Kanzlerkandidatur

Wollte SPD-Chef Klingbeil Scholz zum Verzicht bewegen?

SPD-Chef Lars Klingbeil soll einem Medienbericht zufolge Olaf Scholz wiederholt nahegelegt haben, auf eine erneute Kanzlerkandidatur zu verzichten. Was ist an der Geschichte aus dem Pistorius-Lager dran? Die SPD dementiert scharf.

SPD-Chef Lars Klingbeil war vor Veröffentlichung der Behauptungen gar nicht gefragt worden.

© dpa/Annette Riedl

SPD-Chef Lars Klingbeil war vor Veröffentlichung der Behauptungen gar nicht gefragt worden.

Von AFP/Michael Maier

SPD-Chef Lars Klingbeil soll einem Medienbericht zufolge Bundeskanzler Olaf Scholz wiederholt nahegelegt haben, auf eine erneute SPD-Kanzlerkandidatur zu verzichten. Dies berichteten am Mittwoch der „Tagesspiegel“ und das Portal t-online gemeinsam unter Berufung auf „übereinstimmende Angaben“ mehrerer Quellen innerhalb der SPD und in deren Umfeld. Diesen zufolge wurde Klingbeil mindestens zwei Mal bei Scholz vorstellig.

Klingbeil habe damit den Bedenken der engeren SPD-Führung sowie wichtiger SPD-Landesverbände Rechnung getragen. Diese hätten nach dem Bruch der Ampel-Koalition im November 2024 angesichts schlechter Umfragewerte von Scholz intern für eine Kandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius als mutmaßlich beliebtestem deutschen Politiker plädierten.

Unsaubere Recherche von „Tagesspiegel“ und „t-online“?

Nach Informationen von „Tagesspiegel“ und t-online aus der SPD-Führung waren damals neben Klingbeil auch dessen Co-Vorsitzende Saskia Esken sowie SPD-Generalsekretär Matthias Miersch zu der Überzeugung gelangt, dass mit Scholz als Kanzlerkandidat die vorgezogene Bundestagswahl kaum zu gewinnen sei. Scholz soll in den Gesprächen mit dem SPD-Vorsitzenden jedoch auf seinem Anspruch beharrt haben.

Klingbeil sei am Dienstag für eine Stellungnahme auf Anfrage zunächst nicht zu erreichen gewesen, hieß es in dem Medienbericht. Inzwischen weist die SPD den Bericht scharf zurück: „Ich dementiere das. Die Darstellung ist falsch“, sagte eine Parteisprecherin dem Portal „Zeit Online“.

SPD-Debatte um Scholz und „Kriegstreiber“ Pistorius

Nach dem Bruch der Ampel-Koalition am 6. November 2024 war in der SPD eine Debatte geführt worden, ob Scholz der richtige Kanzlerkandidat sei. Angesichts schwacher Umfragewerte des Amtsinhabers hatte sich eine Reihe von SPD-Persönlichkeiten für den parteiintern allerdings äußerst unpopulären Pistorius ausgesprochen.

Der scheidende Bundesverteidigungsminister wird in SPD-Kreisen durchaus auch einmal unverblümt als „Kriegstreiber“ tituliert – soll jedoch in vielen Redaktionen über Fans und Günstlinge verfügen. Ein bekannter Journalist war wenige Tage nach einem von manchen als liebedienerisch empfundenen Pistorius-Bericht sogar als Pressesprecher im Verteidigungsministerium engagiert worden.

„Parteischädigendes Verhalten“?

Nachdem sich Pistorius im November wieder einmal in den Vordergrund gespielt hatte, teilte er dann aber schnell mit, er stehe nicht zur Verfügung. Böse Zungen beurteilen sein Verhalten hinter vorgehaltener Hand als „parteischädigend“. Indes war damit der Weg für Scholz endgültig frei: Er wurde wenig später offiziell zum SPD-Kanzlerkandidaten gekürt.

Kanzleramtsminister Schmidt gegen Pistorius?

Der Kanzleramtsminister und Scholz-Vertraute Wolfgang Schmidt (SPD) soll sich in dieser Phase im Kanzleramt höchst verärgert über die SPD-Führung gezeigt haben, berichtete der „Tagesspiegel“ unter Berufung auf Mitarbeitende des Kanzleramts. Im Amt sei damals auch kolportiert worden, Schmidt wolle einen Wahlkampf mit Pistorius an der Spitze der SPD aus dem Amt heraus behindern. Schmidt selbst habe die Darstellung als „hanebüchenen Unsinn“ zurückgewiesen.

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Erstellt:
5. Februar 2025, 13:06 Uhr

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