Wie Wieland Backes sein Abi machte
Heiner Kirschmer präsentiert beim Heimat- und Kunstverein den vierten Band seiner „Backnanger Gschichdla“
Heiner Kirschmer hat sich wieder auf die Suche begeben nach wahren Geschichten und heiteren Anekdoten über Backnanger Persönlichkeiten und skurrile Begebenheiten in der Stadt. Im Helferhaus stellte er den vierten Band seiner Reihe „Backnanger Gschichdla“ vor.

Viele Geschichten hat Heiner Kirschmer in seinem vierten Band zusammengetragen. Foto: P. Wolf
Von Claudia Ackermann
BACKNANG. Um „Schnaps aus Gülle“ oder das einstige Backnanger „Schlachthofbad“ geht es in den Geschichten, die Heiner Kirschmer zusammengetragen hat. Eine Einführung bei der Matinee am Samstag hielt Ernst Hövelborn, erster Vorsitzender des Heimat- und Kunstvereins. Sein besonderer Gruß galt dem Autor, „einem Manne, der mit vielen und besonderen Gaben ausgestattet und daher vielfältig geschäftig ist, wobei ihm seine Heimat, die Stadt Backnang ihre Geschichte und Menschen, besonders am Herzen liegt“.
Kirschmer stellte die Themen des neuen Bands vor und las einzelne Passagen. Es geht um Persönlichkeiten, wie etwa Wieland Backes, der von 1987 bis 2014 die TV-Talkshow Nachtcafé moderierte. Sein Abitur machte er 1966 am Backnanger Max-Born-Gymnasium. Nicht alle Beiträge im Büchlein hat Heiner Kirschmer selbst geschrieben. Dieser wurde ihm von BKZ-Redakteur Armin Fechter zur Verfügung gestellt. Begebenheiten aus der Praxis des Arztes Walter Groß, der sich 1911 in Backnang niederließ und einen recht humorvollen Umgang mit seinen Patienten pflegte, sind zu lesen. Oder es geht um Ernst Eckstein, genannt Büde (schwäbisch Bide), der 1967 die Murrtal Lederfabrik Backnang gründete.
Unterhaltungen auf Schwäbisch sind eingefügt. Als der Unternehmer gefragt wird, ob er keine Angst vor dem Risiko habe, antwortet dieser: „Mir ko nichts passiera, i ghör dr Kreissparkass.“ Ein Beitrag widmet sich dem früheren Stadtschultheiß und Landtagsabgeordneten Christian Schmückle (1797 bis 1885). Fotos sind enthalten, wie eine Aufnahme seines Grabes auf dem Stadtfriedhof.
Besondere Orte hat Kirschmer aufgenommen. Etwa die Räuberhöhle, die nordwestlich von Maubach liegt. Einer sagenhaften Geschichte nach soll von der Höhle ein unterirdischer Gang bis zum Schloss (Amtsgericht) geführt haben. Der Backnanger Gänsekrieg ist ein Thema, wobei Kirschmer die neun Punkte der 1612 erlassenen Gänseordnung aufführt. Wurde dagegen verstoßen, musste Strafe bezahlt werden, wobei ausdrücklich geregelt war, dass diese Strafe von den Männern und nicht von den Frauen entrichtet werden musste.
Ein Beitrag führt in eine unrühmliche Zeit, so Kirschmer. Es geht um Straßenumbenennungen, die 1933 vom Gemeinderat beschlossen wurden. Der Marktplatz erhielt den Namen Adolf-Hitler-Platz. Eine Aufstellung zeigt die Straßennamen ab 1933 und die erneute Umbenennung, die ab 1945 erfolgte. So ist älteren Backnangern die heutige Talstraße vielleicht noch als „Murr-Allee“ bekannt, was allerdings nichts mit dem gleichnamigen Fluss zu tun hat, sondern auf „Wilhelm-Murr-Allee“ zurückgeht, benannt nach dem Reichsstatthalter in Württemberg bis 1945, führte Kirschmer aus. Ein Stück Industriegeschichte schrieb in Backnang das Unternehmen Arwa, das seinerzeit einer der größten Strumpfhersteller in Deutschland war. Anfang 1949 wurde die Produktion in leer stehenden Räumen der Lederfabrik Fritz Häuser in Backnang aufgenommen. Als erfolgreiches Werbemittel wurde 1951 eine „Beinkönigin“ gekürt.
Horst Hettich hat einen Beitrag über die frühere Sulzbacher Straße beigesteuert, in der er aufgewachsen ist. Äußerst amüsant wird es bei einer Büttenrede von Oberbürgermeister Frank Nopper, die Kirschmer in das Büchlein aufgenommen hat. „Vor euch stoht koi Sex-Granat, i ben an stolzer Murr-Pirat“, heißt es darin. Friedrich Stroh hat die Geschichte „Schnaps aus Gülle“ beigetragen, die verrät, wie der Mechanikermeister Robert Stroh nach dem Ersten Weltkrieg der Entdeckung seiner Schwarzbrennerei entging.
Eine Geschichte erzählt vom Backnanger Schlachthofbad, das mit dem neuen Schlachthof 1907 erstellt wurde. Da die meisten Häuser in Backnang noch kein Bad hatten, sollten die Wannenbäder als Ersatz dienen. Ein Schwimmbecken von vier mal sechs Metern war angeschlossen, in dem Heiner Kirschmer in den 1950er-Jahren das Schwimmen trainierte, als es im Winter in Backnang keine andere Möglichkeit dazu gab. Amüsante Anekdötchen aus Wirtschaften und Kurzkrimis sind angefügt.
Heiner Kirschmer: „Backnanger Gschichdla Nr. 4“. 58 Seiten. Eigenverlag. Preis 10 Euro. Erhältlich im örtlichen Buchhandel oder in der Geschäftsstelle der Backnanger Kreiszeitung, Postgasse 7