Doku-Serie auf Arte
Wie gut ist „Beckenbauer – Der letzte Kaiser“?
Vor einem Jahr starb Franz Beckenbauer. Die dreiteilige Doku „Beckenbauer – Der letzte Kaiser“ blickt zurück auf das bewegte Leben der Legende des deutschen Fußballs.
Von Michael Haug
Fußball-WM 1990: Deutschland dominiert, gewinnt das Endspiel gegen Argentinien verdient mit 1:0. Der Jubel kennt keine Grenzen. Nur Einer ist ganz ruhig, spaziert in Gedanken verloren über den Rasen: Teammanager Franz Beckenbauer.
Es ist ein Moment, der sich in das Gedächtnis vieler Deutscher gebrannt hat. Auch in der dreiteiligen Doku „Beckenbauer – Der letzte Kaiser“, die am Dienstag, 7. Januar, bei Arte und am Sonntag, 12. Januar, in einer gekürzten Fassung im ZDF zu sehen ist, spielt dieser Moment eine zentrale Rolle.
Regisseur und Autor Torsten Körner lässt Moderatoren wie Oliver Welke und Günter Jauch, den Regisseur Christian Petzold sowie Franz Beckenbauers Weggefährten Uli Hoeneß, Günter Netzer und Bruder Walter Beckenbauer das Leben des „Kaisers“ nacherzählen.
Die Kritik
Die Dokumentation ist nicht nur für Fußball-Fans empfehlenswert. Eindrücklich schildert sie, wie Beckenbauer den deutschen Fußball prägte und erzählt auch ein Stück weit deutsche Geschichte. Aber sie hat auch Schwächen: Dass zunächst Menschen wie der Bild-Journalist Alfred Drexler über ihre eigenen Fußball-Erfahrungen erzählen, ist erheiternd, wirkt aber deplatziert. Und ob es wirklich nötig ist, in einer Beckenbauer-Doku acht Minuten lang die Karriere von Beckenbauers Rivalen Günter Netzer nachzuerzählen, ist fraglich. Das gilbt besonders dann, wenn einige wichtige Details aus Beckenbauers Leben außenvorgelassen werden: etwa, dass er als Kind ein Angebot des TSV 1860 München ausschlug, weil ihm ein Löwen-Spieler eine Ohrfeige gab.
Der erste Fußball-Star
Beckenbauer wuchs in München-Gießing auf, ein Stadtteil der damals als arm galt. Es werden Bilder von seinem ersten Fußballplatz gezeigt. Der Journalist Thomas Hüetlin, der gleichzeitig im Münchner Süden aufwuchs, erzählt, wie sich Beckenbauer früh zu einem Vorbild entwickelt.
Es geht um die schwierige Beziehung Beckenbauers zu seinem Vater, um geniale Außenristpässe – und um die Historie des deutschen Fußballs. Mit dem Farbfernsehen wurde der aus England stammende Sport auch hierzulande massentauglich, durch Manager Robert Schwan mauserte sich Beckenbauer zum Marketing-Phänomen.
Der Rivale
Die Doku erzählt auch davon, wie sich 1970 bei der WM in Mexiko Beckenbauers Image änderte. Der Münchner spielte verletzt, sein Arm war mit einer Schlinge befestigt. Beckenbauer zeigte dennoch seine Klasse und verdeutlichte, dass er weit mehr war als der „Schönspieler“, für den er damals gehalten wurde.
Die 1970er Jahre waren geprägt von der Rivalität zwischen Franz Beckenbauer und Günter Netzer. Wie wichtig diese zwei gegensätzlichen Persönlichkeiten für den deutschen Fußball-Boom war, wird in der Dokumentation verdeutlicht – ebenso wie Beckenbauers großer Anteil am WM-Titel im Jahr 1974.
Der Mensch
Mit zunehmender Dauer erzählt Körner in der Doku auch von Beckenbauers Leben abseits des Fußballplatzes: von seinen Affären, den Probleme mit den Medien, dem Bestechlichkeitsvorwurf. Von manchen werde er als Person angesehen, die es allen recht machen wollte. Aber er wird auch als ein Mensch dargestellt, der sich um andere kümmert und der mutig ist. Eine Person die Normen sprengt, die zum Beispiel auch mal im Blümchenmuster auftritt.
Zentral für die Dokumentation ist die WM 1990. Beckenbauer holt nach der Wiedervereinigung als Teamchef mit der deutschen Nationalmannschaft den WM-Titel. Der Dreiteiler schafft es, die Bedeutung des Erfolgs zu erklären.
Die Legende
Auch die Vergabe der Fußball-WM 2006 wird thematisiert. Beckenbauer soll ein Dokument unterschrieben haben, das einen Stimmenkauf nahelegt. Der ehemalige Werder Bremen-Manager und SPD-Politiker Willi Lemke gibt zu: „Ich habe das Spiel mitgemacht. Dafür möchte ich mich entschuldigen.“ Beckenbauer zog sich, nachdem er sein Image als unfehlbare Lichtfigur verloren hatte, zunehmend ins Privatleben zurück. Er starb am 7. Januar 2024.
Beckenbauer – Der letzte Kaiser. Am Dienstag, 7. Januar zeigt Arte um 20.15 Uhr die internationale Fassung des Dreiteilers. Am Sonntag, 12. Januar ist um 16.30 Uhr im ZDF die Doku als 88-minütiger „Director’s Cut“ zu sehen. Die Doku ist zudem in der Arte-Mediathek verfügbar.