Rauchen und Antibiotikaresistenzen
Wie Zigarettenabfälle die Verbreitung resistenter Keime fördern
Schnell weggeworfen, lange liegen geblieben. Auf den Boden geworfene Zigarettenkippen sind nicht nur hässlich anzusehen. Die Auswirkungen auf die Umwelt werden häufig unterschätzt. Dabei ist der Giftcocktail in Kippen auch noch aus einem ganz anderen Grund brandgefährlich.

© dpa/Jens Kalaene
Zahlreiche auf den Boden geworfene Zigarettenstummel liegen auf dem Pflaster des Gendarmenmarktes in Berlin. Weltweit werden Schätzungen zufolge jedes Jahr 4,5 Billionen Zigaretten in die Umwelt geworfen.
Von Markus Brauer
Antibiotikaresistenzen sind weltweit ein großes Problem. Sie führen dazu, dass lebenswichtige Medikamente nicht mehr wirken. Eine Studie unter Federführung von Forschern am Institut für Hydrobiologie der Technischen Universität Dresden (TUD) zeigt, dass Schadstoffe aus Zigarettenrauch und -abfällen das Wachstum und die Verbreitung resistenter Keime in der Umwelt fördern können.
Die Ergebnisse belegen zudem, dass Rauchen die Verbreitung resistenter Bakterien in der Lunge verstärkt. Die Studie erscheint im Journal „Environmental Health Perspectives“.
Finally we investigated what happens to cigarette filters, that contain a majority of the toxic substances found in cigarette smoke, and are an an emerging environmental pollutant when they enter aquatic environments. 6/9 pic.twitter.com/oAXEbNJNqH — Uli Klümper (@UliKluemper) March 4, 2025
Potenziell krankheitserregende Keimen und Bakterien
Jedes Jahr sterben Millionen Menschen an den direkten Folgen des Rauchens. Die Studie, die in Zusammenarbeit mit den Universitätskliniken in Dresden und Heidelberg sowie der Tsinghua University in China entstand, zeigt nun, dass Rauchen auch indirekt zur Gesundheitsgefahr wird, wenn Schadstoffe aus Zigarettenrauch und Zigarettenstummeln in die Umwelt gelangen.
„Zigarettenfilter enthalten viele der giftigen Substanzen aus dem Zigarettenrauch“, erläutert Uli Klümper vom Institut für Hydrobiologie an der TUD. „Wir konnten in unserer Studie feststellen, dass diese Filter, wenn sie in Gewässern landen, vermehrt von potenziell krankheitserregenden Keimen und Bakterien mit Antibiotikaresistenzen besiedelt werden, da diese besonders gut an die widrigen Bedingungen auf den Filtern angepasst sind.“
Strengere Maßnahmen gegen achtlose Wegwerfen
Die mit resistenten und pathogenen Bakterien kolonisierten Zigarettenstummel können anschließend in Flüsse, andere Gewässer oder an Strände transportiert werden, was zur Ausbreitung von gefährlichen Bakterien beitrage.
„Dies unterstreicht die Notwendigkeit strengerer Maßnahmen gegen das achtlose Wegwerfen von Zigarettenstummeln und verdeutlicht eine weitere versteckte Gesundheitsgefahr durch das Rauchen“, bekräftigt Klümper.
Rauchen verstärkt die Verbreitung resistenter Bakterien in der Lunge
Auch für Raucher bescheinigt die Studie Auswirkungen: Menschen, die rauchen, könnten eine schnellere Verbreitung von resistenten Keimen in ihrer eigenen Lunge begünstigen, was bei zukünftigen Lungeninfektionen eine geringere Wirksamkeit von verabreichten Antibiotika zur Folge hat.
Verschiedene Bakterienarten können Resistenzgene über sogenannte Plasmide – kleine DNA-Moleküle, die Bakterien untereinander weitergeben – austauschen. Dies sorgt dafür, dass bisher mit Antibiotika behandelbare Bakterien Resistenzen gegen diese Antibiotika erwerben und nicht mehr behandelbar sind.
„In unseren Experimenten mit künstlichem Lungenmedium konnte gezeigt werden, dass die giftigen Stoffe die sich durch Zigarettenrauch in der Lungenflüssigkeit anreichern eine Stressreaktion der Bakterien auslösen, welche unter anderem die Frequenz der Weitergabe von Resistenzgenen durch Plasmide zwischen Bakterien mehr als verdoppelt“, schreiben die Forscher.
Wie viele Giftstoffe enthalten Zigarettenstummel?
Zigarettenstummel bestehen größtenteils aus einem Filter aus Kunststoff. Das Material aus Cellulose-Acetat ist mit Chemikalien angereichert und zersetzt sich nach zehn bis 15 Jahren. In den Stummeln sammeln sich allerdings bis zu 7000 verschiedene Giftstoffe, mehr als 50 davon sind krebserregend.
Neben Nikotin sind dies Arsen und Schwermetalle wie Blei, Kupfer, Chrom und Cadmium wie Thomas Novotny, Professor der Division of Epidemiology and Biostatistics an der San Diego State University, in einer Studie nachgewiesen hat. Die Filter können außerdem bis zu 50 Prozents des im Zigarettenrauch enthaltenen Teers zurückhalten.
Am Ende landen sie durch Wind und Regen meist in Flüssen und Meeren. Belastet werden vor allem Gewässer und das Grundwasser. Aus einem Stummel können knapp zwei Milligramm Nikotin in Böden und Gewässer gespült werden und laut einer Studie 1000 Liter Wasser verunreinigen.
Wie schädlich sind Zigarettenstummel für Tiere?
Für Wasserbewohner wie Fische, Larven und Mikroorganismen können Kippen tödlich sein. Bereits ein Zigarettenstummel pro Liter Wasser reicht aus, um die Hälfte der darin schwimmenden Fische zu töten.
Bei Wattwürmern wurden mögliche Veränderungen des Erbgutes nachgewiesen. Wenn Speisefische kleinste Partikel fressen, könnte der Zigarettenmüll auch in der menschlichen Nahrungskette landen.