Mehr Gewaltdelikte in Krankenhäusern

Wenn das Klinikpersonal selbst zum Opfer wird

Krankenhaus-Mitarbeiter helfen Menschen in medizinischen Notlagen. Doch immer häufiger werden sie selbst Opfer von Übergriffen. Eine bundesweite Umfrage zeigt einen Anstieg von Gewalttaten von bis zu 67 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren. In einem Essener Krankenhaus gab es jetzt wieder einen Vorfall.

Ein Krankenpfleger steht in einem Krankenhaus neben einer Glastür mit der Aufschrift „Notaufnahme“: In deutschen Krankenhäusern kommt es immer häufiger zu Gewaltdelikten gegen Klinikpersonal.

© dpa/Hauke-Christian Dittrich

Ein Krankenpfleger steht in einem Krankenhaus neben einer Glastür mit der Aufschrift „Notaufnahme“: In deutschen Krankenhäusern kommt es immer häufiger zu Gewaltdelikten gegen Klinikpersonal.

Von Markus Brauer/dpa

Mindestens sechs Mitarbeiter eines Krankenhauses in Essen sind von Angehörigen eines Patienten angegriffen und verletzt worden, einer von ihnen schwer. Ein 41-jähriger Tatverdächtiger sei festgenommen worden, teilte eine Sprecherin der Polizei mit. Die schwer verletzte Person wird demnach noch im Krankenhaus behandelt, befindet sich jedoch nicht in Lebensgefahr.

Besucher verletzen Krankenhaus-Mitarbeiter

Der Vorfall ereignete sich bereits am Freitag im Elisabeth-Krankenhaus im Essener Stadtteil Huttrop. Der 41-jährige Mann wurde laut Polizei noch am Abend wieder freigelassen. Gegen ihn wurde Anzeige erstattet wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung und wegen der Beschädigung von Krankenhaus-Inventar. Geprüft werden den Angaben zufolge auch Verbindungen zur Clankriminalität.

Die Polizei sucht nach einem weiteren Krankenhausbesucher, der an der Auseinandersetzung beteiligt war und flüchtig ist. Zeugen sind aufgerufen, sich zu melden.

Auch der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen äußerte sich am Wochenende zu den Ereignissen. „Auch der Verlust eines nahen Angehörigen entschuldigt oder rechtfertigt nicht ein solches Verhalten oder gar einen Angriff auf Krankenhauspersonal und ein Krankenhaus. Ich verurteile das aufs Schärfste und habe für ein solch asoziales Verhalten überhaupt kein Verständnis“, erklärte der OB. Staatsanwaltschaft und Gerichte seien nun gefordert, darauf eine klare Antwort zu geben.

Tatort Krankenhaus: Mehr Straftaten gegen Pfleger und Ärzte

In deutschen Krankenhäusern kommt es immer häufiger zu solchen Gewaltdelikten. Bundesweit stieg die Zahl sogenannter Rohheitsdelikte in medizinischen Einrichtungen zwischen 2019 und 2022 um 20 Prozent auf 6894 Taten, wie eine Umfrage bei allen 16 Landeskriminalämtern ergeben hat.

  • In Berlin stiegen im vergangenen Jahr die Gewalttaten in den Krankenhäusern der Hauptstadt um 51 Prozent.
  • Das Saarland verzeichnete einen Zuwachs um 67 Prozent.
  • In Bremen waren es ein Plus von 55 Prozent.
  • In Niedersachsen stieg die Zahl um 46 Prozent auf 559 Taten
  • In Sachsen-Anhalt wurde ein Anstieg von 31 Prozent auf 406 Fälle gemeldet.
  • In Nordrhein-Westfalen, dem bevölkerungsreichsten Bundesland, stieg die Zahl der Gewalttaten in medizinischen Einrichtungen um 29 Prozent auf 1571 Delikte.
  • In fast allen 13 Bundesländern, die seit 2019 Zahlen zu Rohheitsdelikten in Krankenhäusern erheben, ist die Tendenz steigend. Eine Ausnahme bildet nur Bayern. Dort sank die Zahl solcher Straftaten zwischen 2019 und 2022 um elf Prozent.

Steigende Gewalt an Kliniken auch im Südwesten

Weil die Gewalt gegen Pflegekräfte und Ärzte zunimmt, setzen Baden-Württembergs Krankenhäuser schon seit einigen Jahren verstärkt auf Sicherheitsdienste. Die Mehrheit der größten Kliniken im Land beschäftigen interne oder externe Sicherheitskräfte, wie eine landesweite Umfrage unserer Zeitung ergeben hatte. Zudem werden Mitarbeiter von besonders betroffenen Abteilungen wie den Notaufnahmen in Deeskalationstechniken, Gewaltprävention und Selbstverteidigung geschult.

Klinikmitarbeiter berichteten von verbalen und körperlichen Übergriffen sowie Sachbeschädigungen. In manchen Häusern muss demnach trotz des Einsatzes von Sicherheitsleuten täglich die Polizei gerufen werden. Die Angreifer kommen aus allen sozialen Schichten, darunter Deutsche mit und ohne Migrationshintergrund sowie Ausländer.

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Erstellt:
22. September 2024, 18:54 Uhr

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