Winterdienste im Rems-Murr-Kreis im Kampf gegen das Glatteis
In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch waren die Winterdienste im Rems-Murr-Kreis besonders aktiv. Bei gestiegenen Temperaturen ist Regen gefallen, der auf dem kalten Boden gefroren ist. Wegen des Glatteises ist es auch zu Unfällen gekommen.
Von Anja La Roche
Rems-Murr. Die Temperaturen sind wieder gestiegen. Deshalb ist es in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Süddeutschland, so auch im Rems-Murr-Kreis, zu Blitzeis gekommen. Der Regen ist auf den kalten Boden geprasselt und dort gefroren. Da der Deutsche Wetterdienst prognostiziert hatte, dass Glatteis auftreten wird, waren die Winterdienste der Region gut vorbereitet. Die Mitarbeiter waren in der Nacht und am Morgen im Einsatz, um die Straßen zu streuen und salzen. Nur so ist es den Menschen möglich gewesen, sich am nächsten Morgen sicher fortzubewegen. Dennoch konnte einige Unfälle nicht verhindert werden (siehe Infotext).
Einer von diesen Helden der Nacht, die sich um eisfreie Straßen bemühen, ist Michael Reuschle. Er leitet den Bauhof in der Gemeinde Spiegelberg und ist mitunter für den Winterdienst zuständig. Schon seit etwa einer Woche hätten die Wetterdienste Glatteis angekündigt. Bei der Mittagspause am Dienstag war für Reuschle dann endgültig klar: In dieser Nacht wird er wohl im Einsatz sein. Um 2 Uhr nachts hat er mit der Arbeit begonnen und schon einmal mit dem großen Räum- und Streufahrzeug das Kornsalz auf die Straßen gebracht, damit der Regen erst gar nicht festfrieren kann; diesen Vorgang nennt er „vorsalzen“. Um 5 Uhr wurde er von seinem Kollegen Thorsten Massa abgelöst. Der berichtete kurz nach seinem Einsatzende um 9 Uhr: Etwa um 5 Uhr habe auch der Regen in Spiegelberg eingesetzt, spiegelglatt sei es überall geworden. Deswegen sei die Vorarbeit von Reuschle so wichtig gewesen. „Das war schon mal der Grundstein, damit es nicht ganz so eisig wird.“
Steile Strecken werden priorisiert
Dabei haben der Bauhofleiter und sein Kollege insbesondere die Steilstrecken gesalzen, „vor allem da, wo der Rettungsdienst hochmüsste“, erklärt Reuschle. Denn am Hang sei es bei glatten Straßen mitunter gar nicht möglich, voranzukommen oder zu bremsen. Priorität hat beim Winterdienst laut Reuschle außerdem der Weg, den der Schulbus nimmt. Die Gemeinde hat neben dem großen Fahrzeug außerdem noch ein kleineres, das drei Mitarbeiter im Wechsel für die Gehwege einsetzen. Die Vorgehensweise sei bei Glatteis ähnlich wie bei Schneefall, erklärt Reuschle – nur dass nicht geräumt, sondern nur gestreut werden müsse. Auch wegen Schnee waren die Bauhofmitarbeiter in den vergangenen Tagen öfters unterwegs. „Wir warten immer, bis die Straßen weiß werden, dann fahren wir los“, sagt Reuschle.
In Backnang ist am Mittwoch laut Tiefbauamtsleiter Lars Kaltenleitner gegen 5 Uhr der Schneefall in Nieselregen übergegangen. Alle 25 Mitarbeiter pro Schicht und auch die fünf Mitarbeiter einer Fremdfirma seien ab 3.30 Uhr im Einsatz gewesen, um das Glatteis zu bekämpfen. „Wir tun unser Möglichstes und sind mit aller Kraft dabei“, sagte Kaltenleitner am Mittwochmorgen. Gegen 9.30 Uhr stellten die Mitarbeiter fest, dass das Kopfsteinpflaster in der Backnanger Innenstadt noch Probleme bereitet. Deswegen verlagerte der Winterdienst seine Kräfte von den Straßen auf die gepflasterten Wege, um diese mit Salz und Granulat zu bestreuen.
