieht es hier aus wie nach einer Studentenparty. Und das jede Nacht“, sagt Reiss. Nicht nur werden die Spielzeuge, Betten und Schüsseln überall verteilt, auch hinterlassen gerade die Langhaarkatzen mehrere ausgespuckte Fellhaufen, einmal lag sogar eine geköpfte Maus herum. „Morgens leisten wir erst mal Schadensbegrenzung“, berichtet Reiss.

Morgens geht es los mit Aufräumarbeiten und der „Raubtierfütterung“

Um 8 Uhr geht der Tag in der Pension los. Zunächst wird Trockenfutter verteilt, damit keiner hungrig ist, während die Mitarbeiter das Chaos der vergangenen Nacht beseitigen und putzen. Dann wird auch Nassfutter zum Frühstück verteilt. Die Geschmäcker der sensiblen Tiere gehen dabei weit auseinander. „Ich frage die Besitzer immer vorher. Da gibt es welche, die das absolute Gourmetkatzenfutter wollen, und andere, die das McDonalds unter den Marken füttern. Ich versuche immer, von allem etwas dazuhaben.“

Trotz des Angebots bleiben so einige Schüsseln manchmal voll. Gerade in den ersten Tagen vergehe manchen Katzen richtig der Appetit. „Die brauchen mindestens ein bis zwei Tage Eingewöhnungszeit“, sagt Reiss. Deshalb nehme sie eigentlich auch keine Gäste, die unter drei Tagen bei ihr bleiben sollen, meist sind es etwa zwei Wochen. Aber auch Langzeitgäste hat sie manchmal. Zum Beispiel eine graue Britisch-Kurzhaar-Katze, die schon seit Mai in der Pension ist, weil ihre Besitzer zu Hause sanieren. „Es gibt auch immer wieder Schicksalsschläge, sodass die Katze länger bleiben muss“, erzählt Reiss. Dazu gehören auch Krankenhausaufenthalte der Besitzer oder eine plötzliche Pflegebedürftigkeit.

Die Katzen in der Katzenpension reagieren alle unterschiedlich.

© Alexander Becher

Die Katzen in der Katzenpension reagieren alle unterschiedlich.

Nach der „Raubtierfütterung“, wie Christina Reiss das Frühstück nennt, geht in der Pension die An- und Abreise los. Die ist nämlich nur zu festgelegten Zeiten vormittags oder am Abend möglich. An Sonn- und Feiertagen allerdings gar nicht. „Natürlich sind wir jeden Tag hier, aber es tut den Katzen gut, wenn auch mal etwas Ruhe einkehrt.“ Zwischendurch müssen die zahlreichen Katzenklos mindestens dreimal pro Tag gereinigt werden, zum Teil benötigen Tiere Medikamente und natürlich muss ausreichend Zeit für Spiel- oder Kuscheleinheiten eingeplant werden – sofern den anspruchsvollen Gästen danach ist.

Dazu kommt noch einiges an Büroarbeit. Und auch noch die Kommunikation mit den Besitzern, die regelmäßig Bilder und Updates von ihren Lieblingen wollen. „Besonders beim ersten Besuch ist das oft, wie wenn Eltern ihre Kinder zum ersten Mal in der Kita abgeben. Das ist schon ein Vollzeitjob“, sagt Reiss, die seit der Geburt ihres Kindes noch eine Teilzeitkraft und drei Minijobber beschäftigt.

Die Räume wurde katzengerecht umgebaut

Seit knapp zwei Jahren leitet Christina Reiss nun die Katzenpension in Unterweissach. Zuvor hatte ihre Schwiegermutter Rita Reiss die Pension rund 17 Jahre lang geführt. Damit in den Geschäftsräumen in Unterweissach alles katzengerecht ist, musste umgebaut werden: Die Wände sind nun voller Bretter in unterschiedlichen Höhen als Klettermöglichkeiten, mitten in den Räumen stehen teils riesige Kratzbäume in den unterschiedlichsten Ausführungen.

„Auch wenn es zum Putzen nicht so toll ist, ist es wichtig, dass der Raum möglichst verwinkelt ist“, erklärt Christina Reiss. „Es braucht viele Versteckmöglichkeiten und immer mehrere Fluchtwege für die Katze.“ Das sei auch mit ein Grund, warum es trotz der vielen Katzen auf engem Raum recht friedlich zugeht. „Sie können sich gut aus dem Weg gehen“, sagt sie. Außerdem habe hier keine Katze ihr eigenes Revier, das sie verteidigen muss, zu Streit komme es deshalb kaum.

Jedes Tier bringt seine eigenen Persönlichkeit mit

Langweilig wird es trotzdem nie. Schließlich sind nicht nur die verschiedensten Rassen zu Gast – von Nacktkatzen über besondere Rassekatzen bis zu den wilderen Bengalen –, auch bringt jedes Tier seine ganz eigene Persönlichkeit mit. Da gibt es die Schmusekatzen, die verspielten und wilderen oder eben die schüchternen. Von allen kennen die Mitarbeiter die Namen und Verhaltensweisen, viele von ihnen sind Stammgäste, die immer wieder kommen.

Dabei ist die Betreuung nicht ganz billig. Ein Platz im sogenannten Wohnzimmer kostet zwölf Euro pro Tag, einer im Gartenzimmer kostet 14 Euro. Trotzdem ist die Pension vor allem in den Ferien schon Monate vorher ausgebucht. „Gerade seit Corona ist die Nachfrage sehr groß, es gibt viele neue Katzenbesitzer“, sagt Reiss. Gleichzeitig haben andere Pensionen in der Region geschlossen und auch das Aufpassen durch Nachbarn gebe es nicht mehr so oft wie früher. „Viele wollen das den Nachbarn keine zwei Wochen lang zumuten. Und manchmal ist es auch besser, weil die sich mit Katzen vielleicht nicht so gut auskennen und zu spät sehen, wenn etwas nicht stimmt.“

In der Pension geht man mit den Tieren auch zum Tierarzt, sollten sie erkranken

In der Pension kenne man aber das Verhalten der kleinen Stammkunden, sei aufmerksam und gehe mit den Tieren auch zum Tierarzt, sollten sie erkranken, was durch den Kontakt mit den vielen anderen Katzen in der Pension auch immer wieder mal vorkommt. Um sich noch besser auf die Tiere einstellen zu können, hat Reiss, die eigentlich aus der Küchenbranche kommt, außerdem ein Fernstudium zu Katzenpsychologie absolviert.

Für die Menschen endet der Tag im Katzenhotel dann gegen 23 Uhr, wenn die Tiere aus dem Garten hereingebracht werden und es noch eine letzte Leckerlirunde gibt. Für die nachtaktiven Samtpfoten geht die Party dann aber erst richtig los.

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Erstellt:
8. August 2023, 11:00 Uhr

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