Wildkräuter wachsen auch im Winter

Wer seinen Speiseplan gerne mit Wildpflanzen bereichert, muss in der kalten Jahreszeit nicht darauf verzichten. Naturparkführerin Michaela Genthner erklärt bei einer Kräuterwanderung am Ebersberg, worauf es ankommt.

Naturparkführerin Michaela Genthner erklärt bei einer Kräuterwanderung rund um das Schloss Ebersberg, was die Natur alles an Essbarem hergibt. Fotos: Tobias Sellmaier

© Tobias Sellmaier

Naturparkführerin Michaela Genthner erklärt bei einer Kräuterwanderung rund um das Schloss Ebersberg, was die Natur alles an Essbarem hergibt. Fotos: Tobias Sellmaier

Von Annette Hohnerlein

Auenwald. Es ist bitterkalt, die 18 Teilnehmer der Kräuterwanderung haben sich dick eingepackt; ohne Handschuhe, Schal und Mütze geht gar nichts an diesem eisigen Sonntag. Eigentlich könnte man erwarten, dass die zarten Kräuter erst in einigen Wochen sprießen, wenn es wärmer wird. Aber Naturparkführerin Michaela Genthner kennt mehr als ein Dutzend essbare Wildpflanzen, die man selbst unter dem Schnee und bei Minusgraden finden kann.

Am Anfang gibt Genthner den Teilnehmern einen wichtigen Hinweis mit auf den Weg: Man sollte nur das verwenden, was man zu 100 Prozent kennt. Denn genau wie bei essbaren Pilzen gibt es auch bei anderen Pflanzen Doppelgänger, deren Verzehr böse Folgen haben kann. Auf Apps zur Bestimmung der Kräuter könne man sich dabei nicht verlassen, die Ergebnisse seien manchmal falsch, so die Erfahrung der Kursleiterin.

Bei ihrer Tour rund um den Ebersberg trifft die Gruppe gleich zu Beginn auf eine Pflanze, die fast jeder kennt und die auch nicht so leicht verwechselt werden kann: das Gänseblümchen. „Die Rosette aus Blättern kann man essen wie Ackersalat“, sagt Genthner, „Und man kann die Blätter für Kräuterbutter oder einen Smoothie verwenden. Auch die Blüte ist essbar, die Knospen kann man wie Kapern in Essig einlegen.“

Der essbare Löwenzahn hat viel mehr C- und A-Vitamine als Kopfsalat.

© Tobias Sellmaier

Der essbare Löwenzahn hat viel mehr C- und A-Vitamine als Kopfsalat.

Eine wichtige Rolle in der Wildkräuterküche spielt der Löwenzahn. Von Gärtnern oft erbittert bekämpft, bietet die Pflanze als Nahrungsmittel eine Reihe von Pluspunkten. „Der Löwenzahn hat siebenmal mehr Vitamin C und 40-mal mehr Vitamin A als Kopfsalat“, erklärt die Kräuterexpertin. Zwar habe er einen etwas bitteren Geschmack, aber solche Bitterstoffe seien gut für Galle, Leber, Magen und Darm. Obst und Gemüse aus dem Supermarkt enthalten dagegen kaum noch Bitterstoffe, weil man diese aus Geschmacksgründen herausgezüchtet habe. Alle paar Meter macht Michaela Genthner ihre Begleiter auf weitere Wildkräuter rechts und links des Wegs aufmerksam: auf die Vogelmiere („eine Einsteigerpflanze“), das Behaarte Schaumkraut („scharf, würzig, senfig“), den wilden Schnittlauch, das Scharbockskraut, den Spitzwegerich, das Labkraut, die Schafgarbe und schließlich auf die „Königin der Pflanzen“, die Brennnessel, eine Heilpflanze, die blutreinigend und harntreibend wirkt. Neben Informationen zu den Merkmalen und der Verwendung der einzelnen Pflanzen bekommen die Teilnehmer viele praktische Tipps. So könne man die Brennhaare der Brennnessel unschädlich machen, indem man die Blätter vor der Verarbeitung mit dem Wellholz bearbeitet, verrät die Naturparkführerin.

Kräuter nicht direkt am Weg pflücken

Die beste Zeit, um Wildkräuter zu sammeln, sei der späte Vormittag, wenn der Boden schon etwas getrocknet ist. Und es sei empfehlenswert, die Kräuter nicht direkt neben dem Weg oder der Straße zu pflücken, sondern ein paar Meter entfernt, um eine Verunreinigung durch Abgase oder Hundekot auszuschließen. Außerdem rät Genthner zum achtsamen Sammeln: „Am besten so, dass der Nächste nicht sieht, dass jemand da war.“ Wenn man die Pflanze erhalten wolle, müsse man beim Ernten die Wurzeln in der Erde lassen. Entwarnung gibt Genthner beim Thema Fuchsbandwurm. Die Gefahr, sich durch Wildpflanzen mit dem Erreger zu infizieren, sei minimal.

Aber nicht nur am Boden findet man Essbares, auch die Bäume bieten dem, der sich auskennt, eine Bereicherung für die Winterküche. Die Nadeln von Tanne, Fichte, Kiefer oder Douglasie können getrocknet und gemahlen werden und verleihen Frischkäsedips, Kräuterbutter oder einem Nachtisch einen aparten Geschmack. Nur von der Eibe sollte man die Finger lassen; dieser Nadelbaum ist sehr giftig.

Michaela Genthner ist als Naturparkführerin, Streuobstpädagogin, Kursleiterin für Waldbaden und Achtsamkeit im Wald sowie als Naturcoach bestens qualifiziert und vermittelt bei der Wanderung nicht nur rein fachliches Wissen. So können die Teilnehmer bei einer Art Tastquiz die Zweige verschiedener Nadelbäume befühlen und versuchen, sie zuzuordnen. Außerdem werden Gläser mit gemahlenen Nadeln zum Schnuppern herumgereicht, und man staunt über die ganz unterschiedlichen und ungewohnten Riecherlebnisse.

Zurück am Ausgangspunkt der rund zweieinhalbstündigen Tour am Schloss Ebersberg in der Gemeinde Auenwald bekommt die Gruppe von ihrer Kursleiterin noch einige Kostproben serviert: Kräuterfrischkäse, einen veganen Dip sowie Tannennadel- und Gänseblümchenbutter.

Wanderung auch am Samstag

Weiterer Termin Am kommenden Samstag, 4. März, bietet Michaela Genthner nochmals eine Wildpflanzenführung an. Treffpunkt ist um 10 Uhr in Auenwald-Ebersberg am Parkplatz beim Schloss Ebersberg. Die Kosten betragen zehn Euro pro Person. Mitzubringen sind ein Sitzkissen, ein Getränk, ein Teller und ein Streichmesser. Eine Anmeldung ist erforderlich und kann telefonisch unter der Nummer 07191/318653 oder per E-Mail an mit-der-natur@web.de erfolgen.

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Erstellt:
28. Februar 2023, 06:00 Uhr

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