Atomausstieg

Wie gefährlich wird dieser Untersuchungsausschuss für Habeck?

Ob beim Atomausstieg alles korrekt abgelaufen ist, will die Union in einem Untersuchungsausschuss klären. Erklären muss sich vor allem einer: der Wirtschaftsminister und mögliche Grünen-Kanzlerkandidat Robert Habeck.

Robert Habeck hält die Vorwürfe beim Atomausstieg für ausgeräumt.

© dpa/Kay Nietfeld

Robert Habeck hält die Vorwürfe beim Atomausstieg für ausgeräumt.

Von Tobias Heimbach

Am Donnerstag ist es so weit. Dann beginnt die Zeugenbefragung im Bundestagsuntersuchungsausschuss zum Atomausstieg. Das Gremium soll die Vorgänge rund um das Ende der Kernkraft in Deutschland klären. Im Zentrum steht Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Worum geht es und was soll aufgeklärt werden? Ein Überblick.

Was war vorgefallen?

Dass die letzten Atomkraftwerke Ende 2022 vom Netz gehen sollten, war ursprünglich 2011 von der Koalition aus CDU, CSU und FDP festgelegt worden. Doch mit dem russischen Überfall auf die Ukraine im Februar 2022 machte sich die Bundesregierung Gedanken, wie sich das auf die Energieversorgung in Deutschland auswirken könnte. Daher kündigte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schon drei Tage nach Kriegsbeginn eine „ergebnisoffene Prüfung“ an, ob die Kernkraftwerke weiterlaufen könnten. Das Wirtschaftsministerium von Habeck, zuständig für die Energiepolitik, und das Umweltministerium von Steffi Lemke (Grüne), zuständig für die nukleare Sicherheit, kamen im März 2022 zu dem Schluss, dass ein Weiterbetrieb nicht möglich sei. Unter anderem aus Sicherheitsgründen. In der Ampelkoalition wurde trotzdem weiter über die Frage gestritten, ob die Atommeiler nicht doch länger laufen können. Nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) wurden die verbliebenen drei AKWs dreieinhalb Monate länger am Netz belassen als geplant.

Was wirft die Opposition der Regierung vor?

Ziel des Untersuchungsausschusses ist es, die Entscheidungsprozesse innerhalb der Bundesregierung für den möglichen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke nachzuvollziehen. Der Obmann der Union, CSU-Politiker Andreas Lenz, sagte im Gespräch mit dieser Redaktion: „Es gibt große Zweifel daran, dass die Prüfung für einen Weiterbetrieb der Kernkraftwerke wirklich so ergebnisoffen stattgefunden hat, wie Habeck das versprochen hatte.“ Er führt insbesondere Dokumente an, die das Magazin „Cicero“ veröffentlicht hatte. „Interne Mails belegen, dass auf Mitarbeiter nachgelagerter Behörden Druck ausgeübt wurde, damit die Prüfung ein von der Führung gewünschtes Resultat ergeben sollte“, sagte Lenz. Laut Opposition steht der Verdacht im Raum, dass „fachliche Expertise politischen und parteipolitischen Vorgaben weichen musste“. Beide Ministerien bestreiten, dass es eine Beeinflussung gegeben habe. CSU-Politiker Lenz betonte: „Aus meiner Sicht ist noch nicht klar, ob die Täuschungsabsicht von Habeck ausging. Es ist durchaus möglich, dass er von seinem Ministerium getäuscht wurde. Das würde aber dafür sprechen, dass er sein eigenes Haus nicht im Griff hat.“

Wie schaut die Koalition auf den Untersuchungsausschuss?

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, sagte, sie blicke „tiefenentspannt“ auf den Untersuchungsausschuss. Es sei nicht klar, was die Union überhaupt aufklären wolle. „Sie hat es seit Monaten nicht geschafft, auch nur das Aufklärungsinteresse vernünftig zu begründen“, sagte sie auf Nachfrage. Der Obmann der FDP, Frank Schäffler, schaut anders darauf: „Das wird kein Untersuchungsausschuss mit Handbremse. Ich will herausfinden, ob getrickst worden ist.“ Er sagte: „Im Kern steht die Frage: Haben die Grünen auf Gedeih und Verderb den Atomausstieg durchgezogen? Wenn die Leitungsebene die Fachleute übergangen haben sollte, dann wäre das ein brisanter Vorgang.“

Wie gefährlich kann der Untersuchungsausschuss für Robert Habeck werden?

Der Abschlussbericht soll vor Ende der Legislatur vorgelegt werden, also in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes 2025. Das kann für Habeck unangenehm werden, schließlich gilt er als wahrscheinlicher Kanzlerkandidat der Grünen. Er und Lemke halten die Vorwürfe für ausgeräumt. Doch Akten werden erst nach und nach zugänglich gemacht, die Zeugen erst noch befragt. FDP-Politiker Schäffler sagte: „Ich habe schon viele Untersuchungsschüsse erlebt – die sind immer wieder für Überraschungen gut.“

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Erstellt:
8. Oktober 2024, 17:05 Uhr

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