US-Wahl – die Entscheidung
Wann können wir mit dem Ergebnis rechnen?
Wann sind die entscheidenden Ergebnisse für die US-Wahl zu erwarten? Ein Leitfaden für eine lange Wahlnacht.
Von Andreas Geldner
Wann wissen wir Bescheid, wer ins Weiße Haus zieht? Diese Frage macht auch hierzulande viele Menschen nervös. Wie weit das Spektrum reichen kann, zeigen schon die beiden jüngsten US-Präsidentschaftswahlen.
Auch wenn sich im Jahr 2016 das Ergebnis im Vergleich zu den Umfragen überraschend zu Gunsten von Donald Trump drehte und der Abstand in den drei für das Wahlmännerkollegium entscheidenden Bundesstaaten am Ende nur 107.000 Stimmen betrug, ereilte die Nachricht die Menschen in Europa am Morgen nach dem Wahltag schon zum Frühstück.
Selbst die im Gegensatz zu den Fernsehsendern traditionell vorsichtige Nachrichtenagentur Associated Press rief Trump bereits um 8.30 Uhr Mitteleuropäischer Zeit zum Sieger aus, auch wenn da die Auszählung im Land noch lief.
2020 hieß es fünf Tage warten
Ganz anders im Jahr 2020: Hier spielten nicht nur knappe Ergebnisse in einigen Schlüsselstaaten die Rolle, sondern auch die Tatsache, dass nicht nur die Wahlbeteiligung, sondern auch der Anteil der Briefwähler extrem hoch waren.
Es dauerte deshalb vom Wahltag am Dienstag, den 3. November, bis in die Morgenstunden des 7. November (US-Zeit) bis die relevanten Fernsehsender, einschließlich der konservativen Station Fox News Biden zum Sieger ausriefen. Entscheidend waren dafür die Ergebnisse in Georgia. Donald Trump hat das finale Ergebnis aber nie anerkannt - und lässt bis heute von dieser Legende, die im Laufe der Zeit von immer mehr Republikanern übernommen wurde, nicht ab.
Es wird am Ende darauf ankommen, wie schnell die sieben so genannten Swing States Arizona, Georgia, Michigan, Nevada, North Carolina, Pennsylvania und Wisconsin auszählen. Im Vergleich zu den teilweise chaotischen Verhältnissen des Jahres 2020, wo manche Bundesstaaten auch vom pandemiebedingt hohen Anteil der Briefwähler überrollt wurden, haben viele die Auszählung reformiert, um sie zu beschleunigen. So auch das 2020 besonders umkämpfte Georgia.
In mehreren Staaten wurde die Regelung abgeschafft, dass der Poststempel vom Wahltag für eine gültige Briefwahlstimme genügt. Das hat nämlich oft das Endergebnis um mehr als eine Woche verzögert. Nun gilt wie in Deutschland: Die Wahlpost muss spätestens am Wahltag zur Zählung eintreffen.
Die wahlentscheidenden Staaten liegen mehrheitlich in den östlicheren Zeitzonen der USA – und nicht in Hawaii oder Alaska, wo die Wahllokale bei früheren Wahlen noch stundenlang offen waren, als ein Sieger längst feststand. Viele große Staaten wie Texas (für die Republikaner) oder New York (für die Demokraten) werden zudem früh in der Waagschale des einen oder anderen Lagers landen. Als erste Bundesstaaten beginnen das jeweils fest in republikanischer Hand liegende Kentucky und Indiana um Mitternacht unserer Zeit mit der Zählung.
Es gibt eine Konstellation, wo relativ früh klar sein könnte, wer gewinnt: Ohne Pennsylvania und Michigan gibt es für die Demokratin Kamala Harris kaum einen Pfad zu den notwendigen 270 Wahlmännerstimmen. In Pennsylvania schließen die letzten Wahllokale um zwei Uhr morgens mitteleuropäischer Zeit. In Michigan ist dies für einen Teil ebenfalls um zwei Uhr der Fall, ein anderer bleibt bis drei Uhr morgens unserer Zeit offen.
Wenn in diesen beiden Bundesstaaten die Ergebnisse eindeutig sind, könnte für uns in Europa im allerfrühesten Fall schon ab etwa vier Uhr der Sieger oder die Siegerin feststehen. Als Barack Obama 2012 wiedergewählt wurde war schon vor Mitternacht US-Ostküstenzeit, also um sechs Uhr bei uns alles klar.
Wenn sich Harris und Trump hingegen die genannten beiden Bundesstaaten aufteilen, kommen andere ins Spiel. In Georgia (1 Uhr MEZ) und North Carolina (1.30 Uhr MEZ) schließen die Wahllokale relativ früh. Doch Wisconsin und Arizona (3 Uhr MEZ) und Nevada, wo die Stimmabgabe um vier Uhr mitteleuropäischer Zeit endet, könnten die Sache selbst im Falle relativ klarer Resultate verzögern.
Menetekel Florida im Jahr 2000
Und wenn es in einigen Bundesstaaten so knapp wird, dass kein klarer Sieger feststeht? Dann würde eine Regel greifen, wonach alle Stimmen noch einmal ganz neu ausgezählt werden müssen. Die Erfahrung von 2020 im Nacken haben diesmal die Republikaner, aber auch die Demokraten schon Armeen von Anwälten bereit, die alles anfechten, was anfechtbar ist.
Ein Menetekel bildet die Wahl des Jahres 2000 in Florida – wo bei der aktuellen Präsidentschaftswahl laut Umfragen übrigens die Republikaner klar favorisiert sind. Damals entschieden am Ende 537 Stimmen von 5,8 Millionen abgegebenen über die Wahlmänner des Bundesstaates.
Davor lag ein fünfwöchiger, teilweise chaotischer Auszählungsprozess, der nie zu Ende geführt wurde, weil am Ende aufgrund einer Klage der Republikaner der Oberste Gerichtshof der USA intervenierte. Für eine zweite Auszählung der Stimmen gebe es keinen einheitlichen, gesetzlichen Standard und es fehle die Zeit um einen solchen zu schaffen, entschied die von den Republikanern installierte, konservative Mehrheit der Richter.
Der Vorsprung von Bush zu diesem Zeitpunkt blieb so als amtliches Ergebnis stehen. Trotzdem akzeptierte der Demokrat Al Gore den Wahlausgang – ein Verhalten, das von Donald Trump nicht zu erwarten gewesen wäre.
Trump wird erste Ergebnisse ausnützen
Eines wird Trump in jedem Fall noch in der Wahlnacht ausspielen: Ländliche Stimmbezirke, in denen die Republikaner dominieren, übermitteln viel schneller ihre Ergebnisse als die in der Regel zu den Demokraten tendierenden Städte. Der Republikaner wird also auf den aktuellen Vorsprung verweisen und daraus seinen Sieg ableiten. Dramatisch könnte es diesmal in Pennsylvania werden. Gerade hier könnten erst die langwierig auszählenden, demokratisch tendierenden Städte und Briefwahlstimmen entscheiden. 2020, wo es am Ende eher an Georgia hing, dauerten auch in Pennsylvania diese Zählungen bis zu fünf Tage nach der Wahl.