Vielzahl an Handstreuern, Kleintraktoren und größeren Fahrzeugen im Einsatz
Der jeweilige Einsatzleiter überprüft in den kalten Nächten in Backnang stets ab 3.30 Uhr die Straßen. Wenn Bedarf da ist, dann ruft er die Kollegen auf den Plan. „Wir verlassen uns da auf den Deutschen Wetterdienst, aber es ist gut, dass der Einsatzleiter noch zusätzlich kontrolliert“, erklärt Kaltenleitner. Die Winterdienstler haben die gefrorenen Straßen mit einer Vielzahl an Handstreuern, Kleintraktoren und größeren Fahrzeugen bearbeitet. Je nach Gerät verteilen sie Flüssigsalz, Trockensalz oder eine Salz-Granulat-Mischung auf den Wegen und Fahrbahnen. Sie gehen dabei nach einem detaillierten Räum- und Streuplan vor, bei welchem die Strecken nach ihrem Risiko priorisiert werden. Wie auch in Spiegelberg werden beispielsweise erst die steilen, dann die flachen Strecken befahren.
Doch nicht jede Straße und jeder Gehweg kann versorgt werden, dafür fehlen die Ressourcen. „Die Leute müssen sich auch vorsichtig verhalten“, sagt Kaltenleitner. Er empfiehlt bei Glatteis, im Homeoffice zu arbeiten, falls das möglich ist.
Murrhardter Räum- und Streuplan funktioniere gut
Beim gemeinsamen Bauhof von Murrhardt und Sulzbach an der Murr kontrolliert zu dieser Jahreszeit ebenfalls ein Mitarbeiter jede Nacht die Witterung, damit adäquat reagiert werden kann. Der Bürgermeister von Murrhardt, Armin Mößner, appelliert an die Bürger, ihre Autos so zu parken, dass die Streufahrzeuge vorbeifahren können. Die drei kleineren und neun größeren Fahrzeuge können bei Bedarf vom Maschinenring Rems-Murr verstärkt werden.
Der Räum- und Streuplan ist laut Mößner bereits mehrjährig erprobt. „Die letzten Jahre hatten wir öfters Blitzeis und da hat es gut funktioniert.“ So auch in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch. Die Bauhofmitarbeiter haben ab 3.30 Uhr die Straßen bestreut. Am Mittwochmorgen sei es noch für kurze Zeit zu Eisregen gekommen. „Die Straßen waren aber befahrbar“, sagte Mößner. Auch im weiteren Verlauf des Tages habe sich aufgrund des einsetzenden Regens hier und da noch Eis auf Wegen und Straßen gebildet, weshalb der Winterdienst weiter im Einsatz war.
Wetter heute Der Deutsche Wetterdienst teilte gestern mit, dass die Gefahr für Glatteis heute nur noch im äußersten nördlichen Bereich in Baden-Württemberg besteht, im Rems-Murr-Kreis dürften die Straßen also wieder sicher sein. Vormittags kann es zu Schneefall kommen, nachmittags soll es sonnig und kalt werden.Verkehrsunfälle Abgesehen von vereinzelten kleineren Unfällen scheint der Rems-Murr-Kreis am Mittwoch glimpflich davongekommen zu sein. Auf der B29 krachte ein 19-Jähriger infolge von Glätte gegen die Leitplanke, blieb aber unverletzt. Auch Glätteunfälle im Schorndorfer Stadtteil Buhlbronn, in Weinstadt, Rudersberg und Kaisersbach hatten lediglich Blechschäden zur Folge. „Der Tag war bislang eher ruhig“, bestätigte ein Sprecher der Polizei am Nachmittag.
Stürze „Bei uns hat sich kein Patient mit einer akuten Verletzung durch einen Sturz gemeldet“, sagte eine Mitarbeiterin des Unfallarztes Klaus Reinecke. „Das muss aber nichts bedeuten, oft kommen die Leute erst nach zwei oder drei Tagen.“ Ähnliches berichtete die Backnanger Hausärztin Ute Ulfert: „Die Leute waren gewarnt und gerade unsere älteren Patienten haben ihre Termine abgesagt. Ich hatte heute bislang kein Sturzopfer.“ Ein erhöhtes Aufkommen von Sturzverletzungen verzeichneten indessen die Notaufnahmen der Rems-Murr-Kliniken in Winnenden und Schorndorf. „Seit dem späten Vormittag behandeln wir vermehrt Patientinnen und Patienten mit Sturzverletzungen“, bestätigte ein Sprecher. Schwerste Verletzungen seien bis dahin aber nicht darunter.