Gesundheits-Info: Das Kreuz mit dem Rücken

Wie effektiv sind Spritzen gegen Rückenschmerzen?

Gegen chronische Rückenschmerzen sollen oft Spritzen mit Cortison oder Schmerzmitteln helfen. Doch ein Expertenteam rät dringend ab: Ohne eindeutigere Belege für einen positiven Effekt seien solche Therapien daher nicht zu empfehlen.

Besonders viel versprechen sich Betroffene  von Injektionen, bei denen Lokalanästhetika, Schmerzmittel oder Cortison-Präparate direkt an die betroffene Stelle in der Wirbelsäule gespritzt werden.

© Imago/Zoonar

Besonders viel versprechen sich Betroffene von Injektionen, bei denen Lokalanästhetika, Schmerzmittel oder Cortison-Präparate direkt an die betroffene Stelle in der Wirbelsäule gespritzt werden.

Von Markus Brauer

Rückenschmerzen sind eine Volkskrankheit: Rund 20 Prozent aller Erwachsenen zwischen 20 und 59 Jahren weltweit leiden an chronischen Schmerzen im Rücken. Bei älteren ist der Anteil noch höher. Laut „AOK-Gesundheitsatlas Rückenschmerzen“ leidet fast jeder Dritte in Deutschland unter derart starken Rückenschmerzen, dass er deswegen eine Arztpraxis aufsuchen muss.

Die genaue Ursache dieser Rückenschmerzen bleibt oft unklar – selbst nach bildgebenden Verfahren. Entsprechend schwierig und oft wenig wirksam ist die Therapie.

Lokalanästhetika, Schmerzmittel, Cortison-Präparate

Besonders viel versprechen sich Betroffene von Injektionen, bei denen Lokalanästhetika, Schmerzmittel oder Cortison-Präparate direkt an die betroffene Stelle in der Wirbelsäule gespritzt werden.

„Diese Prozeduren sollen die chronischen Schmerzen lindern, indem sie die Nerven betäuben, ihre Schmerzleitung blockieren oder lokale Entzündung abschwächen“, erklären Jason Busse von der McMaster University in Kanada und seine Kollegen. Solche epiduralen Injektionen haben in den letzten Jahren stark zugenommen. Ihre Studie ist im Fachjournal „The BMJ“ erschienen.

Spine injections should not be given to adults with chronic back pain because they provide little or no pain relief compared with sham injections, say a panel of international experts in this recommendation. Includes a #BMJInfographichttps://t.co/wEDaJFN3urpic.twitter.com/Wal5XPRDFf — The BMJ (@bmj_latest) February 20, 2025

„Beweislage ist sehr dünn“

Doch was bewirken diese Spritzen wirklich? „Trotz der rasanten Zunahme dieser Behandlung bei chronischen Rückenschmerzen ist die Beweislage sehr dünn“, stellen Busse und sein Team fest. Bisherige Studien hätten widersprüchliche Ergebnisse erbracht.

Deshalb haben die Experten zahlreiche klinische Studien erneut überprüft. Dafür werteten sie 81 Analysen aus, in denen Patienten mit chronischen Rückenschmerzen entweder die Wirkstoffe gespritzt bekamen oder eine Scheinbehandlung erhielten.

Spritzens sind nicht wirksamer als ein Placebo

Das ernüchternde Fazit: Weder bei chronischen Schmerzen im Rücken noch bei ausstrahlenden Nervenschmerzen wie dem Ischias wirken die Spritzen signifikant besser als ein Placebo. Dies gilt für die epidurale Injektion von Betäubungsmitteln oder Schmerzmitteln ebenso wie für Cortisonpräparate. „Diese Interventionen haben wahrscheinlich kaum bis keinen schmerzlindernden Effekt“, schreiben die Autoren.

„Sie sind nicht heilend und selbst wenn sie überhaupt eine Wirkung zeigen, dann müssen diese Injektionen in den Muskel, die Wirbelgelenke oder das Epidurum alle zwei bis drei Wochen wiederholt werden“, berichten die Forscher.

Angesichts der Kosten und Risiken dieser Therapien raten sie daher von solchen Injektionen ab. Denn die Spritzen können Vernarbungen im Gewebe verursachen und in seltenen Fällen zu Infektionen an der Wirbelsäule führen.

Was ist effektiver als ein Medikamenten-Cocktail?

Deutlich wirksamer könnte den Wissenschaftler zufolge stattdessen eine Kombination aus Physiotherapie und Verhaltenstherapie sein, wie eine Studie im Jahr 2022 ergeben hat. Dennoch würden die Spritzen weiterhin oft verabreicht, auch weil Patienten sich davon Linderung erhofften und Ärzte gut daran verdienten, schreiben die Experten.

Bewegungstraining gegen Schmerzen im unteren Rücken

Gerade erst waren die Rückenschmerzen besser geworden, da zwickt es schon wieder im Kreuz: Solche Rückfälle werden viel seltener, wenn die Menschen ausreichend zu Fuß unterwegs sind. Das legt eine australische Studie nahe, die im Fachjournal „The Lancet“ veröffentlicht worden ist.

Für die Analyse begleitete das Team um Natasha Pocovi von der Macquarie Universität in Sydney 701 unsportliche Erwachsene, die jüngst unspezifische Schmerzen im unteren Rücken hatten, sich nun aber besser fühlten. Eine Hälfte bekam ein Spaziergeh-Programm verordnet, die Kontrollgruppe hingegen keine Aufgaben.

Fast doppelt so lange ohne Schmerzen

Die Orientierungsgröße für das Bewegungsprogramm lautete: An fünf Tagen pro Woche mindestens 30 Minuten gehen. Physiotherapeuten leiteten die Teilnehmer an und schnitten das Laufprogramm individuell zu.

Wer sich nach einem solchen Plan bewegte, hatte im Schnitt nach 208 Tagen erneut so schlimme Kreuzschmerzen, dass der Alltag eingeschränkt werden musste. Wer zur Kontrollgruppe gehörte, erlebte das schon nach 112 Tagen.

Die Teilnehmer mit Laufprogramm lebten also durchschnittlich fast doppelt so lange ohne solche Schmerzen, wie Co-Autor Mark Hancock erklärt. Auch hätten sie insgesamt seltener Schmerzen gehabt.

Gehen ist kostengünstig und einfach

„Wir wissen nicht genau, warum Gehen so gut für die Vorbeugung von Rückenschmerzen ist“, betont Hancock. „Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus den sanften Schwingungsbewegungen, der Belastung und Stärkung der Wirbelsäulenstrukturen und -muskeln, der Entspannung und dem Stressabbau sowie der Ausschüttung von Wohlfühl-Endorphinen.“

Mediziner empfehlen Menschen mit Rückenschmerzen schon seit Langem, sich regelmäßig zu bewegen und Sport zu treiben. Doch nicht alle Menschen hätten das Geld, die Zeit oder den Zugang zu Trainingsprogrammen, hebt Erstautorin Natasha Pocovi hervor. „Gehen ist eine kostengünstige, leicht zugängliche und einfache Übung.“

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Erstellt:
24. Februar 2025, 13:20 Uhr
Aktualisiert:
24. Februar 2025, 19:12 Uhr

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