Wenn die Arbeit im Weinberg zur Last wird
In Kleinaspach werden einige Parzellen im Weinberg derzeit nicht mehr bearbeitet und verkommen. Unterschiedliche Gründe gibt es dafür, dass Anlagen brach liegen. Genannt werden familiäre Gründe, altershalbe Aufgabe, zu hohe Pachtforderungen und zu geringe Auszahlungspreise.
Von Florian Muhl
Aspach. Ob Weinberg oder Weingarten, Wingert oder Wengert, Raabberg oder Raabstick – dort, wo Wein angebaut wird, in Württemberg oder in Baden, lässt sich die Natur herrlich genießen. Besonders im Spätsommer, wenn die Trauben sich prall und prächtig den letzten Sonnenstrahlen entgegenrecken oder wie jetzt im goldenen Oktober, wenn sich der Weinwanderweg durch einen lieblichen Rebenwald mit grünen, gelben und goldbraunen Blättern schlängelt. So ist auch ein Spaziergang durch die Kleinaspacher Weinberge erholsam, angenehm erfrischend und ein wunderbarer Moment, um vom Stress des Alltags abzuschalten und die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen.
Doch mitten drin im Weingarten stößt der Wanderer auf eine Parzelle, die – gelinde gesagt – ungepflegt ist. Gras und Unkraut zwischen den Zeilen sprießen meterhoch, es wuchert überall und die Reben hängen noch voll von schweren Trauben mit reichlich vertrockneten Beeren, obwohl die Lese längst vorbei ist. Bis zur alten Kelter hinunter reicht das Stück. Und im Weinberg gibts noch weitere Parzellen, in denen in diesem Jahr noch keine arbeitende und pflegende Hand angelegt wurde.
Von nicht bearbeiteten Rebflächen können Pilzübertragungen ausgehen
„Das ist ein Selbstvermarkter bei uns in Kleinaspach, der seine Weinberge nicht bearbeitet und nicht gemulcht hat“, erklärt Günther Ferber. „Der hat einfach dieses Jahr Schwierigkeiten gehabt, familiär, und hat die Weinberge nicht bearbeiten können“, so der Vorstandsvorsitzende der Weingärtnergenossenschaft Aspach (WG) weiter. Ferber spricht von einem „etwas wüsten Landschaftsbild“. Aber nicht nur das. „Die Trauben, die drin sind, waren krank. Und die Nachbarn links und rechts und oben und unten haben Schwierigkeiten bekommen mit Krankheitsübertragungen und mit Pilzübertragungen.“ Ferber spricht von einem Einzelfall.
„Es ist kein Genossenschaftsmitglied“, stellt Joachim Schöffler klar. „Er hat ein freies Weingut und ist Selbstvermarkter“, erläutert der Vertriebs- und Marketingleiter der WG. Und er versichert: „Wäre so ein Fall in der Genossenschaft vorgefallen, hätten wir uns gegenseitig geholfen und hätten die Weinberge bearbeitet, deswegen sind wir eine Genossenschaft.“ Derzeit hat die WG knapp 60 Mitglieder, die eine Fläche von insgesamt knapp 25 Hektar bewirtschaften.
Matthias Holzwarth geht nicht von Einzelfällen aus
Ob es sich bei den nicht bearbeiteten Parzellen um einen Einzelfall handelt, da hat Matthias Holzwarth von Holzwarth-Weine so seine Zweifel. „Die Problematik ist die momentane Marktsituation im ganzen Weinland Württemberg. Viele Betriebe hören einfach auf, weil es immer schwieriger wird, etwas zu verdienen, und keiner bereit ist, die Flächen weiter zu bearbeiten“, sagt der Weinbauer, der zusammen mit seinem Sohn Marco 13 Hektar bewirtschaften und damit flächenmäßig der größte von fünf Selbstvermarktern ist. Er sieht folgende Gefahr: „Viele Stücke werden einfach brach liegen bleiben.“ Dann aber sei es wichtig, dass diese gerodet werden, damit es keine Krankheitsüberträger mehr gibt.
