Wind und Trockenheit
Woher kommt die gefühlte Extremkälte?
Nach dem bisher milden Winter braust jetzt eine Kältewelle über Deutschland. In Bayern werden minus 35 Grad gemessen. Wir erklären, was die Eiseskälte mit unserem Köper macht und warum wir Kälte als besonders extrem empfinden.
Von Markus Brauer/dpa
Bayern erlebt aktuell eine extreme Kältephase: Der Deutsche Wetterdienst (DWD) in Offenbach warnt derzeit im gesamten Freistaat vor Frost und Glätte auf den Straßen. Besonders drastisch zeigt sich der Winter in dieser Woche bereits im Berchtesgadener Land.
Minus 35,7 Grad in Bayern
Am Montagmorgen (13. Januar) registrierten die Wetterportale den bisherigen Kältetiefpunkt am Funtensee: Dort wurden dort minus 35,7 Grad in der Nacht gemessen. Auch bundesweit wurde es in der Nacht zu Montag sehr kalt.
Menschen dürften diese Kälte aber nicht betroffen haben: Die Messung erfolgte nämlich auf 1.601 Metern Höhe. Die extreme Temperatur am Funtensee ist kein Zufall: Der See gilt als Kältepol Deutschlands. Seine geografische Lage begünstigt die Entstehung besonders niedriger Temperaturen.
Schlagzeilen 14 Januar 2025 - Und es ist kalt - #Klima - Wir werden alle verbrennen, der Sommer war extrem warm, das Frühjahr... und jetzt Rekord-Minuswerte in Funtensee/Bayern mit Minus 35,7 Grad... und auch in anderen Teilen Deutschland ist Winter... https://t.co/5RcsWimYom — schoeneswettercom.de (@schoeneswetterc) January 14, 2025
Wind und Trockenheit verstärken gefühlte Kälte
Nach dem bisher milden Winter verstärken Wind und Trockenheit bei vielen Menschen die gefühlte Kälte. Nach dem jüngsten Temperatureinbruch frieren sie mehr als die gemessene Temperatur vermuten lässt. Durch den teilweise sehr heftigen Wind und die geringe Luftfeuchtigkeit wird dem Körper besonders viel Wärme entzogen.
Je stärker der Wind ist, desto mehr Luft wird von der Haut abgetragen. Das wiederum verstärkt das Kältegefühl. Dabei ist es relativ egal, wie warm man angezogen sei, weil die Wärme auch durch die Textilien verloren geht. Außerdem ist die Luftfeuchtigkeit für die gefühlte Kälte entscheidend. Wenn es wie in diesen Tagen sehr trocken ist, nimmt die Luft mehr Feuchtigkeit von unserer Haut weg und kühlt sie so ab.
Klima-Michels-Modell: Die gefühlte Temperatur wird mit Hilfe des Klima-Michel-Modells berechnet, das den Wärmehaushalt eines Modellmenschen – des so genannten Klima-Michels – bewertet. Bei diesem Modell des Deutschen Wetterdienstes werden verschiedene Faktoren wie Wind, Feuchtigkeit und Sonneneinstrahlung berücksichtigt. Dabei kann die gefühlte Temperatur im Winter in einer kalten und vor allem sehr windigen Umgebung um 15 Grad oder mehr unter der gemessenen Lufttemperatur liegen.
Thermometer und Kälteempfinden
Zwischen den auf dem Thermometer gemessenen Minusgraden und dem eigenem Frösteln kann mitunter ein deutlicher Unterschied bestehen. Meteorologen sprechen von der gefühlten Temperatur – jedenfalls in Deutschland. In den USA und Kanada ist vom „Windchill-Effekt“ die Rede.
Dieser Messgröße beschreibt die Abkühlung der Haut durch erhöhte Windgeschwindigkeit. Diesen Effekt kennt jeder, der schon einmal etwa auf weiten Flächen wie Plätzen oder Wiesen im Winter bei einer steifen Brise die Kälte viel empfindlicher wahrgenommen hat als auf der Straße oder zwischen Bäumen.
