Wie Staus die Gerichte beschäftigen

Wer hat Schuld? Urteile rund um Verkehrsstaus

Stuttgart Der ADAC hat kürzlich die „Stau-Statistik 2018“ vorgestellt. Danach standen Autofahrer im vergangenen Jahr 459 000 Stunden in insgesamt 745 000 Staus. „Staureichster Tag“ 2018 war der 28. Juni, als sich der Verkehr auf 13 000 Kilometern gestaut hatte. Ob Staus zu langen Pkw-Schlangen führen und ihretwegen oft eine Rettungsgasse (nicht) gebildet wird oder ob nicht ganz aufmerksame Autofahrer das Ende eines Staus zu spät wahrnehmen und auffahren: Staus kosten die Gerichte viel Arbeit – und die Kfz-Versicherungen viel Geld.

So hat das Oberlandesgericht Hamm festgestellt, dass es im Stau auf dem Einfahrt-streifen keine „Vorfahrt“ gibt. Ein Autofahrer hatte sich, von einer Raststätte kommend, zwischen zwei Sattelzüge eingefädelt, die die rechte Spur fast zugestellt hatten. Der Pkw passte aber nicht in die Lücke und blieb schräg dazwischen stehen. Prompt fuhr der hintere der beiden Laster auf. Der Fahrer wollte keine Schuld zugeben. Dazu das Gericht: In einem Stau könne es keine „Vorfahrt“ geben. Der Autofahrer wurde freigesprochen (AZ: 4 RBs 117/18).

Das Amtsgericht Berlin stellte fest, dass bei einem Zusammenstoß zweier Fahrzeuge nach dem Vorbeilassen von Rettungsfahrzeugen und dem Wiedereinfädeln die Fahrer zu gleichen Teilen haften. Der „nachgerückte“ Autofahrer habe ebenso Schuld an dem Crash wie der vor ihm wartende (AZ: 104 C 3211/14).

Fährt ein Pkw auf der Autobahn am Ende eines Staus „leicht“ auf einen Wagen auf und verlassen mehrere Insassen der beiden Pkw ihre Fahrzeuge, so haben sie gegen die Regel verstoßen, die Autobahn nicht betreten zu dürfen. Stattdessen hätten sie auf den Seitenstreifen fahren und ihre Fahrzeuge sichern müssen. Das hat das Oberlandesgericht Koblenz entschieden (1 U 136/12).

Bleibt ein Lkw-Fahrer im morgendlichen Berufsverkehr wegen eines Motorschadens unmittelbar hinter einer scharfen Kurve liegen und staut sich der Verkehr dahinter, weil ein gefahrloses Umfahren der Stelle nicht möglich ist, so hat der Halter des Lkw die Kosten für einen Polizeieinsatz zu zahlen (hier ging es um 250 Euro). Er kann nicht argumentieren, der Einsatz wäre nicht nötig gewesen, da sich der Fahrer am Fahrzeug befunden und alle Sicherheitsvorkehrungen getroffen habe (1 K 621/09).

Ein Autofahrer, der sich einem Verkehrsstau auf einer Autobahn nähert, ist verpflichtet, die Warnblinkanlage einzuschalten, um nachfolgende Fahrzeuge zu warnen. Tut er das nicht und passiert dadurch ein Auffahrunfall durch ein nachfolgendes Fahrzeug, so trägt der Nichtblinker (beziehungsweise seine Kfz-Haftpflichtversicherung) 25 Prozent des Schadens (LG Memmingen, 2 O 392/07).

Beim Annähern an einen Stau ist die Warnblinkanlage einzuschalten

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Erstellt:
29. Januar 2019, 11:22 Uhr

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