Solidaritätszuschlag
Wird der Soli abgeschafft? Fragen und Antworten
Das Bundesverfassungsgericht verhandelt über den Solidaritätszuschlag. Wer zahlt den „Soli“ überhaupt noch? Und was würde seine Abschaffung bedeuten? Ein Überblick.
Von Michael Bosch
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe verhandelt am Dienstag über den Solidaritätszuschlag. Es geht um eine Verfassungsbeschwerde mehrerer FDP-Bundestagsabgeordneter. Sie fordern, dass der Zuschlag für alle entfallen soll – auch für Unternehmen und Gutverdienende, die ihn noch zahlen.
Solidaritätszuschlag: Was ist das eigentlich?
Ursprünglich wurde der sogenannte Soli eingeführt, um nach der deutschen Wiedervereinigung die Kosten für den Aufbau Ost zu bewältigen. Zu entrichten war er ab dem Jahr 1991, als Zuschlag auf die Einkommens- und Körperschaftsteuer sowie Kapitalerträge. 1995 laut Bundesfinanzministerium „vor dem Hintergrund der anhaltenden Finanzierungslasten des Bundes im Zusammenhang mit der Herstellung der deutschen Einheit“ unbefristet eingeführt. Das Geld ist aber - wie alle Steuereinnahmen - nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt. Ende 2019 lief der Solidarpakt aus. Seitdem wird immer wieder über die Abschaffung debattiert.
Solidaritätszuschlag: Wer muss ihn noch zahlen?
Vor fast vier Jahren verschwand der Solidaritätszuschlag von den Gehaltsabrechnungen der meisten Bundesbürgerinnen und -bürger. Für 90 Prozent der Steuerpflichtigen wurde er im Rahmen des „Gesetzes zur Rückführung des Solidaritätszuschlag 1995“ abgeschafft, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Dem Institut der deutschen Wirtschaft zufolge zahlten zuletzt noch rund sechs Millionen Menschen den Soli sowie etwa 600.000 Kapitalgesellschaften. Heißt konkret: Nur noch Besserverdiener und Unternehmen werden weiterhin zur Kasse gebeten.
Was ist der Solidarpakt?
Der Solidarpakt war eine sogenannte Transferleistung von Bund und Ländern an die ostdeutschen Bundesländer. Der Solidarpakt I trat 1995 in Kraft und wurde 2005 durch den Solidarpakt II abgelöst. Der Solidarpakt bestand aus zwei Körben. Der erste diente dem Ausbau der Infrastruktur in Ostdeutschland und der Stärkung der Finanzkraft der Kommunen. Im zweiten wurden Mittel für die Wirtschaftsförderung bereitgestellt.
Wer klagt gegen den Solidaritätszuschlag?
In Karlsruhe wird an diesem Dienstag ab 10 Uhr über die Verfassungsbeschwerde von zwei ehemaligen und vier aktuellen FDP-Bundestagsabgeordneten verhandelt - darunter der Fraktionsvorsitzende Christian Dürr und die ehemaligen Finanzstaatssekretäre Florian Toncar und Katja Hessel. Toncar und Hessel waren nach der Entlassung von FDP-Chef Christian Lindner aus dem Amt des Bundesfinanzministers vergangene Woche ebenfalls aus ihren Ämtern ausgeschieden. Die FDP-Politiker hatten geklagt, bevor die Liberalen in die Regierung kamen.
Warum klagen sie gegen den Solidaritätszuschlag?
Die Beschwerdeführer sind der Auffassung, dass der Zuschlag mit dem Auslaufen des sogenannten Solidarpakts II Ende 2019 verfassungswidrig geworden ist. Außerdem kritisieren sie, dass Bezieher unterschiedlicher Einkommen durch das Gesetz zur Rückführung des Solidaritätszuschlags ungleich behandelt würden. Mit einem Urteil ist erst in einigen Monaten zu rechnen.
Solidaritätszuschlag abgeschafft: Welche Folgen könnte das Urteil haben?
Die Entscheidung der Richterinnen und Richter in Karlsruhe ist richtungsweisend – denn sie könnte erhebliche Auswirkungen auf den Bundeshaushalt haben. Die Bundesregierung hat für das kommende Jahr Soli-Einnahmen in Höhe von 12,75 Milliarden Euro fest im Haushalt eingeplant. Sollte das Verfassungsgericht den Zuschlag kippen, würde das Loch im Etat für 2025 noch deutlich größer. Es könnte aber noch schlimmer kommen: Der Senat könnte beschließen, dass der Bund die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag der vergangenen Jahre zurückzahlen muss. Das wären ab 2020 rund 65 Milliarden Euro. Mit den Folgen müsste sich dann wohl die nächste Bundesregierung beschäftigen.
Soli fällt weg: Was würde das für Unternehmen bedeuten?
Für Unternehmen wäre die Abschaffung des Solidaritätszuschlags eine gute Nachricht, denn sie würde für Entlastung sorgen. So könnten Betriebe in Deutschland laut Experten knapp 65 Milliarden Euro einsparen. Das geht aus einer Berechnung des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) hervor. Wirtschaftsverbände plädieren seit Jahren für die Abschaffung der Abgabe.
Mit Material von dpa und AFP.