Zwischen Bangen und Begeisterung
Wie deutsche Wahlkämpfer zu Trump stehen
Am Montag tritt Donald Trump seine zweite Amtszeit als US-Präsident an. Das könnte auch die letzten Wochen vor der Bundestagswahl in Deutschland prägen. So stehen deutsche Wahlkämpfer zum umstrittenen 47. Präsident der Vereinigten Staaten.
Von P
Der Amtsantritt von Donald Trump als US-Präsident am Montag könnte die letzten Wochen vor der Bundestagswahl prägen. Denn der neue Präsident droht Europas Wirtschaft mit Strafzöllen, verlangt von den Nato-Staaten massiv höhere Verteidigungsausgaben und erhebt Anspruch auf Grönland und den Panamakanal. Wie sich die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten im Wahlkampf zu Trump positionieren:
Olaf Scholz (SPD)
Der amtierende Kanzler geht inzwischen klar auf Konfrontationskurs zu Trump. „Cool bleiben“ wollte Scholz zunächst, nachdem ihn der Trump-Vertraute und Tech-Milliardär Elon Musk als „inkompetenten Trottel“ beschimpfte und seinen Rücktritt forderte. Nach Trumps Drohung, das zum EU- und Nato-Partner Dänemark gehörende Grönland zu annektieren, trat Scholz dann extra deshalb vor die Presse: „Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land“, sagte er.
Dass der SPD-Kanzlerkandidat dafür die Bühne des Kanzleramts nutzte, stieß in der Union auf Kritik. Manche dort mutmaßen, Scholz könne wie der frühere SPD-Kanzler Gerhard Schröder die Positionierung gegen die USA für „Wahlkampfzwecke“ nutzen. Auch bei Trumps Forderung, dass Deutschland und die anderen Nato-Partner ihre Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der Wirtschaftsleistung erhöhen sollten, kam dann eine Absage des SPD-Regierungschefs. Mitte Dezember hatte Scholz noch die Hoffnung auf einen baldigen Besuch bei Trump geäußert.
Friedrich Merz (CDU)
Der Unionskanzlerkandidat rechnet damit, dass Trump „radikal die Interessen der Vereinigten Staaten von Amerika wahrnimmt“. Bei den Konsequenzen daraus gibt sich der CDU-Chef aber zurückhaltend: Um Trump „auf Augenhöhe“ zu begegnen, sei wesentliche Voraussetzung, dass die Europäer ihre „Kräfte bündeln“ und geschlossen aufträten. „Wir sind mehr Einwohner in Europa als Amerika und Kanada zusammen. Wir haben auch etwas anzubieten. Wir können auch Forderungen stellen.“
Konkret scheint Merz darauf zu setzen, Trump durch eine gemeinsame Linie zu China zu besänftigen. „Da haben wir gemeinsame Interessen.“ Es gebe damit „durchaus Möglichkeiten, auch unsere Interessen wahrzunehmen“. Er schaue deshalb mit Blick auf die Rückkehr von Trump „nicht wie das Kaninchen auf die Schlange“. Und zur Forderung nach höheren Verteidigungsausgaben betonte Merz, es sei eine „Trivialität“, dass Deutschland in der Lage sein müsse, sich zu verteidigen. Das mache er nicht „von Statements aus Washington“ abhängig.
Robert Habeck (Grüne)
In der Grönland-Frage ist Habeck auf derselben Linie wie Scholz: Der Grundsatz staatlicher Souveränität „gilt natürlich auch für die Amerikaner“, sagte er. Europa müsse „zusammenstehen“ und dürfe sich „nicht spalten lassen“. Ähnlich wie bei Scholz auch die Aussagen zu den Verteidigungsausgaben: Ein Wehretat von mehr als 200 Milliarden Euro für Deutschland sei „unrealistisch“, sagte er. „Wir werden nicht am Ende bei fünf Prozent landen.“
Angesichts einer ohnehin schlechten Wirtschaftslage sieht der aktuelle Bundeswirtschaftsminister natürlich Trumps Zoll-Drohungen gegen die EU mit Sorge - will aber notfalls mit Gegenzöllen zurückschlagen. „Meine Antwort auf Trump lautet nicht Duckmäusertum, sondern Vertrauen in die eigene Stärke“, sagte er Ende November.
