Wo Stuttgart auf die neue Bundesregierung setzt

Ob Mietpreisbremse, Deutschlandticket, Eisenbahngesetz oder Flüchtlingskosten – aus Stuttgarter Perspektive stehen im neugewählten Bundestag wichtige Beschlüsse an.

Es stehen viele Themen an (von links oben im Uhrzeigersinn): Die Unterbringung Geflüchteter ist eine Herausforderung. Die Gleisflächen am Hauptbahnhof können derzeit nicht umgenutzt werden. Die Mietpreisbremse läuft Ende 2025 aus. Wie geht es mit dem Deutschlandticket weiter? Es stehen viele Themen an (von links oben im Uhrzeigersinn): Die Unterbringung Geflüchteter ist eine Herausforderung. Die Gleisflächen am Hauptbahnhof können derzeit nicht umgenutzt werden. Die Mietpreisbremse läuft Ende 2025 aus. Wie geht es mit dem Deutschlandticket weiter?

© Lg/Max Kovalenko, Julian Rettig; imago/Arnulf Hettrich; dpa/Fabian Strauch

Es stehen viele Themen an (von links oben im Uhrzeigersinn): Die Unterbringung Geflüchteter ist eine Herausforderung. Die Gleisflächen am Hauptbahnhof können derzeit nicht umgenutzt werden. Die Mietpreisbremse läuft Ende 2025 aus. Wie geht es mit dem Deutschlandticket weiter? Es stehen viele Themen an (von links oben im Uhrzeigersinn): Die Unterbringung Geflüchteter ist eine Herausforderung. Die Gleisflächen am Hauptbahnhof können derzeit nicht umgenutzt werden. Die Mietpreisbremse läuft Ende 2025 aus. Wie geht es mit dem Deutschlandticket weiter?

Von Jörg Nauke, Konstantin Schwarz

Stuttgart - Die neue Bundesregierung steht vor einem Berg von Aufgaben. Aus Stuttgarter Sicht sind vier davon besonders dringlich. Ein Überblick:

Mietpreisbremse

Im Bundesrat wurde am 20. Dezember 2024 eine Gesetzesinitiative von sechs Ländern vorgestellt, die das Ziel verfolgt, die Ende 2025 auslaufende Mietpreisbremse zu verlängern. Der interimsweise als Justizminister eingesetzte Verkehrsminister Volker Wissing (früher FDP, jetzt parteilos) wollte sie bis zum Jahr 2029 verlängern. Ursprünglich war nur eine Anpassung um zwei Jahre vorgesehen. Doch daraus wurde nichts mehr, in der vorletzten Sitzung des Kabinetts wurde die einst von der Großen Koalition aus CDU und SPD eingeführte Regelung nicht mehr aufgerufen.

Die baden-württembergische Bauministerin Nicole Razavi (CDU) würde die Mietpreisbremse durch einen finanziellen Anreiz für Wohnungseigentümer, die günstig vermieten, ersetzen. Der Mieterbund lehnt das ab. Im Kern legt die Mietpreisbremse fest, dass die Miete bei der Neu- und Wiedervermietung die ortsübliche Vergleichsmiete um höchstens zehn Prozent übersteigen darf. Es gibt aber zahlreiche Ausnahmen, so sind alle nach 2014 entstandenen Wohnungen davon ausgenommen. Wissings Vorschlag sah vor, künftig nach 2019 erstellte Gebäude als Neubau zu definieren.

Die Grenze gilt auch nur für Gebiete mit angespannten Wohnungsmärkten, also zum Beispiel dort, wo Mieten deutlich stärker steigen als im Bundesdurchschnitt oder die Bevölkerung besonders stark wächst, ohne dass der Wohnungsneubau damit Schritt hält. Welche Gebiete dazugehören, legen die jeweiligen Landesregierungen fest. Im Südwesten sind das 89 Städte und Gemeinden, darunter Stuttgart und Esslingen.

Verfechter einer Verlängerung der Regelung weisen daraufhin, dass trotz staatlicher Investitionen in neuen Wohnraum eine spürbare Entspannung der Wohnungsmärkte noch nicht eingetreten und auch nur langfristig zu erwarten sei. Ein Auslaufen der Mietpreisbremse Ende 2025 ließe die Mieten weiter steigen. Zusammen mit den hohen Energiekosten und der Inflation würden Durchschnittsverdiener – insbesondere Familien – aus ihren Wohnvierteln verdrängt.

