Kanzler in Paris
Wie Scholz und Macron mit Trump umgehen wollen
Der Bundeskanzler ist in Paris, um ein Zeichen nach dem Amtsantritt von US-Präsident Trump zu setzen. Doch auch im Ausland lässt Scholz der Wahlkampf nicht los.
Von Tobias Peter
Sie himmeln sich nicht unbedingt gegenseitig an wie verliebte Teenager. Aber so viel offen zur Schau getragene Herzlichkeit war selten zwischen Olaf Scholz und Emmanuel Macron.
Der deutsche Kanzler blickt immer wieder zum französischen Präsidenten, während der spricht. „Mon cher amie“, mein lieber Freund, sagt Scholz schließlich, als er bei seinem Besuch in Paris selbst mit seinem Statement dran ist. „Wir beide sind uns einig: Europa muss stark und widerstandsfähig sein“, sagt Scholz. Er spricht über herausfordernde Zeiten und die Amtseinführung von US-Präsident Trump. „Europa wird sich nicht ducken und verstecken, sondern ein konstruktiver und selbstbewusster Partner sein“, sagt Scholz. Macron hat vorher betont, Deutschland und Frankreich blieben ein Motor in Europa.
Ein „solides“ Paar
Scholz und Macron hätten keinen guten Draht zueinander gefunden, so ist es immer wieder kritisiert worden. Jetzt, zum Amtsantritt Trumps, geht es aber um ein Signal der Gemeinsamkeit. Dass in den vergangenen Jahren nicht alles rund gelaufen ist, lässt sich aber vielleicht doch in dem Satz Macrons heraushören: „Angesichts der Herausforderungen und der manchmal aufkommenden Sorgen ist das Paar, das wir bilden, solide“, sagt er über Deutschland und Frankreich.
Es ist Jahrestag der Unterzeichnung des Élysée-Vertrags. Es war der 22. Januar 1963, als der damalige französische Präsident Charles de Gaulle und Kanzler Konrad Adenauer den Vertrag schlossen. Er war, 18 Jahre nach Ende des Krieges, die Grundlage zur Aussöhnung der ehemaligen Feinde.
Es geht um die Fähigkeit, außenpolitisch mit einer Stimme zu sprechen
Vor allem aber sind es historische Tage. Am Montag ist Donald Trump in das Amt als US-Präsident eingeführt worden. Was Trump in den kommenden Monaten genau tun wird, ist schwer kalkulierbar. Sicher ist: Für Europa wird es nicht einfacher. Eine gute Zusammenarbeit in der EU ist dringlich. Es geht um die Fähigkeit, außenpolitisch mit einer Stimme zu sprechen. Und gemeinsam die eigenen Verteidigungsfähigkeiten Europas zu verbessern. Es kommt auf Deutschland und Frankreich an.
Zum 60. Jahrestag des Élysée-Vertrags, also vor zwei Jahren, war Scholz fast mit dem gesamten Bundeskabinett auf Klassenreise in Paris. Im Audimax der Sorbonne gab es eine Feststunde, bei der Macron forderte, Deutschland und Frankreich müssten Pioniere bei der Neugründung Europas sein. Macron sprach von der „Kühnheit, dass alles möglich ist, wenn wir vereint bleiben“. Scholz dankte „unseren französischen Brüdern und Schwestern für ihre Freundschaft“.
Scholz kämpft um sein politisches Überleben
Seitdem hat sich viel verändert für Scholz und Macron. Der Franzose hat nach dem Sieg der rechtspopulistischen Partei Rassemblement National bei der Europawahl das Parlament aufgelöst. In Frankreich herrschen seit der Neuwahl unsichere Mehrheitsverhältnisse. In Deutschland liegt die SPD nach dem Bruch der Ampelkoalition vor der Wahl am 23. Februar in Umfragen weit zurück. Scholz kämpft um sein politisches Überleben.
Dass dies so ist, lässt sich auch daran erkennen, das Scholz sich am Rande der Reise, also nicht bei den Statements mit Macron, noch einmal zum Streit über drei Milliarden Euro für ein neues Waffenpaket für die Ukraine äußert. Scholz will nur zustimmen, wenn dafür die Schuldenbremse ausgesetzt wird. Grüne, FDP und Union halten den Weg durch eine überplanmäßige Ausgabe für möglich.
„Niveau von Sprücheklopfern“
„Wir haben eine Haushaltslücke von aktuell 26 Milliarden Euro. Wenn ich abziehe, dass wir nicht alles ausgeben werden, sagen wir 10 Milliarden, dann fehlen für 2025 immer noch 15 Milliarden Euro“, sagt Scholz. „Die Frage, wie man das finanziert, muss man schon beantworten. Und in diese Antwort muss man dann die zusätzlichen 3 Milliarden Euro auch miteinbeziehen.“ Scholz betont: „Wer das unbeantwortet lässt, belügt die Öffentlichkeit.“
Sein Mantra ist seit langem: Zusätzliche Ukraine-Hilfe dürfe nicht zulasten des Sozialen gehen. „Dass man vor der Wahl nicht darüber diskutiert, wer was zahlt, empfinde ich als Skandal.“ Einfach zu behaupten, das würde schon irgendwie gehen, habe „das Niveau von Sprücheklopfern“. Harte Vorwürfe, die in Deutschland neuen Widerspruch hervorrufen werden.
In Paris sind wenige Stunden Zeit für Schulterklopfen mit Macron. Dann geht es zurück in den Wahlkampf nach Berlin.