Wölfe müssen im Notfall geschossen werden

Wer Ja zur Rückkehr des Raubtiers sagt, muss die Folgen akzeptieren

Stuttgart

Die Rückkehr des Wolfes polarisiert. Ein Schäfer schlägt vor, die Tiere mit Chips zu versehen, die Alarm schlagen, wenn sie sich Schafsherden nähern. Und auch in der Landesregierung streitet man über das richtige Vorgehen. Während die CDU das Tier ins Jagdrecht aufgenommen haben will, haben dieGrünenjüngst noch einmal ihr Nein zur Jagd auf das geschützte Tier bekräftigt.

DerStreit über den Umgang mit dem Vorfahren des Hundesist wirklich alles andere als zielführend. Er schwankt zwischen wildromantischen Vorstellungen von einem Raubtier, welches geradezu als das Paradebeispiel für die Artenvielfalt steht – warum eigentlich? – und der Mär vom bösen Wolf, der kleine Kinder frisst. Doch selbst wenn man die Auffassung vertritt, dass die Rückkehr des Wolfes eine positive Sensation ist, kann man nicht übersehen, dass es in dicht besiedelten Gebieten eigentlich gar keinen Platz für diese Tierart gibt.

Die Debatte über den Wolf ist von einer tiefen Irrationalität geprägt. Immerhin haben Grüne und CDU aber beiderseits erkannt, dass die Leidtragenden der Wolfsrückkehr die Viehhalter sind. Natürlich kann ein Schäfer seine Herde mit Elektrozäunen sichern und sich Herdenschutzhunde anschaffen – gefördert wird das vom Land aber bisher nur in einem Gebiet im Nordschwarzwald. Eben dort, wo durch den Angriff eines Wolfes 44 Schafe getötet wurden. Doch selbst wenn Viehhalter in den Genuss einer Förderung kommen, bleibt der Aufwand für die Schutzmaßnahmen enorm, und die Kosten werden nur zum Teil gedeckt. Dazu kommt, dass nicht jeder Schäfer der geborene Ausbilder für die ebenfalls nicht ungefährlichen Herdenschutzhunde ist. Und: Was passiert mit den Hunden, wenn sie im Alter nicht mehr ihre eigentliche Aufgabe übernehmen können?

Ein einziger sesshafter Wolf ist im Moment in Baden-Württemberg nachgewiesen. Sichtungen gibt es hingegen viel mehr. Bei jeder Sichtung muss jedoch erst aufwendig ­nachgewiesen werden, ob es sich tatsächlich um einen Wolf oder eben nur um einen frei laufenden Hund gehandelt hat. Hinter ­vorgehaltener Hand fragt angesichts des komplizierten Nachweisverfahrens schon manch einer, ob die Wolfslobby etwas vertuschen will.

Glasklar ist, dassdie Zahl der Wölfesteigen wird. Die Angst vieler Menschen vor dem Wolf kann vielleicht nicht jeder nachvollziehen. Sie ist aber da. Da helfen nur Transparenz, von Menschenhand wolfsfrei gehaltene Zonen, bundesweit einheitliche Förderrichtlinien und Prävention.

Ganz oben auf der Maßnahmenliste muss der unverzügliche Abschuss des Wolfes stehen, wenn das Tier seine Scheu vor dem Menschen verliert . Ohne Zweifel kann man das Tier ins Jagdrecht aufnehmen. Da er aber unter dem speziellen Schutz der EU steht, müsste er dennoch wie beispielsweise der Luchs und die Wildkatze in Baden-Württemberg „ganzjährig geschont“ werden. Ein Abschuss wäre somit nur auf eine gemeinsame Anordnung der Jagd- und der Naturschutzbehörden hin möglich. Jäger, die den Wolf ohne Genehmigung schössen, begingen schlichtweg eine Straftat.

Der Wolf ist sicher kein Kuscheltier. Er ist aber auch kein Monster. Der Mensch ­jedenfalls zählt nicht zu seinem Beuteschema. Schafe, Ziegen und Wildtiere aber schon. Wer Ja zum Wolf sagt, muss auch mit den Folgen leben. Und die sind nicht nur finanzieller Natur. Die Frage ist, ob unsere Gesellschaft diesen Preis tragen will. Die Landesregierung wäre gut beraten, sich endlich auf eine Linie zu verständigen und damit Handlungsfähigkeit zu beweisen. Das liegt im Interesse der Bürger – und des ­Wolfes.

kai.mueller@stzn.de

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Erstellt:
9. Januar 2019, 03:14 Uhr

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