Zukunft der Gleisflächen

Die vormalige Ampel-Koalition hat der Stuttgarter Kommunalpolitik ein dickes Ei ins Nest gelegt. Mit der Änderung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes, mit der die Umnutzung ehemaliger Bahnflächen erschwert wird, stehen die städtebaulichen Ambitionen auf den Gleisen zwischen Kopfbahnhof und Rosensteinpark infrage. Dort will die Stadt das Rosensteinviertel bauen, was nach aktueller Rechtslage nicht möglich ist. Von der Gesetzesnovelle ist Stuttgart nicht alleine betroffen, mit Stuttgart 21 steht aber ein deutschlandweit bekanntes Projekt im Fokus. Der Städtetag hatte zahlreiche Beispiele aus anderen Kommunen zusammengetragen und Druck auf die damalige Regierungskoalition aufgebaut, das Gesetz abermals zu überarbeiten. Um Fristen zu wahren, hat Stuttgart Ende 2024 eine kommunale Verfassungsbeschwerde eingelegt. In der abgelaufenen Legislatur ist eine Einigung von SPD, Grünen und CDU kurz vor der Abstimmung gescheitert.

Deutschlandticket

Die Haltung der Stadt zum deutschlandweit gültigen Nahverkehrsabo ist ambivalent. Einerseits nutzt das Rathaus es als Instrument der Mitarbeitergewinnung. Wer bei der Stadt auf der Lohnliste ist, bekommt den aktuell monatlich 58 Euro kostenden Fahrschein bezahlt. Andererseits konstatiert das für Mobilitätsfragen zuständige Referat der Stadtverwaltung, dass die verkehrliche Wirkung des Abos in der Stadt überschaubar geblieben sei. Die Zahlen des Verkehrs- und Tarifverbunds (VVS) stützen diese These: Zwar erreichen die Abo-Verkäufe Rekordmarken, die Fahrgastzahlen dümpeln aber immer noch auf einem Niveau unter dem von vor der Coronapandemie. Abgesehen von diesen inhaltlichen Punkten ist es vor allem die ungeklärte Finanzierung über das Jahr 2025 hinaus, die im Rathaus für Unruhe sorgt. Auf die Höhe des Preises hat die Stadt als Gesellschafter des VVS keinen Einfluss, der wird von der Politik in Berlin bestimmt. Weil aber 80 Prozent der Fahrten im VVS mit dem Deutschlandticket absolviert werden, kann die Stadt via VVS nur noch beim Preis für 20 Prozent des Fahrscheinsortiments mitbestimmen. Der Bund hat nicht erklärt, ob und wenn ja in welcher Höhe er sich weiterhin engagiert – derzeit sind es 1,5 Milliarden Euro per anno –, deswegen kommt man im Rathaus zu alarmierenden Einschätzung: „Eine nicht ausreichende Finanzierung kann zu Angebotskürzungen führen“.

Flüchtlinge

Auch wenn die Wählerinnen und Wähler andere Themen höher gewichten, war der künftige Umgang mit Flüchtlingen auf den Politpodien, bei Duellen, Triellen und anderen Formaten das beherrschende Wahlkampfthema. Auch Stuttgart brennt es auf den Nägeln. Mehrere Parteien haben im Wahlkampf die Begrenzung der weiteren Zuwanderung versprochen. Zwar sind die Flüchtlingszahlen 2024 tatsächlich zurückgegangen, das Niveau bleib aber mit 48 184 Menschen in Baden-Württemberg hoch. Stuttgart hat wie andere Kommunen erhebliche Probleme, Unterkünfte oder Bauplätze für Wohnmodule zu finden und Betreuungsplätze in Kitas bereitzustellen. Dazu kommen absehbar für die vergleichsweise reiche Stadt Finanzierungsprobleme. Bis Ende 2024 hatte Stuttgart zur Flüchtlingsunterbringung rund 205 Millionen Euro vorgestreckt, in diesem Jahr könnten 147 Millionen Euro dazukommen. Abgerechnet mit dem Land wird in der Regel mit einem Verzug von drei bis vier Jahren. Um Geflüchtete integrieren zu können, bleiben Leistungen des Bundes wie Sprachkurse weiter wichtig. Unabhängig vom Ausgang der Bundestagswahl wird das Integrationsministerium des Landes entscheiden, ob und wann in der Stadt eine Landeserstaufnaheeinrichtung für Flüchtlinge (Lea) aufgebaut wird. Im Gespräch sind 1300 Plätze. Die Suche konzentriert sich aktuell auf ein Gewerbegebiet im Stadtbezirk Weilimdorf.

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Erstellt:
23. Februar 2025, 22:06 Uhr
Aktualisiert:
24. Februar 2025, 22:00 Uhr

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