Neubauten: Stuttgart hinkt weit hinterher
Wohnungsbedarf wegen Zuwanderung noch höher als erwartet
Der Wohnungsmarkt in Deutschland ist gerade in großen Städten wie Stuttgart leergefegt. Das liegt auch an den hohen Zuwanderungszahlen, die sehr viel höher sind als ursprünglich berechnet. Auch der Bestand an dringend benötigten Sozialwohnungen schrumpft weiter.
Von Markus Brauer/AFP/dpa
Der Bedarf an neuen Häusern und Wohnungen ist wegen der zuletzt deutlich gestiegenen Zuwanderung nach Deutschland höher als ursprünglich berechnet. Im Zeitraum 2021 bis 2025 wären jährlich 372 000 neue Wohnungen nötig und nicht 308 000 wie zunächst geschätzt, wie das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Köln am Freitag (14. Juni) mitgeteilt hat. In den Jahren 2026 bis 2030 liegt der Bedarf demnach bei 302 000 neuen Wohnungen jährlich.
Bautätigkeit in Stuttgart und Köln am niedrigsten
Im vergangenen Jahr wurden laut Statistik 294 400 Wohnungen fertiggestellt. In diesem Jahr geht die Baubranche von rund 235 000 fertiggestellten Wohnungen aus. Im Verhältnis zum jährlichen Bedarf liege die aktuelle Bautätigkeit (2021 bis 2023) in Deutschland nur bei 79 Prozent, errechnet das IW.
Besonders hoch ist dem IW zufolge die Unterdeckung in den größten sieben Städten des Landes. Dort liegt die Quote aus aktueller und benötigter Bautätigkeit bei 59 Prozent. Am niedrigsten ist die Bautätigkeit laut IW-Studie in Köln und Stuttgart. Im Zeitraum von 2020 bis 2023 seien dort nur 37 Prozent beziehungsweise 43 Prozent der benötigten Wohnungen neu errichtet worden.
Zuwanderung um 1,5 Millionen Menschen unterschätzt
Das Institut der deutschen Wirtschaft hatte die Zuwanderung aufgrund der Corona-Pandemie wesentlich moderater eingeschätzt. Seit Februar 2022 kamen durch den Russland-Ukraine-Krieg jedoch noch 1,3 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine hinzu, wie die Forscher betonen. In Summe wurde die Zuwanderung damit um 1,5 Millionen Menschen unterschätzt.
Das IW fordert kurzfristige Impulse und strukturelle Reformen, um die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Experte Michael Voigtländer nennt etwa vereinfachte Bauvorschriften oder die Ausweisung von mehr Bauland in den Kommunen. Bundesländer sollten über Entlastungen bei der Grunderwerbsteuer nachdenken.
Zahl der Sozialwohnungen sinkt weiter
Trotz dieses eklatanten Mangels an Wohnraum ist die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland im 2023 erneut gesunken. So gab es Ende 2023 bundesweit rund 1,072 Millionen solcher Wohnungen für Menschen mit kleinen Einkommen, rund 15 300 weniger als ein Jahr zuvor.
Neu gefördert wurde im vergangenen Jahr demnach der Bau von 49 430 Sozialwohnungen. Eigentlich hatte sich die Ampel-Regierung vorgenommen, jedes Jahr für 100.000 neue Sozialwohnungen zu sorgen. Doch unter dem Strich geht ihre Zahl seit Jahren zurück, weil viele bisherige Sozialwohnungen aus der Mietpreisbindung herausfallen und danach teurer vermietet werden dürfen.
Die Mieten sind bei Sozialwohnungen staatlich reguliert. Wohnen dürfen dort nur Menschen, bei denen die Behörden einen besonderen Bedarf sehen. Nach einer bestimmten Zeit können die Wohnungen allerdings normal am Markt vermietet werden. Die Dauer dieser Bindung ist in den Ländern unterschiedlich geregelt.