Hilfe für Bauern
Wenn der Roboter Unkraut jätet
Das Start-up Farming Revolution von der Ostalb hat nicht nur eine autonom fahrende Maschine entwickelt. Es hat sich auch stets selbst finanziert.

©
Zwei Meter hoch, 4,7 Meter lang und bis zu drei Metern breit: Roboter von Farming Revolutions jäten Unkraut auf Feldern .
Von Ulrich Schreyer
Das Start-up Farming Revolution stellt nicht gleich die ganze Landwirtschaft auf den Kopf. Doch wenn es dem Unkraut auf dem Acker an den Kragen gehen soll, kann durchaus nützlich sein, was die Tüftler aus Böhmenkirch bei Heidenheim entwickelt haben – einen Roboter zum Jäten. Dieser ist nicht nur bereits im Einsatz, die ganze Entwicklung wurde auch selbst finanziert. Farming Revolution schreibt seit 2022, also seit die ersten Roboter vermietet wurden, schwarze Zahlen. „Die Unabhängigkeit von Investoren unterscheidet uns von vielen anderen Start-ups“, sagt Markus Höferlin.
Höferlin ist einer der Gründer und Gesellschafter, es gibt neun feste und eine ganze Reihe von freien Mitarbeitern. Auf die Idee mit dem Roboter für den Acker kamen die Gründer, als sie noch bei Bosch in der Agrarrobotik tätig waren. In Lauterach bei Böhmenkirch hat der Mitgesellschafter Timo einen Hof. Farming Revolution hat verschiedene Zulieferer aus der Umgebung, etwa für Elektronik und Komponenten, zusammengebaut wird der Roboter in einer gemieteten Halle in Böhmenkirch. Bis jetzt wurden 40 Maschinen ausgeliefert, 28 sind verkauft, 12 werden vermietet. Im vergangenen Jahr lag der Umsatz bei 2,5 Millionen Euro, für 2025 wird ein Anstieg auf drei bis vier Millionen Euro erwartet. Im Einsatz sind die Roboter auch im Ausland. Die zwei Meter hohe, 4,7 Meter lange und bis zu drei Meter breite Maschine jätet Unkraut auf Feldern mit Zuckerrüben, aber auch auf Maisfeldern oder zwischen Salatpflanzen.
KI erkennt das Unkraut
Dabei ist auch Künstliche Intelligenz mit im Spiel: Diese wurde mit mehr als 20 Millionen Bildern trainiert – so kann der Roboter mit seiner Kamera Nutzpflanzen von Unkraut unterscheiden. Mehr als 115 Pflanzentypen können nach den Angaben von Höferlin auseinandergehalten werden.
Roboter fährt mit Elektroantrieb
Die Maschine fährt mit einem Elektroantrieb. Auch die unten angebrachten Werkzeuge, die das Unkraut herausziehen sollen, werden elektrisch angetrieben, aufgeladen wird an einer Steckdose. Zudem gibt es einen Dieselgenerator, um die Batterie auf dem Feld nachladen zu können – eine Voraussetzung dafür, dass der Roboter 24 Stunden lang seine Bahnen ziehen kann. Hat er erst einmal gelernt, wo er tätig werden muss und wo die Grenzen des Ackers sind, fährt er autonom. Er kann aber auch mit dem Handy gesteuert werden. Damit ein Kauf sinnvoll sei, sollte die zu bearbeitende Fläche wenigstens 20 Hektar groß sein, meint Höferlin. „Einige unserer Kunden mit kleineren Flächen mieten gemeinsam einen Roboter, um die Maschinen maximal auszulasten“, erklärt er.
Von Mitte Mai bis Anfang Juni werden die Maisfelder gejätet, später im Jahr dann Soja, im Oktober der Winterraps – und immer wieder die Salatfelder. Markus Höferlin räumt ein, dass konventionelle Landwirte mit ihren Herbiziden auch ein probates Mittel gegen Unkraut hätten. Doch dieses gerate immer mehr in Verruf, etwa weil es das Grundwasser verunreinige. Die sinkende gesellschaftliche Akzeptanz der Herbizide können den Roboter auch für konventionelle Landwirte interessant machen.
Ein wenig Herbizid kann, falls nötig, auch der Roboter an eine Pflanze spritzen. „Besonders Biolandwirte haben ein sehr großes Interesse an unseren Robotern“, berichtet Höferlin. Diese benötigten nämlich viele Saisonarbeitskräfte, die das Unkraut mit der Hand heraushacken müssten. „Diese sind nicht nur teuer, sondern auch sehr rar“, sagt er. Der Kaufpreis des landwirtschaftlichen Geräts schwankt je nach Größe zwischen 135 000 und 165 000 Euro.
Roboter interessant für Biobauern
Markus Bayer, der stellvertretende Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Ostalb-Heidenheim baut auf seinem Hof in Dischingen neben Raps, Dinkel und Braugerste auch auf 100 Hektar Mais an. Farming Revolution wird er wohl demnächst auch kennenlernen. Bayer treibt nicht nur die Digitalisierung im Verband und auf dem Hof voran, sondern glaubt, dass irgendwann auch der autonom fahrende Traktor kommt. An diesem könnte dann möglicherweise auch ein Gerät zum Jäten angebracht werden. „Bei dem Einsatz eines Jätroboters wäre ich noch vorsichtig, weil wir hier sehr steinige Böden haben“, sagt Bayer. Zudem sei dessen Einsatz von der Witterung abhängig. „Aber ich interessiere mich sehr für den Roboter“, räumt der Landwirt ein.
Chance für mehr Ökozucker aus dem Inland
„Ein riesiges Potenzial für Jätroboter sehe ich beim Bioanbau von Zuckerrüben“, sagt Dominik Modrzejewski vom Landesbauernverband in Baden-Württemberg, weil das Unkrauthacken von Hand eben sehr zeitaufwendig und teuer sei. Deshalb sei auch der Bioanteil bei Zuckerrüben noch recht gering. Der allergrößte Teil des in Deutschland verwendeten Biozuckers werde importiert.
Dabei sieht der Referent für pflanzliche Erzeugung, nachwachsende Rohstoffe und erneuerbare Energien „für Ökozucker ein großes Potenzial, etwa bei Gebäck oder Süßspeisen.“ Er weist zwar darauf hin, mit einem Traktor könne man weit mehr machen als nur Unkraut jäten, findet aber dennoch: „Für Biobauern kann ein Jätroboter eine Supersache sein.“
Die Branche
BetriebeNach den Angaben des Statistischen Bundesamtes gab es 2024 in Deutschland noch rund 255 000 landwirtschaftliche Betriebe. Diese beschäftigten etwa 875 000 Arbeitskräfte. 2020 wurden noch etwa 262 000 Betriebe gezählt.
BiobauernVon den landwirtschaftlichen Betrieben in Deutschland wurden nach den Angaben des Bundes Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW) rund 37 000 Höfe biologisch bewirtschaftet. Der größte Bioanbauverband ist Bioland. Der Umsatz mit Bioprodukten beträgt nach den Angaben des BÖLW rund 17 Milliarden Euro. Nach einer Delle legte der Verzehr an Bionahrungsmitteln 2024 wieder zu. (ey)