Koalitionen nach der Bundestagswahl

Welche Koalitionen sind nach der Wahl möglich?

Am Sonntag wählen die Deutschen einen neuen Bundestag. Doch die Regierungsbildung könnte schwierig werden. Offen ist zum Beispiel, ob es überhaupt für eine Zweierkoalition reicht.

Kanzlerkandidaten Merz, Scholz und Habeck (v. re.): Noch Gegner, bald schon Koalitionspartner?

© AFP/ODD ANDERSEN

Kanzlerkandidaten Merz, Scholz und Habeck (v. re.): Noch Gegner, bald schon Koalitionspartner?

Von Tobias Heimbach

Auftritte auf Marktplätzen, die letzten TV-Debatten: Die Parteien sind im Endspurt des Bundestagswahlkampfes. Doch längst schauen viele darauf, was nach der Wahl kommen könnte. Welche Regierungskonstellationen sind denkbar? Eine Übersicht über mögliche Bündnisse.

Klappt es mit einer Mehrheit für Schwarz-Rot oder Schwarz-Grün?

Aller Voraussicht nach wird die Union die Bundestagswahl gewinnen. Allein wird sie nicht regieren können, eine Zusammenarbeit mit der AfD hat Kanzlerkandidat Friedrich Merz (CDU) ausgeschlossen. So blieben derzeit zwei Koalitionspartner. Merz verriet bereits, mit wem er sich ein Bündnis vorstellen kann. „Möglicherweise die Sozialdemokraten, möglicherweise die Grünen“, sagte Merz im RTL/ntv-Quadrell.

Aus seiner bevorzugten Ausgangslage machte Merz kein Geheimnis. „Ich möchte strategisch erreichen, dass wir mindestens zwei Optionen haben und nur eine brauchen“, sagte er in dieser Woche. Wenn zwei Parteien darum konkurrieren, der nächste Koalitionspartner zu sein, kann die Union sie in Verhandlungen gegeneinander ausspielen, so das Kalkül dahinter. Sozialdemokraten oder Grüne müssten wohl größere Zugeständnisse machen. Derzeit liegt die SPD in Umfragen vor den Grünen. Wenn ein Zweibündnis nur mit der SPD rechnerisch eine Mehrheit hätte, würde das die Verhandlungsposition der Sozialdemokraten stärken. Eine schwarz-grüne Koalition gilt auch als weniger wahrscheinlich, weil Union und Grüne in vielen wichtigen Fragen über Kreuz liegen. Außerdem hat die CSU eine Koalition mit den Grünen ausgeschlossen. Unklar ist allerdings, ob ein Zweierbündnis im nächsten Bundestag überhaupt eine Mehrheit hat.

Muss nach der Wahl eine Dreierkoalition regieren?

Ein von vielen in der Union gefürchtetes Szenario wäre es, wenn es für keine Zweierkoalition reicht. Die Chance dafür steigt, wenn mehrere der kleinen Parteien in den Bundestag einziehen. Aktuell liegt das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Umfragen bei rund vier Prozent. Die FDP liegt zwischen vier und fünf, die Linke bei sechs bis sieben Prozent. Doch diese Werte liegen im Bereich der „Schwankungsbreite“. Sollten zwei oder gar alle drei kleinen Parteien in den Bundestag kommen, reicht es nach gegenwärtigen Prognosen weder für Schwarz-Grün noch für Schwarz-Rot.

Wenn die FDP in den Bundestag einzieht und eine Zweierkoalition keine Mehrheit hat, dann erscheint eine „Deutschlandkoalition“ (Union, SPD und FDP) am wahrscheinlichsten. Rechnerisch möglich wäre dann auch eine Kenia-Koalition (Union, SPD und Grünen). Eine solche Koalition mit zwei linken Parteien gilt in der Union jedoch als Albtraum. Ausgeschlossen scheint eine Jamaika-Koalition (Union, Grüne, FDP). Denn neben der CSU hat auch die FDP ausgeschlossen, mit den Grünen zu koalieren.

Die notorisch zerstrittene Ampel-Koalition hat gezeigt, dass es schwieriger ist, in Dreierkonstellationen zu regieren. Hinzu kommt: Genau genommen hätte ein Dreierbündnis sogar vier Partner: CDU, CSU, SPD und FDP (oder die Grünen).

Welche Machtperspektive gibt es für Olaf Scholz?

Blickt man auf die aktuellen Umfragewerte: keine. Um Anspruch auf das Kanzleramt zu erheben, müsste die SPD vor der Union liegen, doch die erreicht in den Prognosen doppelt so hohe Werte. Sollte es wider Erwarten so kommen, wäre eine Große Koalition unter sozialdemokratischer Führung denkbar, gegebenenfalls auch eine Deutschlandkoalition mit Scholz im Kanzleramt. Eine Neuauflage der Ampel ist kaum vorstellbar, eine Koalition mit Linkspartei und BSW hat Scholz bereits ausgeschlossen.

Droht im Bundestag eine Sperrminorität?

Wenn AfD und Linke gemäß ihrer gegenwärtigen Umfragewerte in den Bundestag einziehen und zusätzlich das BSW die Fünf-Prozent-Hürde überspringt, könnten diese drei Parteien gemeinsam eine Sperrminorität von einem Drittel der Bundestagssitze erreichen. So könnten sie Reformen des Grundgesetzes blockieren. Das könnte durchaus relevant werden, wenn die nächste Bundesregierung eine Reform der Schuldenbremse oder ein neues Sondervermögen für die Bundeswehr umsetzen will. Ob es dazu wirklich kommt und welche Koalitionen dann möglich sind, weiß man frühestens ab Sonntag 18 Uhr.

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Erstellt:
20. Februar 2025, 14:04 Uhr

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