Wiedereinstieg in Gottesdienste in Sicht
dpa/lsw Stuttgart. Vielen Gläubigen fehlt das gemeinsame Feiern des Gottesdienstes. Eingeschränkt soll das demnächst wieder möglich sein. Gemeinsames Singen in der Kirche wird wegen des Infektionsschutzes aber noch lange nicht erlaubt sein.
Die Kirchen im Südwesten diskutieren, wie ein Wiedereinstieg in öffentliche Gottesdienste in der Corona-Krise gelingen kann. An diesem Mittwoch soll es dazu Gespräche zwischen den Bischöfen und Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) geben. Der Bischof der Evangelischen Landeskirche in Baden, Jochen Cornelius-Bundschuh, hält den 10. Mai für die ersten gemeinsamen Sonntagsgottesdienste für ein realistisches Datum. Bis dahin könnten die entsprechenden Vorkehrungen getroffen werden, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart.
Seit Wochen behelfen sich die Kirchen mit Gottesdiensten in Fernsehen oder Internet. Vor einigen Kirchen hängen Wäscheleinen mit Predigten, Ermutigungen und Bibelversen zum Mitnehmen für die Gläubigen. Manche Pfarrer halten vor Seniorenheimen Andachten, die von den Bewohnern vom Fenster oder Balkon verfolgt werden können.
Für Cornelius-Bundschuh wird es aber zunächst keine Rückkehr zur Normalität geben. „Es werden ganz besondere Gottesdienste sein.“ Gemeinsames Singen etwa sei derzeit tabu, weil dabei durch Tröpfcheninfektion das Virus verbreitet werden könnte. Solo-Sänger könnten eine Alternative sein. Auch den Abstands- und Hygieneauflagen müsse Rechnung getragen werden: mit dem Bereitstellen von Desinfektionsmitteln, dem Markieren von Sitzen mit Sicherheitsabstand und womöglich separaten Ein- und Ausgängen. „Denkbar sind bei großem Andrang auch zwei zeitlich versetzte Gottesdienste“, sagte der Theologe. Die Ausgestaltung werde je nach Größe der Kirche und Gemeinde unterschiedlich ausfallen.
Für die Evangelische Landeskirche in Württemberg erläuterte deren Sprecher: „Die Kirchen haben aus Verantwortungsbewusstsein und aus Nächstenliebe dem Aussetzen der Gottesdienste zugestimmt.“ Dabei sähen sie nicht das Grundrecht auf freie Religionsausübung verletzt. Im Vordergrund stehe der Schutz vor einer Ansteckung mit dem Coronavirus. In den Gemeinden werde das überwiegend akzeptiert. Im Südwesten leben rund 3,2 Millionen Protestanten.
Cornelius-Bundschuh sagte zu den langfristigen Folgen der Pandemie: „Wir nehmen viel mit. Die Kirche ist schneller als erwartet im digitalen Zeitalter angekommen.“ Es werde weiterhin verschiedene Arten der Kommunikation geben. „Wir werden aber keine Fernsehkirche werden.“
Der Bischof sieht derzeit vor allem Bedarf nach persönlicher Ansprache in den Seniorenheimen. Pfarrer und Gemeindediakone sollten in Heimen in einem abgetrennten Raum mit fünf Bewohnern Andachten halten dürfen. „Viele ältere Menschen fühlen sich vergessen und abgeschoben.“ Deshalb müsse es auch möglich sein, dass Angehörige in Schutzkleidung ihr Lieben besuchen.
Die beiden Diözesen im Südwesten verwiesen auf das Arbeitspapier der Deutschen Bischofskonferenz. Auf dessen Basis würden die Vorschläge für die Gespräche mit dem Land entwickelt, hieß es bei der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Dort und in der Erzdiözese Freiburg leben 3,7 Millionen (2017) Katholiken.