Weiterer Integrationsmanager angestellt
Stadt zahlt dem Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang drei Jahre lang jährlich 80000 Euro für die Beratung von Flüchtlingen

© Edgar Layher
„Die Ausgabe gilt für drei Jahre. Und der Scherbenhaufen wird größer, wenn wir es jetzt nicht machen.“ Frank Nopper, Oberbürgermeister Backnang
Von Matthias Nothstein
BACKNANG. Die Beratung und Begleitung von Flüchtlingen wird ausgebaut. Die Stadt bezahlt für die nächsten drei Jahre einen weiteren Integrationsmanager. Angestellt ist dieser beim Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang, der dafür jährlich 80000 Euro erhalten wird. In der gemeinsamen Sitzung der Ausschüsse Technik und Umwelt sowie Verwaltung und Finanzen segneten die Stadträte dies bei vier Enthaltungen der BfB-Räte ab.
Unlängst war die Begleitung der Flüchtlinge bereits Thema im Sozialausschuss des Gemeinderats. Damals hatten Benjamin Wurst, der als Integrationsmanager beim Verein Kinder- und Jugendhilfe angestellt ist, und dessen pädagogischer Leiter, Thomas Brändle, eine Zwischenbilanz gezogen. Und diese Bilanz fiel durchweg positiv aus. Benjamin Wurst hilft zusammen mit seiner Kollegin Sandra Amofah seit vergangenem November den derzeit 152 Bewohnern der städtischen Flüchtlingsunterkunft Hohenheimer Straße, in Deutschland Fuß zu fassen. Bislang allerdings ausschließlich den Flüchtlingen in eben diesem Heim. Aufgrund der positiven Erfahrungen möchte die Stadtverwaltung das Beratungs- und Begleitungsangebot nun auch auf die anderen städtischen Flüchtlingsunterkünfte ausdehnen.
Während die meisten Ausschussmitglieder den Beschluss mittragen konnten, machte Eric Bachert vom Bürgerforum Backnang (BfB) mit einem süffisanten Fragenkatalog deutlich, dass er wenig von der Hilfe hält. So fragte er unter anderem: „Wie verhindern Sie, dass das Leben junger Mädchen von religiöser Prüderie und durch rigide Rollenbilder erschwert wird? Wie verhindern Sie, dass die Jungen zu Paschas erzogen werden, ohne jegliche Disziplin und Kritikfähigkeit? Wie erreichen Sie, dass sich die Eltern für die Schulleistungen ihrer Kinder interessieren, und diese nicht durch den Parallelbesuch von Islamschulen konterkarieren? Und wie verhindern Sie, dass zu Hause der Konsum von Medien des Herkunftslandes unterbleibt, und stattdessen unsere wunderbaren öffentlich-rechtlichen Qualitätsmedien konsumiert werden?“ Bachert kritisierte des Weiteren, dass vor allem „die alleinreisenden jungen Männer, die ja vielmehr Glücksritter als Flüchtlinge sind, so gut wie gar nicht erreichbar sind“. Er forderte ferner von der Verwaltung eine Übersicht, wie viele abgelehnte Asylbewerber in Backnang in der Anschlussunterbringung leben. Auch wollte er wissen, ob auch jene eine soziale Beratung erhalten sollen, die ohne Aufenthaltsberechtigung und ohne Perspektive vor Ort untergebracht sind. Bachert kündigte an, dass die BfB der Ausgabe von einer weiteren Viertel Million Euro nicht zustimmen werde.
Oberbürgermeister Frank Nopper erklärte, „das Thema berührt ganz viele Menschen“. Auf der anderen Seite sprenge die Thematik jedoch den Rahmen des vorliegenden Tagesordnungspunktes, „da brauchen wir eine eigene Sitzung dafür“. Er bot Bachert und der BfB-Liste an, das komplexe Thema Integration in einer der nächsten Sitzungen als eigenen Tagesordnungspunkt zu behandeln. Nopper räumte die Ausgabe von 240000 Euro zwar ein, „aber das ist auf drei Jahre verteilt und der Scherbenhaufen wird größer, wenn wir es jetzt nicht machen“.
Um von vornherein den Verdacht zu verhindern, dass die neue Stelle dem Verein Kinder- und Jugendhilfe zugeschachert wurde, bat Willy Härtner von den Grünen die Verwaltung, sie möge nochmals das Auswahlverfahren für den freien Träger erläutern. Ein Wunsch, der auch von Bachert geäußert wurde. Regine Wüllenweber, Leiterin des Amts für Familie, Jugend und Bildung, führte daher aus, dass die Vergabesumme unter dem EU-Schwellenwert liege, weshalb eine europaweite Ausschreibung nicht erforderlich war. So wurden die einschlägigen regionalen Anbieter um ein Angebot erfragt. „Außer vom Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang wurde keine weitere Interessensbekundung vorgelegt.“ So wurde der bereits im Bereich Integrationsmanagement tätige Verein beauftragt. Wüllenweber erklärt ferner, dass die Stadt durch die Erweiterung des bereits bestehenden Vertrages mit dem Verein umfangreiche Synergieeffekte erwarte.
Lutz Heidebrecht, Flüchtlingskoordinator der Stadt, lobte die Arbeit der sehr kompetenten Integrationsmanager und erklärte, er sei sehr froh über deren Engagement. Gleichzeitig würdigte er jedoch auch die Arbeit der über 150 Ehrenamtlichen, die in der Stadt bei der Flüchtlingsbetreuung mithelfen würden, „ohne die ging es nicht“.
Zahl der Asylbewerber steigt in der Stadt auf über 660 Info Im gesamten Stadtgebiet wohnen derzeit rund 440 geflüchtete Menschen, und die Stadt erwartet im Laufe des Jahres eine Zuweisung des Kreises von weiteren insgesamt 181 Asylbewerbern. Und die Prognose für 2019: Nochmals 40 bis 60 Personen. Die Stelle wurde ausgeschrieben. Den Zuschlag erhielt der Verein Kinder- und Jugendhilfe. Der Beschluss lautet: Die Verwaltung wird ermächtigt, den Verein Kinder- und Jugendhilfe Backnang als freien Träger mit dem zentralen Integrationsmanagement, zunächst befristet auf drei Jahre, beginnend zum 1. Juli 2018, mit einem jährlichen Kostensatz in Höhe von maximal 80000 Euro direkt zu beauftragen und hierüber einen Vertrag abzuschließen. Es wird ein Förderantrag gestellt, da die Möglichkeit besteht, dass die Stelle über den Pakt für Integration vom Land mit jährlich 64000 Euro unterstützt wird. Bewilligung und Zuschusshöhe sind noch offen. Mit dem zentralen Integrationsmanagement soll die Sozialbetreuung von Geflüchteten im gesamten Stadtgebiet außerhalb der Unterkunft an der Hohenheimer Straße gewährleistet werden. Dies beinhaltet das Integrationsmanagement mit einem Stellenumfang von 100 Prozent sowie die Vertretungszeiten und unterstützende Verwaltungsleistungen. Sofern die Aufgaben des zentralen Integrationsmanagements die Stadt selbst anbieten würde, würden rund 1,4 Personalstellen anfallen.