Die stärker gefühlte Kälte ist auch ein Warnsignal an den Körper. Denn je höher die Windgeschwindigkeit und damit die Reibung, umso schneller können ungeschützte Hautstellen Erfrierungen erleiden.
Bis zu 15 Grad Unterschied
Nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes kann der Unterschied zwischen gefühlter und tatsächlich gemessener Temperatur in Mitteleuropa im Extremfall bis zu 15 Grad betragen. Vor allem, wenn starker Wind aufkommt, fühlt sich die Temperatur deutlich kälter an als sie ist. Bei minus 15 Grad kann es sich dann auch in angemessen warmer Winterkleidung etwa wie minus 24 Grad anfühlen.
Bei starken Minusgraden leiden Frauen in der Regel schneller als Männer - da sie im Durchschnitt eine 15 Prozent dünnere Haut als Männer haben, fangen sie früher an, Kälte zu fühlen und zu bibbern.
Starke Belastung für den Organismus
Eiskalter Wind und niedrige Temperaturen sind für den menschlichen Organismus eine starke Belastung. Vor allem Menschen mit einer Herz- und Kreislaufschwäche sowie Senioren sind durch die Kälte gefährdet. Um eine Gefahr für die Gesundheit zu vermeiden, sollte diese Risikogruppe größere Aktivitäten im Freien vermeiden, mahnen Mediziner.
Da der Thermohaushalt des Körpers mit dem Herz- und Kreislaufsystem verbunden ist, sind vor allem geschwächte Menschen durch die Kälte gefährdet. Denn: Bei großer Kälte wird der Körper einfach überfordert. Wer sich schwach fühle, sollte sich daher so wenig wie möglich im Freien aufhalten. Im Zweifel muss ein Arzt aufgesucht werden.
Richtige Kleidung für kaltes Wetter
Wichtig ist daher vor allem windfeste Bekleidung. Da der Frost die Haut angreift, sollten die Körperstellen, die nicht durch die Kleidung bedeckt sind, zusätzlich mit einer Creme geschützt werden.
Eine Belastung für den Körper ist auch der Wechsel von der Kälte in beheizte Räume. Damit der Körper nicht überhitzt, sollte in beheizten Räumen die Winterkleidung schnell ausgezogen werden.
Warum die gefühlte Temperatur nicht „nur“ subjektiv ist
Dem Deutschen Wetterdienst zufolge ist die gefühlte Temperatur, also das Kälte- und Wärme-Empfinden eines Menschen, ist weniger subjektiv als es auf den ersten Blick scheint. Natürlich unterliegt die gefühlte Temperatur je nach Person Schwankungen. Diese sind aber so gering, dass man von einem generell objektiven Wert ausgehen kann.
Bei der Berechnung wird von einem normal gesunden Menschen mittleren Alters mit üblicher Kleidung ausgegangen, der sich wie bei einem Spaziergang nicht zu schnell und nicht zu langsam bewegt.
Was bei extremer Kälte im Körper vor sich geht
Anhand der gefühlten Temperatur lässt sich feststellen, wie viel so genannten Kältestress Menschen im Winter aushalten müssen. Die gefühlte Temperatur ist das, was wir auf der Haut spüren. Der Körper versucht bei tiefen Temperaturen, die Kälte auszugleichen. Das Herz schlägt schneller, um schnell warmes Blut zur Haut und das dort abgekühlte Blut zum Aufwärmen wieder in Herznähe zu transportieren.
Eingerechnet in die gefühlte Temperatur werden Windgeschwindigkeit, Sonnenstrahlung, Erdwärmestrahlung, Luftfeuchtigkeit und Wolkenbedeckung. Je nach Umständen üben diese Faktoren unterschiedlich großen Einfluss auf das Temperaturempfinden aus. So beeinflusst im winterlichen Bergland überwiegend die Windgeschwindigkeit die gefühlte Temperatur, während auf dem flachen Land auch der Wolkendichte eine große Rolle zukommt.