Wohnbauziel wird schon 2024 erreicht
Die Kreisbaugruppe wird ihr Ziel, 500 Sozialwohnungen zu bauen, wohl schon drei Jahre früher als erwartet erreichen. Dazu tragen die großen Quartiersprojekte wie auf dem ehemaligen Krankenhausareal in Backnang bei. In Zukunft soll es noch mehr solcher Projekte an der Murr geben.
Von Kristin Doberer
Rems-Murr. Wohnraum ist knapp und wird gerade in der Region Stuttgart immer teurer. Selbst im eher ländlichen Rems-Murr-Kreis ist schon seit Jahren klar, dass rund 5000 Wohnungen fehlen. Die Kreisbaugruppe hat deshalb schon 2017 beschlossen, 500 bezahlbare Wohnungen zu schaffen. Als Zielgruppe gelten dabei Familien, die nicht mehr als 68000 Euro Gehalt/Lohn im Jahr zur Verfügung haben. Eigentlich war das Ziel auf zehn Jahre angelegt. „Wir werden aber deutlich schneller fertig werden“, sagt Landrat Richard Sigel bei einem Pressegespräch zum Geschäftsbericht 2020. Jetzt wird dieses Ziel vermutlich schon im Jahr 2024 erreicht – also drei Jahre vor dem eigentlich geplanten Zeitraum. So hatte die Kreisbaugruppe 2017 rund 720 Mietwohnungen, bis 2024 sollen es etwa 1250 werden.
Aktuell hat die Kreisbaugruppe 853 Wohnungen. „Eigentlich haben wir deutlich mehr gebaut“, sagt Dirk Braune, Vorsitzender der Geschäftsführung. „Aber wir sind auch am Markt aktiv, um die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau finanzieren zu können.“ Der erwirtschaftete Gewinn gehe nicht zurück in die Kassen des Landkreises, sondern werde für weitere Investitionen eingesetzt. Im Durchschnitt haben die bisherigen Wohnungen eine Fläche von rund 60 Quadratmetern, pro Quadratmeter fällt im durchschnitt eine Miete von 7,59 Euro an. „Im Vergleich ist das für die Region schon sehr günstig“, sagt Braune.
Aktuell ist die Gruppe in elf Städten und Gemeinden tätig, in Backnang und Murrhardt war das sehr lange aber nicht der Fall. Fast alle bisherigen Wohnungen der Kreisbaugruppe sind in den Städten und Gemeinden zwischen Fellbach und Plüderhausen. „Bisher waren wir vor allem an der Rems tätig, wir wollen aber auch die Projekte an der Murr ausbauen“, meint der Vorsitzende. Man habe sich aus diesem Bereich vor einiger Zeit zurückgezogen, da die Nachfrage an Wohnraum in Murrhardt und Backnang kaum vorhanden war. Nun habe sich das allerdings komplett gewandelt. „Lange wollte niemand nach Backnang und Murrhardt. Jetzt kommen immer mehr Anfragen“, sagt Landrat Richard Sigel. Mit dazu beigetragen habe wohl die Möglichkeit für Homeoffice. Das ermögliche es, für weniger Geld im ländlichen Raum zu leben und nur vereinzelt in die Stuttgarter Büros zu fahren. Außerdem seien auch im ländlichen Bereich der ÖPNV und die Internetverbindung dafür mittlerweile gut genug ausgebaut. „Das ist auch eine große Chance für den ländlichen Raum“, meint Sigel.
In Backnang soll auf dem ehemaligen Krankenhausareal das erste große Projekt der Kreisbaugruppe in der näheren Umgebung entstehen (wir berichteten). Geplant sind sieben dreigeschossige Häuser mit insgesamt 48 öffentlich geförderten Mietwohnungen, die auf dem bestehenden Parkdeck des ehemaligen Krankenhauses entstehen sollen. Das Parkdeck am Gesundheitszentrum muss dringend saniert werden. „Der bauliche Zustand ist so schlecht, dass wir um eine Sanierung nicht herumkommen“, sagt Torsten Demand, Geschäftsführer der Gesundheitsgesellschaften. Entstehen sollen Stellplätze für Menschen mit Behinderung, elf E-Ladesäulen, Carsharing und überdachte Stell- und Ladeplätze für Fahrräder und Pedelecs. Der Landkreis wird das Projekt mit rund vier Millionen Euro unterstützen. Geplant ist die Fertigstellung im Februar 2023. Das soll nicht das einzige Projekt in Backnang bleiben. „Wir wollen das noch weiter ausbauen und führen schon Gespräche mit der Stadtverwaltung“, sagt Steffen Krahn, der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung. Auch in Murrhardt will die Kreisbaugruppe bis 2024 zehn Wohnungen anbieten können.
