Wohnbauverband gegen Enteignungen

dpa/lsw Baden-Baden. Schaffen Enteignungen bezahlbaren Wohnraum? Nein, meint die Wohnungswirtschaft. Und auch der Mieterbund ist skeptisch. Beiden Seiten fiele Besseres ein.

Blick auf die Fassaden von Wohnhäusern. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild

Blick auf die Fassaden von Wohnhäusern. Foto: Nicolas Armer/dpa/Symbolbild

Enteignungen und Mietendeckel schaffen aus Sicht des Verbands baden-württembergischer Wohnungs- und Immobilienunternehmen (vbw) keinen bezahlbaren Wohnraum. Wer sich leistbare Mieten wünsche, dürfe nicht durch Verbote und Einschränkungen den Markt bremsen, sagte vbw-Landeschef Peter Bresinski am Mittwoch bei einem Empfang der Wohnungswirtschaft in Baden-Baden. Ein Umdenken ist aus Sicht von Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft (GdW), gleichwohl angesagt: „Alle Seiten müssen sich bewegen, sonst wird man keinen gesellschaftlichen Konsens kriegen.“

Mit Blick auf den Berliner Volksentscheid für die Enteignung von Wohnungskonzernen meinte er: Enteignungen seien die unklügste Variante und als grundsätzliches Signal zutiefst verstörend für den Standort Deutschland. Beim GdW wären Genossenschaften und ein kirchliches Wohnungsunternehmen betroffen - Unternehmen, die Gedaschko zufolge vorbildlich arbeiten und niedrige Mieten hätten.

Auch der Landeschef des Deutschen Mieterbundes, Rolf Gaßmann, äußerte sich skeptisch zu Enteignungen; diese würden viel Geld kosten, und es entstehe kein neuer Wohnraum. Er sagte aber: „Die Enteignungsdebatte hätte es nicht gegeben, wenn der Frust der Menschen über hohe Mieten nicht so groß gewesen wäre.“ Gaßmann plädierte für eine wirksame Begrenzung der Mietpreise - etwa durch einen „atmenden Mietendeckel“, bei dem sich Mietpreissteigerungen maximal an der allgemeinen Preissteigerungsrate orientieren. Explodierende Mieten seien auch ein Problem im Südwesten: Über die Hälfte der 30 teuersten Mieten-Städte Deutschlands seien in Baden-Württemberg.

„Man muss anders denken - und etwas komplexer als dies im Moment der Fall ist“, betonte GdW-Präsident Gedaschko. Wohnraum müsse für Mieter bezahlbar und für Unternehmen wirtschaftlich tragbar sein. Gedaschko plädierte für staatliche Mietzuschüsse bei Haushalten mit wenig Geld. Zugleich müssten Wohnungsunternehmen Zusagen geben, dass Mietpreise nur in bestimmter Höhe steigen dürfen. Dabei sollten Faktoren wie die Gehaltsentwicklung einbezogen werden. „Das könnte zur Marktberuhigung beitragen.“ Klimaschutz, Digitalisierung oder altersgerechtes Wohnen - man habe riesige Kostenblöcke vor sich. Das müsse mit bezahlbarem Wohnraum zusammen gedacht werden.

Aus Sicht von vbw-Landeschef Bresinski sind eine nachhaltige Bodenpolitik, eine gute soziale Wohnraumförderung, schnellere Genehmigungsverfahren und Vereinheitlichungen beim Baurecht nötig. Bei der Herausforderung Klimaschutz dürften Haushalte und Wohnungsunternehmen finanziell nicht überfordert werden. Der vbw vertritt in Baden-Württemberg 266 gemeinwohlorientierte Wohnungs- und Immobilienunternehmen mit 460.000 Wohnungen, in denen rund eine Million Menschen leben.

© dpa-infocom, dpa:210929-99-415491/3

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Erstellt:
29. September 2021, 16:43 Uhr

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