Jede Woche steht bei ihm jemand aus Aspach auf dem Hof, der ihm seinen Wengert verpachten möchte, und das geht schon seit dem Spätsommer so, sagt Matthias Holzwarth. Meist sind es Ältere, die mit dem Weinanbau aufhören wollen. Dass deshalb Anlagen derzeit günstig zu haben sind, nutzt die Kleinaspacher Weinfamilie. „Wir werden im Winter vier bis fünf Hektar Steillagen unterhalb Sinzenburg, wo man mit dem Vollernter nicht lesen kann, gegen Flachlagen austauschen“, kündigt Marco Holzwarth an. Wenn er wollte, könnte er sogar 16 oder 17 Hektar bewirtschaften.
Zwei Faktoren nennt Matthias Holzwarth, die aus seiner Sicht zu der für Winzer wirtschaftlich schwierigen Situation geführt haben. „Da sind einerseits die Vorstellungen der Verpächter, die stellenweise sehr hohe Pachtpreise verlangen.“ Sein Sohn pflichtet ihm bei: „Die Verpächter müssten heutzutage froh sein, wenn überhaupt noch jemand die Flächen bewirtschaftet.“ Das zweite Problem: „Bei vielen Genossenschaften ist es mittlerweile so, dass der Auszahlungspreis so niedrig ist, teilweise 40 bis 50 Cent pro Kilo. Das ist einfach wirtschaftlich nicht mehr darstellbar.“ Ausdrücklich sagt Holzwarth, dass die WG Aspach damit nicht gemeint ist: „Die machen es wirklich gut im Moment, die zahlen noch deutlich, deutlich besser.“
Dem stimmt Joachim Schöffler zu. „Es gibt knapp 40 Genossenschaften in Württemberg, da gehören wir beim Auszahlungspreis zum vorderen Mittelfeld“, sagt der Vertriebsleiter der WG Aspach. Bezüglich der wirtschaftlichen Aspekte gibt Schöffler zu bedenken, dass die Selbstvermarkter natürlich ihre Familien vom Weinbau ernähren müssen. „Bei unseren knapp 60 Weingärtnerfamilien machen es alle im Nebenerwerb, ein Großteil davon rein als Hobby-Wengerter.“ Das ist aus Sicht des Marketingmanagers das Entscheidende. „Wenn man ein Hobby hat, dann macht man das, weils Spaß macht. Man investiert Zeit, Leidenschaft und Herzblut.“
WG Aspach „Wir hatten dieses Jahr ein klein wenig Untermenge gehabt, rund zehn bis 15 Prozent haben uns von der Gesamtmenge gefehlt“, so das Fazit von Günther Ferber von der WG Aspach. „Aber die Qualität ist vor allem bei den spätreifenden Sorten wie Lemberger, Riesling und auch Merlot noch sehr, sehr gut geworden, wesentlich besser als die Jahre davor. Da haben die Sonne in den letzten zwei Wochen und die kühlen Nächte dazu beigetragen. Besonders der Riesling hat ein Superaroma bekommen, hoch in den Oechsle-Graden, und es gab ein wirkliches Toplesegut bei den drei genannten Sorten.“
„Wir haben zirka 65 Prozent Rotweintrauben und 35 Prozent Weißweintrauben“, erläutert Joachim Schöffler von der WG. „Der Weißwein ist gerade auf dem steigenden Ast und der Rotwein eher weniger, deswegen machen wir von unseren Rotweintrauben sehr viele Roséweine.“
Holzwarth-Weine „Wir sind eigentlich sehr zufrieden mit dem Endergebnis“, freut sich Marco Holzwarth. „Es hat zwei Sorten gegeben, die dieses Jahr etwas problematisch waren: Zum einen der Trollinger, dem die Hitze jetzt im Herbst nicht so gefallen hat, den haben wir frühzeitig innerhalb von einem Tag abgeerntet. Und zum zweiten der Schwarzriesling. Dem hat der viele Niederschlag vor dem Herbst nicht gefallen. Weil das eine relativ kompakte Traube ist, können die Beeren platzen und es kann sich Fäulnis bilden. Aber sonst, andere Sorten... Wir haben dieses Jahr relativ viele Trauben halbiert, dann werden die lockerbeerig, das war dieses Jahr Gold wert, auch wegen des vielen Regens am Anfang. Wir haben einige Auslesen zusammengebracht. Da waren die Oechsle-Werte richtig gut. Und der Riesling war wunderschön, so hat man den selten gesehen. Allgemein der Weißwein war top.“