Mensch und Haustiere

Welchen Einfluss Haustiere auf das menschliche Wohlbefinden haben

Für Hundehalter ist klar, wer der beste Freund des Menschen ist. Auch Entwicklungsgeschichte und Studien sprechen für sie. Doch Katzenbesitzer haben Einwände. Und wie sieht es generell mit der Zufriedenheit von Haustierbesitzern aus? Eine Umfrage offenbart Erstaunliches.

Generell gilt, dass Tierhalter  desto unzufriedener sind, je größer die Tiere sind.

© Imago/Panthermedia

Generell gilt, dass Tierhalter desto unzufriedener sind, je größer die Tiere sind.

Von Markus Brauer/AFP

Der positive Einfluss von Haustieren auf das Wohlbefinden von Menschen wird einer neuen Studie zufolge überschätzt. Der Glückseffekt hänge stark von der Haushaltskonstellation, den individuellen Bedürfnissen und der Wahl des Tiers ab, wie die am Donnerstag (9. Dezember) in München veröffentlichte Untersuchung für den SKL-Glücksatlas auf Grundlage von Daten des Sozio-oekonomischen Panels zeigt:

So zufrieden sind Tierhalter mit ihren Haustieren

  • Auf einer Skala von null bis zehn erreichen Tierhalter einen Wert von 7,34 Punkten und Menschen ohne Haustiere 7,38 Punkte.
  • Besonders Familien mit Tieren sind mit 7,40 Punkten unzufriedener als Familien ohne Haustiere mit 7,65 Punkten.
  • Generell gilt, dass die Halter desto unzufriedener sind, je größer die Tiere sind.
  • Hunde, Katzen und Pferde schneiden schlecht ab, was am großen zeitlichen und finanziellen Aufwand für die Tiere liegt. Gerade mit den Aufgaben im Haushalt sind diese Familien unzufriedener.
  • Anders sieht es bei Kleintieren wie Meerschweinchen und Kaninchen aus, weil sie eine geringere Belastung darstellen.
  • Alleinstehende Männer und Frauen mit Tieren sind im Allgemeinen unglücklicher. Eine Ausnahme bilden Singlemänner mit Hunden, die mit 7,71 Punkten eine klar höhere Lebenszufriedenheit aufweisen als Alleinstehende ohne Haustiere mit 7,23 Punkten. Sie fühlen sich weniger isoliert und haben mehr soziale Kontakte.
  • Alleinstehende Frauen mit Katzen sind mit 6,85 Punkten am unzufriedensten. Sie machen sich generell zu viele Sorgen und Ängste.
  • Bei Paaren bleibt die Zufriedenheit mit und ohne Haustiere laut der von dem Wirtschaftswissenschaftler Bernd Raffelhüschen von der Universität Freiburg geleiteten Studie meist unverändert.
  • Eine Ausnahme ist die Phase der Familiengründung, in der ein Hund die Zufriedenheit eines jungen Paars signifikant hebt. Die Zufriedenheit steigt hier von 7,50 auf 7,77 Punkte. Das Glück wird dann nur noch übertroffen, wenn das erste Kind kommt.

Tier und Mensch – einfach beste Freunde

Unser Verhältnis zu Tieren ist befremdlich und paradox. Sie gelten als die besten Freunde des Menschen, werden verhätschelt, liebkost und umsorgt. Andererseits landen sie in den Regalen der Supermärkte, nachdem sie qualvoll leben und elendig sterben mussten. Eingepfercht als Mastvieh in engen Ställen und Käfigen, in denen sie sich kaum bewegen, geschweige denn artgerecht verhalten können.

„In der heutigen Zeit sind Haustiere mehr als nur ein Freund des Menschen. Sie werden immer öfter als Familienmitglied, Partner- oder Babyersatz angesehen“, sagt Walter Rupff, Vorstand der TIEBA Tierkrematorium AG in Korb.

Aus biologischer Sicht sei das Verhältnis von Tier und Mensch eine echte Sozialpartnerschaft und Freundschaft, erklärt der österreichische Biologe und Verhaltensforscher Kurt Kotrschal.

„Für manche Menschen haben Tiergefährten eine größere Bedeutung als andere Menschen, weil unter Umständen die Beziehung auf einer viel tieferen emotionalen Basis funktioniert als mit den Mitmenschen.“

Tiere empfinden Freude und Trauer, Zuwendung und Schmerz

Bis vor wenigen Jahrzehnten galten Tiere unter Forschern noch al s eine Art Verhaltensroboter, die nur auf äußere Reize reagieren, genetisch auf bestimmte Verhaltensweisen konditioniert sind und durch Versuch und Irrtum lernen. Spätestens seit den Verhaltensforschungen des österreichischen Zoologen und Ethologen Konrad Lorenz (1903–1989) weiß man, dass die These vom Homo sapiens als „Krone der Schöpfung“ ebenso kühn wie unsinnig ist.

Tiere können denken, fühlen und empfinden. Sie verfügen über Emotionalität, Erkenntnisvermögen, ein komplexes soziales Zusammenleben und echte Lernfähigkeit. Sie empfinden Freude und Trauer, sie nehmen Zuwendung und Schmerzen wahr, sie können Liebe empfangen und Liebe schenken.

Wenn Tiere in freier Wildbahn spüren, dass ihr physisches Ende naht, ziehen sich zurück. Instinktiv wollen sie sich und ihre Artgenossen vor Feinden schützen. Auch eine Hauskatze oder ein Hund wird ähnliches empfinden. Sie bereiten sich auf das Sterben vor. Nicht in Panik und Todesangst, sondern in der Gewissheit, dass ihre Zeit gekommen ist und sie gehen müssen.

Kommen Tiere in den Himmel?

„Resurrexit a mortuis“ – Auferstehung von den Toten: Ist die Vorstellung, dass Tiere im Jenseits weiterleben, kindlich? „Auch Erwachsene glauben an einen Tierhimmel und dass Tiere eine Seele haben“, berichtet Walter Rupff. Die Hoffnung, dass mit dem Tod nicht alles aus sei, tröste sie über den großen Verlust hinweg.

Selbst überzeugte Atheisten wie der chilenische Lyriker und Literaturnobelpreisträger Pablo Neruda (1904-1973) bekennt in seinem Gedicht „Mein Hund ist gestorben“: „Und ich, Materialist, der nicht daran glaubt, dass es den verheißenen himmlischen Himmel für irgendeinen Menschen gibt, glaube für diesen Hund oder für jeden Hund an den Himmel, ja, ich glaube an einen Himmel, in den ich nicht komme, doch wo er mich erwartet.“

Gefühlsduselei oder Totenkult?

Jenseitsglaube und Totenkult um daa tote Haustier als Gipfel der Gefühlsduselei? Es gebe keinen Grund nicht anzunehmen, dass Tiere in den Himmel kommen, betont Kurt Kotrschal. „Wenn ich an die Seele und an den Himmel glaube, dann gibt es keinen Grund, dass wir Menschen dahin kommen, Hunde und Katzen aber nicht.“

Der Schweizer Theologe und Kapuzinermönch Anton Rotzetter (1939-2016), Mitbegründer des Instituts für Theologische Zoologie in Münster, hält es für „überholtes Denken“ zu glauben, die Ewigkeit sei für den Homo sapiens reserviert. „Warum sollte Gott etwas erschaffen, was er dann wieder vernichtet. Was Gott erschafft, bleibt. Sonne und Mond, Mensch und Tier – alles bleibt.“

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Erstellt:
19. Dezember 2024, 12:12 Uhr
Aktualisiert:
19. Dezember 2024, 21:40 Uhr

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