Alice Weidel (AfD)
Noch vor ihrer Kür zur Kanzlerkandidatin sprach sich Weidel wiederholt für Trump aus und drückte ihm vor der Wahl die Daumen, wie sie sagte. Nachdem Trump tatsächlich gewann, wünschte sie ihm in einem Video bei X „alles Gute und vor allen Dingen Gottes Segen“ für seine Präsidentschaft. Weidel, deren Partei in der Vergangenheit auch mit anti-amerikanischen Tönen auffiel, sagte sichtlich lächelnd: „Nicht das woke Hollywood hat die Wahl gewonnen, sondern das arbeitende Volk.“
Bei ihrem vielfach kritisierten Live-Gespräch mit Trump-Freund Elon Musk auf dessen Plattform X war hinter ihr eine rote Kappe mit der Aufschrift „Make Germany great again“ zu sehen. Damit machte sich Weidel Trumps Wahl-Slogan „Make America great again“ zu eigen. Gerüchte, wonach Weidel sogar an Trumps Amtseinführung vor Ort teilnehmen soll, dementierte ein Sprecher aber.
Christian Lindner (FDP)
Der FDP-Chef wünschte Trump kurz nach dessen Wahlsieg „Fortune und Weisheit“. Auf X schrieb Lindner, Europa solle Trump „die Hand reichen“. In der EU, der Nato „und auch in Berlin müssen wir jetzt dringlicher denn je unsere wirtschafts- und sicherheitspolitischen Hausaufgaben erledigen“, schrieb Lindner. Damals war er noch Bundesfinanzminister - nur einen halben Tag später flog er aus dem Kabinett.
Nach Trumps Forderung nach Wehrausgaben in Höhe von fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts warnte Lindner kürzlich vor einem „Überbietungswettbewerb“.
Sahra Wagenknecht (BSW)
BSW-Chefin und -Kanzlerkandidatin Wagenknecht nutzte die Wahl Trumps für scharfe Kritik an den anderen deutschen Parteien. Im Bundestag sagte sie: Der Wahlsieg zeige, was „jahrelange Wohlstandsverluste und Abstiegsängste, hohe Inflation, unkontrollierte Migration, wachsende Ungleichheit“ für die Stimmung in einem Land bedeuteten. Zugleich rief sie zu einem Kurswechsel gegenüber den USA auf.
Trump setze auf „rücksichtslosen Protektionismus und hohe Zollmauern“, es brauche deshalb eine eigene Handelspolitik Deutschlands und Europas. Scharf kritisierte sie auch Trumps Forderung nach höheren Rüstungsausgaben der Nato-Länder. „Wir dürfen uns von Donald Trump nicht erpressen lassen“, schrieb sie auf X. Deutschland müsse „die Vasallentreue zur USA beenden“.
Jan van Aken (Linke)
Parteichef und Spitzenkandidat van Aken schrieb auf X nach Trumps Wahlsieg: „Typen wie Trump beschuldigen arbeitende Menschen für Probleme, die Reiche wie er selbst verursachen.“ Für die Wahl Trumps sieht er die wirtschaftliche Situation der Menschen ursächlich. „Wenn Teuerung dein Konto auffrisst, wenn Du gar keine Zukunft mehr siehst: Dann liegt die Wahl von komischen Typen wie Trump vielleicht näher.“
Van Aken rief außerdem dazu auf, sich darauf vorzubereiten, was die Wahl Trumps für Arbeitsplätze, Verbraucher- und Umweltstandards in Deutschland und Europa bedeute.