Bauprojekte der Kreisbaugruppe sollen klimafreundlicher werden
Bei dem Backnanger Projekt kommt ein eher neueres Engagement der Kreisbaugruppe zum Einsatz: das Quartiersmanagement. Man wolle sich weniger mit kleinen Wohneinheiten – wie Sechs- bis Achtfamilienhäusern – beschäftigen und vermehrt den Blick auf große Projekte und ganze Quartiere richten. Gerade in der aktuellen Lage am Markt werde das Bauen auch für die Gruppe immer teurer, die Mieten der Sozialwohnungen steigen aber nicht an. „Wir versuchen vermehrt, in großen Gebinden zu bauen“, sagt Krahn. Kleinere Wohneinheiten seien schlicht zu teuer. Das zeigt sich auch an den anstehenden Bauvorhaben der Kreisbaugruppe. In Weinstadt sind vor Kurzem schon 41 Mietwohnungen entstanden, von denen mehr als die Hälfte öffentlich gefördert wurden. In das Quartier wurden auch eine Kita sowie eine Bäckerei mit Café integriert. Auch in Waiblingen entstehen gerade 40 öffentlich geförderte Wohneinheiten mit einer Kita. Da die Wohneinheiten klein sind, gibt es für alle mietbare Gemeinschafts- und Gästezimmer.
Bei allen neuen Bauprojekten will sich die Kreisbaugruppe verstärkt im Klimaschutz engagieren. Zwar sei es nicht möglich, klimaneutral zu bauen, aber man wolle insgesamt klimafreundlicher bauen, sagt Braune. Zum einen wolle man eine übergreifende Strategie für Solarenergie auf den Gebäuden entwickeln. „Fotovoltaik ist für uns zwar schon lange ein Thema, aber wir wollen das noch strategischer hinterlegen“, meint Sigel. Bei einem Fotovoltaikgipfel im Herbst soll das Thema konkreter in den Blick rücken. Außerdem entsprechen alle Bauvorhaben mindestens dem KfW-55-Standard, wo möglich, will man auf innovative Holzbauweise im Neubau setzen. Auch Fassadensanierungen und Modernisierungen wie zum Beispiel am Beruflichen Schulzentrum in Waiblingen spielen dabei eine Rolle.
„Lange wollte niemand nach Backnang und Murrhardt. Jetzt kommen immer mehr Anfragen.“
Richard Sigel, Landrat Rems-Murr-Kreis
Die Gesellschaften Die Kreisbaugruppe mit ihren 86 Mitarbeitern ist ein Verbund aus drei Gesellschaften. Dazu gehören die Kreisbaugesellschaft Waiblingen, die Rems-Murr-Kreis-Immobilien-Management GmbH (RMIM) sowie die Rems-MurrGesundheits GmbH&Co. KG (RMG). Die RMG betreibt auch die Gesundheitszentren in Backnang, Schorndorf und Winnenden. Hauptgesellschafter der Kreisbaugruppe ist der Rems-Murr-Kreis mit Landrat Richard Sigel als Aufsichtsrat.
Geschäftsbericht 2020 Die Bilanzsumme belief sich zum Jahresende auf knapp 294 Millionen Euro. Im Vergleich zum Vorjahr wurde ein Plus von vier Prozent erreicht. Die Investitionssumme betrug in 2020 rund 33 Millionen Euro.
Aufgabengebiet Die Kreisbaugruppe kümmert sich nicht nur um bezahlbaren Wohnraum, sondern betreut auch die Liegenschaften des Kreises, die Kreisschulen und die Flüchtlingsunterkünfte. Auch die Gesundheitszentren des Kreises (etwa in Backnang) sowie die Entwicklung von Bauland und von Parkraum (zum Beispiel an den Rems-Murr-Kliniken) gehören zu ihrem Aufgabenbereich.
Immobilien Die Kreisbaugruppe hatte Ende vergangenen Jahres 853 Mietwohnungen im Bestand. Auch etwa 120 Gewerbeeinheiten gehören zum Bestand. Dazu betreut die Gruppe noch 3129 Immobilien in einer Wohnungseigentümergemeinschaft.