Forensik

Wie Bakterien-Spuren Sexualverbrecher überführen

Neue Spurensicherung: Forschende haben eine Methode entwickelt, um Sexualstraftäter über ihr Mikrobiom zu identifizieren – selbst nach Tagen und trotz Körperhygiene.

Forensiker nehmen eine DNA-Probe an Unterwäsche  nach einer Vergewaltigung (gestellte Szene).

© Imago/Zoonar

Forensiker nehmen eine DNA-Probe an Unterwäsche nach einer Vergewaltigung (gestellte Szene).

Von Alice Lanzke (dpa)/Markus Brauer

Ein australisches Forschungsteam hat eine neue Methode entwickelt, die künftig helfen könnte, Sexualstraftäter zu identifizieren. Ihre Studie im Fachblatt „iScience“ zeigt, dass sich bakterielle Spuren zwischen Sexualpartnern während des Geschlechtsverkehrs übertragen und halten.

A new study has revealed that, during sex, male and female partners leave unique microbial "imprints" on each other, even when they use a condom. https://t.co/KEBs9QFpeD — Live Science (@LiveScience) February 12, 2025

Dies könnte neue Möglichkeiten für forensische Ermittlungen eröffnen – insbesondere in Fällen, in denen keine oder nur geringe Mengen an DNA des Täters gefunden werden.

Die Methode sei insbesondere für Fälle interessant, in denen keine oder nur geringe Mengen an DNA des Täters gefunden werden.

„Sexom“ soll Täter verraten

Ermittler identifizieren männliche Sexualstraftäter üblicherweise, indem sie Spermaspuren oder andere biologische Rückstände analysieren. Diese Methode ist jedoch nicht immer erfolgreich. Vor allem, wenn Täter ein Kondom verwenden oder wenn nach einer Tat zu viel Zeit vergeht, kann die DNA-Analyse an ihre Grenzen stoßen.

Ein Forscherteam um Ruby Dixon von der Murdoch University in Perth untersucht daher einen alternativen Ansatz: die Analyse des genitalen Mikrobioms, von den Wissenschaftlern „Sexom“ genannt.

Dabei handelt es sich um die Gesamtheit der Bakterien, die den Intimbereich von Männern und Frauen besiedeln. Eine Analyse dieser einzigartigen genitalen Mikroorganismen könnte künftig zur Täteridentifikation beitragen.

Jeder Kontakt hinterlässt eine Spur

„Diese Forschung basiert auf dem forensischen Konzept, dass jeder Kontakt eine Spur hinterlässt“, erklärt Studienleiter Brendan Chapman von der Murdoch University. „Bisher gab es nur wenige Studien, die das vaginale und penile Mikrobiom in einem forensischen Kontext untersucht haben.“ Ihre Arbeit zeige, dass sich mikrobielle Spuren im Genitalmikrobiom heterosexueller Paare nach dem Sex nachweisen lassen.

Bakterielle Signaturen übertragen sich beim Sex

Das Forscherteam analysierte zunächst die Bakterienzusammensetzung im Genitalbereich von zwölf monogamen, heterosexuellen Paaren. Per Abstrich wurden Proben entnommen, mithilfe von RNA-Gensequenzierung wurde die individuelle bakterielle Signatur jedes Teilnehmers bestimmt.

Nach einer Abstinenzzeit von zwei bis 14 Tagen hatten die Paare Geschlechtsverkehr. Anschließend nahm das Team erneut Proben. Dabei zeigte sich, dass sich die bakterielle Signatur eines Partners nach dem Geschlechtsverkehr in der Probe des anderen nachweisen ließ.

Mikrobieller Marker selbst bei Kondom

Besonders auffällig war, dass bestimmte Bakterien der Gattung Lactobacillus nach dem Geschlechtsverkehr auch in männlichen Proben nachweisbar waren. Typischerweise kommen sie im weiblichen Genitaltrakt vor.

Selbst wenn Paare ein Kondom nutzten, fanden sich Spuren. „Wenn ein Kondom benutzt wurde, erfolgte der Großteil der Übertragung von der Frau auf den Mann“, erläutert Hauptautorin Ruby Dixon. „Dies ist ein vielversprechender Ansatz, um einen Täter nach einem Übergriff zu testen, und bedeutet, dass es möglicherweise mikrobielle Marker gibt, die einen sexuellen Kontakt auch dann nachweisen, wenn ein Kondom verwendet wurde.“

Nachweis trotz Körperhygiene

Einige dieser Bakterien waren bis zu mehrere Tage nachweisbar – selbst nach üblicher Körperhygiene. Das ist für die forensische Anwendung besonders wichtig und könnte Ermittlern künftig helfen, Täter noch Stunden oder sogar Tage nach einer Tat mit dem Opfer in Verbindung zu bringen, hoffen die Forscher.

Allerdings zeigte sich, dass sich das vaginale Mikrobiom während der Menstruation verändert. Das könnte laut dem Team möglicherweise Auswirkungen auf die Ergebnisse haben und muss daher weiter untersucht werden.

Weitere Forschung erforderlich

Überhaupt sind, wie die Gruppe selbst schreibt, weitere Tests notwendig, bevor ihre Ergebnisse Teil der forensischen Praxis sein können. Eine Herausforderung besteht darin, bakterielle Übertragungen aus anderen Quellen auszuschließen. Zudem müssten größere Stichproben untersucht werden, um die Verlässlichkeit der Methode zu bestätigen. So wird das Mikrobiom eines Menschen von zahlreichen Faktoren beeinflusst, darunter Hygiene und Hormonstatus.

Sollte sich die Methode in weiteren Studien bewähren, könnte sie eine wertvolle Ergänzung zu bestehenden forensischen Methoden darstellen und insbesondere in Fällen helfen, in denen Täter versuchen, ihre Spuren gezielt zu verwischen.

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Erstellt:
13. Februar 2025, 15:38 Uhr
Aktualisiert:
13. Februar 2025, 16:20 Uhr

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