„Wir können die Kelter nicht verlegen“
Der Weissacher Gemeinderat stellt einen Bebauungsplan auf, um den wunden Punkt Erschließung in den Griff zu bekommen.
Von Armin Fechter
WEISSACH IM TAL. Nur ein kurzes Stück außerhalb von Bruch, an der Straße Richtung Lutzenberg, liegt die Brucher Kelter. Seit Generationen. Dem alten Gemäuer und vor allem dem Dach ist schon von Weitem anzusehen, dass der Zahn der Zeit mächtig daran genagt hat.
Der Privatmann Bernd Knödler hat es sich zusammen mit seiner Frau Monika Kaiser zur Aufgabe gemacht, das Relikt des Weinbaus früherer Zeiten zu reaktivieren, nachdem er es vor knapp zwei Jahren erworben hat. Aus dem historischen Bauwerk soll nach der Sanierung eine Heimstätte für Traditionspflege, Geselligkeit und Events werden. Doch das Projekt hat einen wunden Punkt: Es gibt keinerlei Erschließung rund um die Kelter. Parkplätze? Fehlanzeige. Fußweg zum Ort? Fehlanzeige. Zufahrt? Platz für Anlieferungen? Oh je. Wegen der Lage zwischen einer unübersichtlichen Kurve und der Abzweigung nach Auenwald und des regen Durchgangsverkehrs ziemlich ungünstig. Und auf der anderen Seite die Ökologie: Für Teile der angrenzenden Obstwiesen gelten strenge Schutzbestimmungen. Ganz abgesehen davon, dass zur Kelter ohnedies nur wenig Grund gehört. Und an Wasser-, Strom- und Abwasseranschlüssen fehlt es sowieso.
Die Gemeinde unterstützt die Pläne des Investors.
Die Situation hat deshalb etwas von einem gordischen Knoten: Herausforderungen in jeder Hinsicht. Die Gemeinde Weissach im Tal hat sich aber auf den Weg gemacht, den Investor zu unterstützen. Schon bei der Beschaffung von Fördermitteln aus Landestöpfen und von der Denkmalstiftung Baden-Württemberg hat das Rathaus dem Brucher unter die Arme gegriffen. Es war „ein langer Weg“, wie Bürgermeister Ian Schölzel zu dem mühseligen Hin und Her im Gemeinderat sagte, aber mit gutem Ende.
Jetzt nimmt die Gemeinde den nächsten Schritt in Angriff: Mit einem Bebauungsplan mit Namen „Alte Kelter in Bruch“ sollen die schwierigen Erschließungsverhältnisse angegangen werden. Die Kelter samt umgebender Fläche soll dabei als Sondergebiet ausgewiesen und ein Fußweg vom Friedhof, wo es Parkplätze gibt, zur Kelter angelegt werden. „Die 180 Meter sind zumutbar“, befand Schölzel auf skeptische Nachfragen hin. Auch wenn der Mensch dazu neige, bis unmittelbar an den Zielort hinzufahren, müsse man dies in Kauf nehmen – und so sei es auch bereits mit dem Landratsamt und der Verkehrsbehörde in Backnang abgestimmt. Schölzel energisch: „Wir können die Kelter nicht verlegen.“
Planer Jochen Roos lenkte den Blick gleichzeitig auf einige weitere Punkte. So geht es etwa auch um die Feldhecke entlang der K1908, die als Biotop unter besonderem Schutz steht und erhalten bleiben soll. Desgleichen ist auch die benachbarte Flachlandmähwiese als Flora-Fauna-Habitat-Gebiet (FFH) unter Schutz gestellt. Etwa 200 Quadratmeter davon sollen in Anspruch genommen werden, um die für die Kelter nutzbare Fläche etwas auszuweiten. So soll eine Außenbewirtschaftung möglich werden, ferner soll eine vom Gebäude abgerückte WC-Anlage entstehen können.
Dazu muss aber, wie Roos erläuterte, vorab eine Kompensation in Form neuer FFH-Mähwiesen geschaffen werden. Zwei dafür passende Geländestücke hat er bereits ausgemacht: eine rund 1850 Quadratmeter große Fläche, etwa 450 Meter nördlich auf Auenwalder Gebiet, und eine 2000 Quadratmeter große Grünlandfläche im Besitz des Landes auf Brucher Markung, etwa 365 Meter südöstlich. Der Vergleich zwischen Eingriffs- und möglicher Kompensationsfläche ergibt eine beträchtliche Überkompensation, die dazu beitrage, baurechtlich rasch zum Ziel zu kommen.
In den Beratungen warfen die Gemeinderatsmitglieder noch etliche weitere Fragen auf, etwa die nach dem Fahrradverkehr. Bislang verläuft keine ausgewiesene Radstrecke im Bereich der Kelter. Andere befürchten, dass die anvisierte Parkplatzlösung in der Realität nicht hinhauen wird. Dagegen machte Schölzel deutlich, dass ein Parkplatz auf der gegenüberliegenden Straßenseite – wo sich derzeit auch eine allerdings kaum genutzte Bushaltestelle befindet und überdies ein Feldweg einmündet – nicht infrage kommen würde: „Damit können wir den Plan gleich einpacken.“
Carl Höfer (CDU/FWV) drängte zudem darauf, das finanzielle Engagement der Gemeinde zu beziffern und dies auch gegenüber dem Investor vertraglich abzusichern – wobei auch zu klären sei, was die Gemeinde letztlich davon hat. „Wir müssen mit dem Bebauungsplan anfangen“, gab der Bürgermeister zurück – und der kostet etwa 26000 bis 27000 Euro, die die Gemeinde trage. Ferner stellt sich Schölzel vor, dass sich die Gemeinde bei der Erschließung einbringt. Dafür wären weitere 60000, eventuell auch 100000 Euro erforderlich. Es bestehe aber kein Zweifel, dass Vereine und die Gemeinde die künftige Veranstaltungsstätte nutzen könnten. „Genau diese Sachen gehören in einen Vertrag rein“, beharrte Höfer.
Anschließend segnete der Gemeinderat den Einstieg ins Planverfahren ab.